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Trauttmansdoof

Die Domänenverwaltung hat für 80.000 Euro ein neues Logo für die Gärten von Trauttmansdorff und das Touriseum entwerfen lassen. Bekommen hat man eine Münchner Kopie.
Trauttmansdorff
Foto: Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff
Albert Wurzer sieht das Ganze recht unspektakulär. „Es war an der Zeit für eine Änderung, und wir haben eine Ausschreibung gemacht mit einem klaren Ergebnis“, sagt der ehemalige SVP-Landtagsabgeordnete und amtierende Direktor der Agentur Landesdomäne. Für Wurzer ist es ein Schritt in die richtige Richtung: „Ich denke, das neue Erscheinungsbild kann sich sehen lassen“.
Völlig anders sehen es zwei indirekt Betroffene. Alfonso Demetz, Kopf des Bozner Designerbüros „Gruppe Gut“, das international vor allem im Ausstellung- und Museumsektor tätig ist, will nur so viel sagen: „Wir sind überrascht und auch verärgert über diese Geschichte“. Deutlicher wird Ludwig Thalheimer vom Bozner Gestaltungsbüros „Lupe KG“: „Es zeigt sich leider wieder einmal, dass in Südtirol der Prophet im eigenen Land nichts wert ist und dass es unseren Entscheidungsträgern sehr häufig an fachlicher Kompetenz fehlt“, resümiert Thalheimer
Schaut man sich die ganze Geschichte an, so kann man diese Reaktionen durchaus nachvollziehen.
 

Die Neugestaltung

 
Ende März 2021 gehen die Gärten von Schoss Trauttmansdorff mit einer Presseaussendung an die Öffentlichkeit, in der ein neues Erscheinungsbild für die Schlossgärten und das Landesmuseum für Tourismus, das "Touriseum", vorgestellt wird.
In der Aussendung heißt es:
 
Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff und das Touriseum präsentieren sich ab der Saison 2021 mit der gemeinsamen Marke „Trauttmansdorff“. Der Markenauftritt beinhaltet eine neue Markenarchitektur, neue Logos und ein neues Corporate Design, welche zur Bewerbung des Ausflugsziels dienen und die bunte Vielfalt von Trauttmansdorff zum Ausdruck bringen.
Mit einem neuen Markenauftritt, den die Münchner Designagentur Zeichen & Wunder entwickelte, wollen Schloss und Museum nun gemeinsam für Aufmerksamkeit sorgen.
Unter der Dachmarke »Trauttmansdorff« stehen die beiden Submarken »Gärten | Giardini Trauttmansdorff« und »Touriseum Trauttmansdorff« gleichberechtigt nebeneinander.
Kombiniert werden die Marken mit einer fröhlichen Illustration in Blau, Grün, Rot und Gelb, die Berge, Schloss und Blumen zeigt. Gleichzeitig ist sie zweisprachig, da in Südtirol deutsch und italienisch gesprochen wird.
Deutsche Texte werden in einer geometrischen Groteskschrift gesetzt, italienische Texte in einer lebendigen Serifenschrift. Zudem zitiert der Schriftzug der Dachmarke mit seiner versetzten Typografie das natürliche Amphitheater in den Gärten.
Bildhintergründe in Broschüren und Kampagnen zeigen die blühenden Gärten des Schlosses, gleichzeitig werden Motive des gefeierten Meraner Grafikers Franz Josef Lenhart in der Bildsprache zitiert.
 
 
Alle Elemente sind Teil eines Baukastensystems, das nicht nur für die beiden Submarken Spielraum lässt, sondern auch für Sonderausstellungen und saisonale Kampagnen.
Ab dem 1. April sind in Trauttmansdorff erste Ausstellungsplakate, Folder sowie Banner auf der Website zu sehen und auch Postings in den Social-Media Kanälen. Beschilderungen und ein Wegeleitsystem werden später umgesetzt.“
 
Was in der Presseaussendung nicht steht, sind die Kosten der Aktion.
Zugeschlagen per Direktauftrag am 6. Juli 2020, erhält die Münchner Werbeagentur für diese Arbeit unter dem Betreff „Werbe- und Marketingdienstleistungen79.420 Euro von der Agentur Landesdomäne, die seit 2017 für die Gärten von Trauttmansdorff und das Touriseum zuständig ist.
Nicht nur Ludwig Thalheimer traut seine Augen nicht, als er diese Aussendung und die Vergütung für das neue Logo sieht.
 

Der Anfang

 
In den 1990er Jahren wird noch unter der Führung von Landeshauptmann Luis Durnwalder und des damaligen Laimburg-Chefs Klaus Platter die Idee eines botanischen Gartens in Meran und eines Fremdenverkehrsmuseums auf Schloss Trauttmansdorff geboren. Die Umsetzung des Prestigeobjektes dauert rund ein Jahrzehnt. Im Jahr 2000 werden die Gärten und das Touriseum eröffnet, und sie entwickeln sich dann in zwei Jahrzehnten zum absoluten Publikumsmagneten.
1999 erarbeitet das Gestaltungsbüro Lupe KG im Auftrag des damals zuständigen Landesamtes für Hochbau das Logo und das gesamte Erscheinungsbild für die Gärten von Schloss Trauttmansdorff. Schon damals schlägt Ludwig Thalheimer ein gemeinsames Logo mit dem Touriseum vor. Doch das wird politisch nicht akzeptiert. Das Erscheinungsbild für das Museum entwickelt damit die Bozner „Gruppe Gut“. Es ist ein zeitloses und äußerst prägnantes Logo, das selbst nach zwei Jahrzehnten noch modern wirkt.
 
 
 
 
Ludwig Thalheimer geht für das Garten-Logo ganz bewusst einen besonderen Weg. Er stützt sich nicht auf eine Computergrafik, sondern lässt ein Aquarell zeichnen, das den Garten und das Schloss stilisiert. Das besondere Logo erhält später einige Preise im In- und Ausland.
Für dieses Logo verrechnet die „Lupe KG“ dem Land damals 4,5 Millionen Lire. Das wären heute 2.200 Euro. Das gesamte Erscheinungsbild (Plakate, Logo, Folder) kostet das Land um die Jahrtausendwende rund 11.500 Euro. Auch die Gruppe „Gut“ verlangt für das Erscheinungsbild des Touriseums keine 5.000 Euro.
Zwei Jahrzehnte lang funktionieren die beiden Logos und Erscheinungsbilder perfekt. Ihre grafische Anwendung wird im Laufe der Zeit mehrmals leicht modifiziert.
 

Die Nachfrage

 
Mitte März 2019 kontaktiert Heike Platter, damals noch Marketingleiterin der Gärten von Schloss Trauttmansdorff, Ludwig Thalheimer und ersucht um die Übermittlung der digitalen Datei des Logos, da sie angeblich nicht mehr verfügbar sei. Auf genauere Rückfrage gibt Platter an, dass man das Logo „geringfügig“ verändern möchte, um es „moderner“ zu gestalten. Thalheimer riecht den Braten und erklärt, dass dies nicht ohne sein Einverständnis möglich sei, da die Firma Lupe als Urheberin des Logos die Urheberrechte besitzt und die Gärten nur Nutzungsrechte am Logo besäßen. Weil Heike Platter das aber so nicht wahrhaben will, kommt es zu einem Disput über das Urheberecht des Logos „Wir haben nirgends mehr die Verträge von 1999 gefunden“, sagt Albert Wurzer heute zur Salto.bz.
 
 
 
Am 17. April 2019 wird Ludwig Thalheimer im Büro der Gärten von Schloss Trauttmansdorff zu einer Aussprache eingeladen. Offiziell soll besprochen werden, was es kosten würde, wenn die Lupe KG eine Adaptierung des Logos vornimmt, und ob es eine Möglichkeit gäbe, die Rechte abzugelten, falls die Veränderung des Logos durch eine andere Agentur erfolgt. Unangekündigt nimmt auf der Seite der Gartenverwaltung auch ein Anwalt an dem Treffen teil. Thalheimer beharrt auf seinen Urheberrechten, erklärt sich aber bereit, sie gegen eine kleine finanzielle Entschädigung abzugeben. Am Ende muss die Gartenverwaltung einsehen, dass Thalheimers Position rechtlich korrekt und vertraglich abgesichert ist.
 

Die Ausschreibung

 
Im Mai 2019 meldet sich dann Albert Wurzer telefonisch bei Ludwig Thalheimer. Der ehemalige Ressortdirektor im Landwirtschaftsassessorat und zwischenzeitliche SVP-Landtagsabgeordnete tritt bei den Landtagswahlen 2018 nicht mehr an und kehrt in den Landesdienst zurück. Im Frühjahr 2019 wird Wurzer Direktor der Agentur Landesdomäne, die auch für Trauttmansdorff zuständig ist. Auch Marketingfrau Heike Platter wechselt inzwischen in die neue Landesagentur.
 
 
Am 27. August 2019 findet dann im Büro der Lupe KG die Besprechung mit Albert Wurzer statt. Ludwig Thalheimer erklärt dabei auch, wie eine Vorgehensweise zur geplanten Aktualisierung des Logos ablaufen könnte. Es bräuchte einen genauen Anforderungskatalog, in dem definiert ist, was das aktualisierte Logo erfüllen muss. Herr Thalheimer nennt auch schon konkrete, aus seiner Sicht sinnvolle Maßnahmen: Veränderung der Gewichtung von Bildelement und Textelement, Reduzierung der ursprünglichen langen und sperrigen Bezeichnung „Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff“ auf den reinen Namen „Trauttmansdorff“ etc.
Wurzer bestätigt, sich um einen Anforderungskatalog zu kümmern und sich bezüglich eines Vertragsentwurfs zu erkundigen, damit Thalheimer die nötigen Voraussetzungen hat, um ein konkretes Angebot erstellen zu können. Am selben Tag noch schickt Direktor Wurzer per E-Mail eine Gesprächsnotiz zur stattgefundenen Besprechung.
Danach hat sich bis heute weder Albert Wurzer noch sonst wer von den Gärten, von der Landesdomäne oder von der Autonomen Provinz Bozen je wieder gemeldet“, sagt Ludwig Thalheimer.
 

Die Zweitverwertung

 
Wir haben eine reguläre Ausschreibung gemacht“, sagt Albert Wurzer zu Salto.bz. Laut dem Direktor der Agentur Landesdomäne habe man eine erste Ausschreibung durchgeführt, bei der zwei deutsche, zwei italienische und zwei Südtiroler Designerbüros eingeladen wurden. Diese Ausschreibung hätte man dann aber – bereits nach Abgabe der Angebote – wegen eines Fehlers annullieren müssen. Danach hätte man aus den Angeboten drei Unternehmen (ein deutsches und ein italienisches sowie eine Südtiroler Firma) ausgewählt und in einer zweiten Ausschreibung sei von einer Expertenjury die Münchner Agentur „Zeichen & Wunder GmbH“ als Sieger hervorgegangen.
Warum man im Vergabeportal des Landes auch heute noch von einer Direktvergabe des Auftrages lesen kann und zur Ausschreibung weder die „Lupe KG“ noch die „Gruppe Gut“ eingeladen wurden, dazu gibt es bis heute aber keine schlüssigen Antworten.
 
 
 
Die neue Agentur „Zeichen & Wunder GmbH“ ist ein Big Player auf dem deutschen Markt. Die Münchner Designeragentur arbeitet für SAP, BMW, Süddeutsche Zeitung oder Media Markt.
Was man aber anscheinend nicht gemerkt hat, ist die Tatsache, dass man für viel Geld eine Kopie gekauft hat.
Denn die Münchner Agentur hat in Wirklichkeit für Trauttmansdorff nur eine Art Zweitverwertung eines Logos und eines Erscheinungsbildes geliefert, das die „Zeichen & Wunder GmbH“ bereits für die Stadt München entwickelt und entworfen hatte. Die Ähnlichkeiten zwischen „simply München", dem Erscheinungsbild für die Marke "München Tourismus" und dem Meraner Logo sind frappierend.
Ludwig Thalheimers Resümee fällt deshalb auch vernichtend aus: „Man hat zwei anerkannte gute, einzigartige und zeitlose Logos durch ein banales, kurzlebiges und beliebig austauschbares Logo ersetzt“.