Ambiente | Obervinschgau

Tauziehen um einen Traum

Noch im Juli soll die Landesregierung über die Skiverbindung Langtaufers-Kaunertal entscheiden. Die Initiatoren sind zuversichtlich, doch die Kritik ebbt nicht ab.
Langtauferer Berge
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Sie wollen es durchziehen. Trotz eines negativen Gutachtens des Landesumweltbeirates, eines negativen Vorgutachtens der Raumordnung, Kritik von Umweltschützern und Teilen der Politik und Bedenken in der Bevölkerung – die Teilhaber der Oberländer Gletscherbahn AG geben den Traum einer Skiverbindung im Obervinschgau nicht auf. “Dieses Projekt ist absolut sinnvoll”, sagt der Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn AG, Paul Jakomet, überzeugt.

 

Vision und Widerstand

 

Seit etwa 30 Jahren träumt man von einer skitechnischen Verbindung zwischen dem Langtauferer Tal und dem Kaunertaler Gletscher auf Nordtiroler Seite. Vor knapp eineinhalb Jahren ist neuer Wind in die Sache gekommen. Im Februar 2016 gründeten 200 Aktionäre aus dem Obervinschgau, der Reschenregion und Nauders die Oberländer Gletscherbahn AG. Ende Mai 2016 genehmigte der Grauner Gemeinderat das Vorhaben für eine Seilbahnverbindung von der Talsohle in Langtaufers auf das 3.100 Meter hoch gelegene Karlesjoch am Kaunertaler Gletscher. Im Projekt auch vorgesehen: eine Abfahrt vom Weißseejoch nach Langtaufers. 26,38 Millionen Euro soll der Zusammenschluss kosten, den Großteil davon sollen die Kaunertaler Gletscherbahnen mit Investor Hans Rubatscher tragen.

 

Bereits im Frühjahr 2017 hätte mit den Bauarbeiten an Talstation der Kabinenbahn im Langtauferer Weiler Melag begonnen werden sollen. “Die schneearmen Winter treiben uns in die Höhe”, rechtfertigte Josef Thöni, Grauner SVP-Gemeinderefernt und Hotelier, das Vorhaben, das von Umweltschützern, Heimatpflegern, Grünen und nicht zuletzt sogar vom Tourismusfachmann Thomas Aichner mehr als kritisch betrachtet wird. Die Verbindung ins Kaunertal solle “sofort begraben” werden, meinte Aichner Ende April im Rahmen der Veranstaltungsreihe “quer.denken – Impulse für den Wandel”.

Da lag das negative Gutachten des Umweltbeirates des Landes bereits vor. Schwere landschaftliche Eingriffe bis an die Bergspitze, Probleme mit dem Wasservorrat, geschützte Tierarten im hinteren Langtauferer Tal –  diese Bedenken waren ausschlaggebend gewesen. “Wir können alle negativ bewerteten Punkte entkräften und werden dies auch mit aller Gewissenhaftigkeit tun”, verkündet der Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn Jakomet nun. Bis zum 8. Juli haben er und seine Mitstreiter dafür Zeit. Sowohl die Umweltbedenken als auch erwartete negative Auswirkungen auf die anderen Skigebiete im Obervinschgau will Jakomet ausräumen.

 

Ein Traum und seine Folgen

 

Denn inzwischen liegt auch ein negatives Vorgutachten vom Amt für Landesplanung vor. Darin wird befürchtet, dass die grenzüberschreitende Skischaukel den umliegenden Skigebieten Kunden wegnehmen könnte. Das sieht auch Thomas Aichner so: “Die Verbindung stellt ein Risiko für das einzig wirklich funktionierende Skigebiet im Obervinschgau dar – Schöneben.” Bei der Oberländer Gletscherbahn ist man anderer Meinung: “Es kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer gegenseitigen Befruchtung der Skigebiete und somit zu einem Wachstum aller Skigebiete kommen wird.” Sprich, die gesamte Region würde von einer Verbindung Langtaufers-Kaunertal und einer Saison-Verlängerung von Oktober bis Mai, die sich durch den Gletscheranschluss anböte, profitieren. Mehr noch: Das Vorhaben käme aus wirtschaftlicher Sicht der gesamten Gemeinde Graun und dem von Abwanderung betroffenen Lantgauferer Tal zugute, ist Jakomet überzeugt.

 

Dazu brauche es kein “aus dem Boden gestampftes, komplett neues Skigebiet mit all seinen Folgewirkungen”, kontert AVS-Präsident Georg Simeoni. Er hat zuletzt Mitte Mai erneut die Zweifel an dem Projekt aufgezeigt. Auch für Thomas Aichner ist die Skiverbindung nicht alternativlos, um Langtaufers den gewünschten Aufschwung zu bringen. Ebenso wie Natur- und Umweltschützer und Grüne plädiert der Tourismusexperte für sanfte Alternativen für das Tal: “Langlaufen, Wandern, Skitouren, Schneeschuhwandern.”

Es ist ein Tauziehen zwischen jenen, die den großen Traum von der Skischaukel Langtaufers-Kaunertal zu Ende träumen wollen und jenen, die ihn lieber heute als morgen platzen sehen würden. Paul Jakomet rechnet damit, dass die Landesregierung noch im Juli eine Entscheidung treffen wird. Die nächste Woche wird er damit verbringen, die Stellungnahme der Oberländer Gletscherbahn zu den negativen Gutachten samt weiterer Unterlagen vorzulegen – und im persönlichen Gespräch mit der Landesregierung die “noch offenen Fragen zu klären”.