Politics | Ukraine-Krieg

Die Abdankung der Vereinten Nationen

Am Dienstag, 26.4., wird UN-Generalsekretär Guterres im Kreml vorstellig. Seine Erfolgsaussichten sind minimal. Ist die ganze Konstruktion der Weltorganisation überholt?
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Vereinte Nationen
Foto: Pixabay

Am Dienstag, 26.4., wird UN-Generalsekretär Guterres den obersten Kriegsherren im Kreml seine Aufwartung machen. Keine angenehme Aufgabe, als Bittsteller bei Kriegsverbrechern auftreten zu müssen, die eigentlich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag stehen müssten. Seine Erfolgsaussichten sind minimal wie insgesamt die UNO im russischen Krieg gegen die Ukraine versagt hat. Besser gesagt, ihr oberstes Organ, der UN-Sicherheitsrat. Während dieser in New York tagte, bombardierte Putins Armee Charkiw und Mariupol. Der Vertreter Russlands konnte seelenruhig bestreiten, dass es sich überhaupt um einen Krieg handle. Zu Recht fragte Zelensky die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats: „Was macht ihr überhaupt noch dort?“ Die Antwort blieb aus.

Zu oft hat der UN-Sicherheitsrat sich in diesen 74 Jahren selbst blockiert, hat bei zahlreichen Kriegen und vielen Fällen von Völkermord nichts unternommen und seine zentrale Aufgabe nicht wahrgenommen: die Wahrung von Sicherheit und Frieden. Das Vetorecht der fünf ständigen Mitglieder ist einer der Hauptsystemfehler bei diesem Organ. Der UN-Sicherheitsrat ist zuständig für die Wahrung des Friedens, für die Verhinderung von Angriffskriegen, für den aktiven Schutz bei Völkermordverbrechen – die Konvention gegen den Völkermord ist sogar vor der UN-Charta von 1948 verabschiedet worden -  und zur Aufrechterhaltung der internationalen Rechtsordnung. Die territoriale Souveränität der Mitgliedsländer, das Verbot des Angriffskriegs und des Recht auf Selbstverteidigung gehört zu den absoluten Grundprinzipien der UNO. Wenn das UN-Sicherheitsratsmitglied Russland ungestraft in der Ukraine Städte in Schutt und Asche legen und Zehntausende ermorden kann wie schon in Syrien seit 2015 jahrelang geschehen, und die UN nichts gegen Angriffskrieg unternimmt, liegt das Fazit auf der Hand: die UN hat abgedankt.

Die UNO wird weiterhin als Bühne der globalen Staatenwelt agieren, wird gebraucht als riesige humanitäre Organisation mit vielen Organisationen, die mit viel Geld wichtige Aufgaben erfüllt. Aber ihre oberste Aufgabe, für die Wahrung des Friedens und der internationalen Rechtsordnung zu sorgen, kann sie nicht erfüllen wie der laufende Krieg es von Neuem zeigt. Dabei bildet die UN-Charta, die jedes UN-Mitglied beim Beitritt zu unterzeichnen hat, die gemeinsame Rechts- und Wertegrundlage, zusammen mit Hunderten von Konventionen und Völkerrechtsabkommen. Dennoch scheitert die Einhaltung der Kernverpflichtung der UNO am Veto weniger Staaten im Sicherheitsrat. Sie scheitert an der überholten, unsinnigen und undemokratischen Konstruktion dieser Weltorganisation.

Diese Grenzen der UNO sind nicht neu. Auch zu anderen noch laufenden Kriegen wie in Jemen, in Äthiopien (Tigray), Syrien hat sich die UNO außerstande gezeigt, dem staatlichen Morden ein Ende zu setzen. Aber im Ukraine-Krieg hat diese Selbstblockade eine neue Qualität erhalten. Es geht hier um einen Angriffskrieg eines Mitglieds des Sicherheitsrats gegen einen Nachbarstaat, um diesen als Staat zu vernichten oder zumindest einen großen Teil seines Territoriums zu berauben, wie im 2. Weltkrieg geschehen. Genau das wollte die UNO eigentlich vermeiden und 5 privilegierte Statten haben diesen Auftrag erhalten, die sie heute nicht wahrnehmen. Wenn Frieden zwischen den Staaten, Sicherheit der Menschen und Völker, die Menschenrechte weltweit wirksam gewahrt werden sollen, kann das nicht so bleiben. Eine grundlegende Reform des UN-Sicherheitsrates und der gesamten Weltorganisation ist überfällig.