Economia | Kommentar

Der Fall Costa?

Ein paar unbequeme Fragen an die neue und alte Führung der Sparkasse, die auf der Gesellschafterversammlung weder gestellt noch beantwortet wurden.

Es waren vier Stunden der orchestrierten Selbstbeweihräucherung am Donnerstag im Auditorium Haydn. Zwischendurch hängte man sich gegenseitig Goldmedaillen um.
Präsident Gerhard Brandstätter und sein Stellvertreter Carlo Costa schilderten wortgewaltig und voller Pathos, wie viel und wie hart man in den vergangenen zwei Jahren gearbeitet habe, um die Südtiroler Traditionsbank wieder auf Schiene zu bringen.
40 Verwaltungsratssitzungen, teilweise von 7.30 Uhr bis 19.30 Uhr, die Reisen nach Rom und Mailand wurden aufgezählt und sogar die eigenen Kinder bemüht. Fast hätte man im Zuhörerraum vor lauter Mitgefühl das Taschentuch ziehen müssen.
Es soll gesagt werden: Gerhard Brandstätter & Co haben vieles in der Sparkasse geleistet. Selbst der Verlust von 3,5 Millionen Euro in der Bilanz ist nach den Geschäftsergebnissen der vergangenen zwei Jahre ein Lichtblick. Schade nur, dass man diese Leistung mit allen Mitteln überhöhen muss.
Wirklich peinlich wird es allerdings dann, wenn man die eigene Arbeit unterschwellig als „Ehrenamt“ und als Einsatz für die „res publica“ darzustellen versucht – wie am Donnerstag geschehen. Gerhard Brandstätter vergisst dabei, dass er als Banken- und Sparimpräsident über 260.000 Euro im Jahr und damit mehr verdient als der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Es ist eine Frage des Stils. Doch brennender sind ein paar inhaltliche Überlegungen.

Verschobene Haftungsklage

Die mit Spannung erwartete Entscheidung am Donnerstag war aber jene zur Haftungsklage gegen die früheren Verwalter. Diese Entscheidung wurde vertagt. Gerhard Brandstätter lieferte den 700 anwesenden Aktionären eine auf den ersten Blick einleuchtende Erklärung für die Vertagung.
Die Sparkasse hat im Sommer 2015 den Mailänder Anwälten „Bonelli, Erede & Partner“ den Auftrag für eine „Due Diligence“ zur geplanten Haftungsklage erteilt. Ende August ist aber überraschend der Kopf der Kanzlei, Franco Bonelli, gestorben. Bei der Übernahme des Falles durch seine Partner habe man dann bemerkt, dass die Sozietät auch einen Fall gegen die Sparkasse betreue. Deshalb gebe es einen Interessenskonflikt und eine Unvereinbarkeit.

Gesellschafter-Versammlung der Sparkasse: Eiertanz um Hafttungsklage.

Die Sparkasse musste sich eine neue Kanzlei suchen. Man fand sie. Gerhard Brandstätter wollte aus Gründen der Geheimhaltung am Donnerstag keinen Namen nennen. Ursprünglich sollte die Kanzlei das Gutachten innerhalb März liefern, der Fall sei aber komplizierter als angenommen, deshalb habe man einen Aufschub genehmigt. Am 26. April soll die „Due Diligence“ nun vorliegen. Dann will der Verwaltungsrat der Sparkasse entscheiden. Danach soll es „wenn nötig“ (O-Ton Gerhard Brandstätter) im Mai eine außerordentliche Gesellschafterversammlung geben, auf der über die Haftungsklage abgestimmt werden wird.

Schlechtes Theater

Welch schlechtes Theater den Aktionären allerdings damit geboten wird, zeigt sich, wenn man etwas genauer hinter die Kulissen schaut. Im Oktober 2014 entlassen Gerhard Brandstätter & Co buchstäblich über Nacht den damaligen Generaldirektor Peter Schedl und seinen Stellvertreter Andrea Brillo. Beide klagen gegen ihre Entlassung und erhalten am Ende konsistente Geldbeträge von der Sparkasse.
Peter Schedls Anwalt gegen die Sparkasse ist seit Oktober 2014 die Kanzlei „Bonelli, Erede & Partner“. Die Sparkassenführung weiß das seit Herbst 2014. Trotzdem beauftragt sie dieselbe Kanzlei neun Monate später mit der „Due Diligence“ zur Haftungsklage. Dass es hier eine klare Unvereinbarkeit gibt, ist Anwalt Gerhard Brandstätter nicht aufgefallen?
Aber auch ein anderes Detail macht deutlich, wie man das heiße Eisen „Haftungsklage“ auf die lange Bank schiebt. Die Gesellschafterversammlung der Sparkasse fand bisher immer am letzten Donnerstag im April statt. Heuer hat man sie zum ersten Mal auf Ende März vorverlegt. Es gibt (bisher) keine logische Erklärung für diese Vorverlegung.
Hätte man den traditionellen Termin am 28. April eingehalten, wäre die „Due Diligence“ da gewesen und die Gesellschafterversammlung hätte über die Haftungsklage abstimmen können.
Die Frage sei deshalb erlaubt: Will man die Aktionäre für blöd verkaufen?

Unter sich?

Am Donnerstag wurden auch die Organe der Sparkasse neu bestellt. Die Sparkassenführung wurde dabei im Wesentlichen bestätigt, und es kam zur Wahl zweier neuer Verwaltungsräte und eines neuen Aufsichtsrates. Aufgrund der Anforderungen des Marktes und der Aufsichtsbehörden - mussten dabei - laut Aussagen der Sparkassenspitze - Fachleute aus dem Bankensektor ausgewählt werden. Fachleute, die angeblich äußerst schwer zu finden sind.

Neuer Sparkassen-Verwaltungsrat Christoph Rainer: Euregio Finance und Fiorani.

Einer dieser Fachleute und Neo-Verwaltungsräte verdient eine besondere Betrachtung: Christoph Rainer. Der 44-jährige Wirtschaftsprüfer aus Sexten war von April 2007 bis Juni 2012 Direktor der „Euregio Finance AG“ und von Februar 2009 bis Mai 2012 auch Präsident und Geschäftsführer des Tochterunternehmens „Rosengarten AG“, dem die Fernsehsender „Sdf“ und Video 33 gehören. Seit November 2014 ist Rainer wiederum Geschäftsführer und Verwaltungsrat der Euregio Finance.
Gründer und später jahrelang Verwaltungs- und Aufsichtsräte der beiden Gesellschaften Euregio Finance und Rosengarten waren auch der ehemalige Sparkassenpräsident Norbert Plattner und der amtierende Sparkassenpräsident Gerhard Brandstätter. Im Verwaltungsrat der Sparkasse sitzt derzeit mit Hans Krapf zudem ein weiterer Aktionär und Verwaltungsrat der von Rainer geführten Euregio Finance. Ein Drittel des Bankenverwaltungsrates kommt damit aus demselben Stall.
Die bisherige Geschichte der Euregio Finance ist keine finanzielle Erfolgsgeschichte, So läuft derzeit ein Fusionsprojekt, mit dem die Euregio Finance in eine andere lokale Finanzierungsgesellschaft einverleibt werden soll.
Nur Zufall, dass genau jetzt Christoph Rainer in den Verwaltungsrat der wichtigsten Südtiroler Bank aufrückt?

Erbhof Sparkasse

Dass der angebliche Schritt in die Zukunft aber eher ein Schritt in die Vergangenheit ist, zeigen andere Berührungspunkte. Christoph Rainers Vater Willi Rainer saß zwischen 2004 und 2007 im Verwaltungsrat der Sparkasse. Der ehemalige Sextner Bürgermeister war von der Banca Popolare di Lodi in den Sparkassenverwaltungsrat entsandt worden. Der damals mächtige Lodi-Chef Gianpiero Fiorani war ein langjähriger Gast und Familienfreund der Hoteliersfamilie Rainer.
Damit scheint die Sparkasse noch mehr Erbhof. Immerhin sitzen jetzt zwei Söhne von ehemaligen Sparkassen-Spitzenfunktionären wieder im Verwaltungsrat.
Gianpiero Fiorani holte den jungen Christoph Rainer vor 15 Jahren auch ins Management der Banca Popolare di Lodi. Rainer arbeitet von März 2001 bis Mai 2006 für die lombardische Volksbank. Aber nicht nur das.
Christoph Rainer diente 2004/2005 dem Lodi-Chef auch als Bevollmächtigter für eine Immobilienoperation in Sexten. Rainer war gesetzlicher Vertreter der „Edilchiara Immobiliare“ , die zwar treuhänderisch geführt war, hinter der aber Gianpiero Fiorani stand. Das Unternehmen kaufte das Hotel Irma und ein Landesgrundstück in Sexten.
Besonders interessant: Gerhard Brandstätter wiederholte auf der Gesellschafterversammlung am Donnerstag in dramatischen Tönen, dass er vor einem Jahrzehnt aus dem Kreis von Fiorani persönlich bedroht worden sei.
Und jetzt holt er einen engen Fiorani-Vertrauten in den Verwaltungsrat der Sparkasse?

Wackeliger Vizepräsident?

Bei der Neuwahl des Verwaltungsrates hat man aber vor allem eine brisante Frage ausgeblendet. Am Donnerstag wurde Carlo Costa als Vizepräsident der Sparkasse für weitere drei Jahre bestätigt.
Auf den durchaus verdienten Brandstätter-Stellvertreter und hohen Südtiroler PD-Funktionär dürfe demnächst aber ein ernsthaftes Problem zukommen, das mit seinem Beruf zusammenhängt.


Vizepräsident Carlo Costa: Schon bald ein ernsthaftes Problem?

Carlo Costa ist der technische Generaldirektor der Brennerautobahn AG. Anfang des Jahres wurde in Rom zwischen Transportminister Graziano Delrio und den beiden Landeshauptleuten Arno Kompatscher und Ugo Rossi ein Einvernehmensprotokoll zur Autobahnkonzession unterzeichnet. Die Brennerautobahn erhält die Konzession für weitere 30 Jahre. Bedingung ist aber die Umwandlung des Unternehmens in eine In-House-Gesellschaft mit rein öffentlicher Beteiligung.
Diese Umwandlung soll noch im laufenden Jahr über die Bühne gehen. Die privaten Aktionäre der Brennerautobahn AG verkaufen ihre Anteile und übrig bleibt eine öffentliche In-House-Gesellschaft.
Damit aber stellt sich eine naheliegende Frage. Kann und darf der Manager einer öffentlichen Gesellschaft nebenher Vizepräsident einer Bank sein? Gibt es hier nicht klare Unvereinbarkeiten?
Carlo Costa verdient als technischer Generaldirektor der Brennerautobahn um die 200.000 Euro im Jahr. Als Vizepräsident der Sparkasse und der Sparim AG kommen noch einmal fast 100.000 Euro dazu. Geht das für einen Manager einer öffentlichen Gesellschaft? Kann Carlo Costa mit diesem Gehalt 40 Tage oder mehr im Jahr für die Sparkasse arbeiten?
Diese Fragen hat man auf der Gesellschafterversammlung wohlweislich nicht gestellt. So als würde man darauf hoffen, dass es niemandem auffällt.