Speranzas Hoffnung
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Er fühle sich in der Raiffeisenkasse Eisacktal „sehr wohl“, meint der Künstler Carlo Speranza auf Nachfrage von SALTO. Vergangene Woche hat er seine Ausstellung dort eröffnet. In der Vergangenheit fügte Speranza seinen Arbeiten auch schon mal die eine oder andere bissige Kapitalismuskritik bei. Nun wirft er frech das Oscar Wilde zugeschriebe Sprichwort Nach der Arbeit reden Künstler über Geld und Banker über Kunst in den Schalterraum. Auf Kosten seiner Kunst? Nein. Speranza bleibt Speranza.
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In der Kunstgeschichte habe der Kapitalismus „die Kunst immer sehr geschätzt, gefördert und unterstützt“, unterstreicht der Brunecker Künstler, außerdem hätten, „Banken oft tolle und mutige Kunstsammlungen.“ Damit hat er nicht unrecht.
Die Räume der Eisacktaler Bank haben sich mittlerweile zu einem Fixpunkt in der kleinen Südtiroler Kunstwelt etabliert. Zu den zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern, die im Geldinstitut bereits Spuren hinterlassen haben, gesellen sich nun auch Carlo Speranzas Arbeiten. Das titelgebende Love U Long Time entlehnte er dem Film Full Metal Jacket (1987) von Stanley Kubrick. Weshalb? Er sei als Künstler bereits „seit Long Time tätig“, und liebe es „allein und autonom, abseits vom lokalen Kulturbetrieb seine Werke zu schaffen“, meint er spontan. Für diejenigen Menschen, die mit ihm dennoch arbeiten, empfinde er hingegen „das Love U“.Speranzas Arbeiten sind in der Regel Skulpturen, die sich aus Fragmenten zusammenbauen – allesamt mit der Hand gesägt, gehobelt, geschliffen. Sie erzählen Geschichten aus dem Leben, kommen als Träume oder Albträume daher, zeigen Ängste und Zweifel und ziehen humorvoll Richtung Hoffnung weiter. Etwa die Arbeit Freedom of (Tuba) speech. Steht das wuchtige Instrument eigentlich für brummige Töne im Alpenraum, steht es bei Carlo Speranza für nicht funktionierende Meinungsfreiheit. Wie das? „Es ist eine Tuba deren Röhren so verknüpft und geknickt sind, dass man sie eigentlich nicht spielen kann. Und das ist im Grunde, wie bei der Meinungsfreiheit – besonders in den Medien und sowieso in Südtirol. Sowie gesetzlich und moralisch. Zwar wird uns Menschen Freiheit garantiert, doch die Weise, wie wir sie ausüben dürfen, ist so verknüpft und geknickt, dass sie nicht wirklich funktioniert. Tuba und Meinungsfreiheit schauen beide schön und wuchtig aus, funktionieren beide aber nicht wirklich.“
In der von Christian Schwienbacher kuratierten Ausstellung zeigt Carlo Speranza insgesamt sieben Arbeiten, auch eine Friedenspfeife in beängstigender Revolverform. In Zeiten wo Politiker (so geschehen vor wenigen Wochen nicht weit von hier) mit einer Pistole auf der Silvester-Feier auftauchen, hat Speranzas Arbeit besondere Aktualität. Oder ist sie gar ein Friedensangebot? „Mir scheint, dass Friedensoptionen für gerade wütende Konflikte gegenwärtig meist als undenkbare Lösungen im Raum stehen. Politiker verabschieden Gesetze, die eher einen Friedensprozess
verhindern oder sehr schwer erreichbar machen.“ Ihn interessiere „die humanitäre Sicht“, sagt er. Und er wünsche sich, dass sich jene „die Zerstörung, Tod, Zwang und Freiheitseinschränkungen salonfähig machen“, sich seiner „speziellen Friedenspfeife bedienen“. So Speranzas Hoffnung.Dann stehen noch ein Paar Skier aus Elefanten-Stoßzähnen da, auf welche Speranza eine einfache Ski-Bindung montierte. Die Skistöcke dazu sind ebenfalls aus Elfenbein (oder doch nicht?), mit feinen Handgriffen aus Leopardenfell. Skifari nennt er diese Arbeit und natürlich sind Skier und Stöcke nicht aus Elfenbein, sondern aus Fichtenholz. „Es ist das Bild einer Zukunft“, erzählt Speranza „in welcher sich der Skitourismus in Südtirol wandeln muss, da hier Savanne ist.“ Übertreibung? Angst? Kritik? Man weiß es nie genau bei Speranza. Aber was weiß man schon genau?