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Foto: SALTO/HM
Cultura | Kommentar

Alles im Tunnelblick!?

In Bozen wurde heute großspurig ein breitspuriger Tunnel eröffnet, der leider keiner ist. Was ist er dann, der "Tunnel Walther"?
  • Wann ist ein Bauwerk ein Tunnel? Eine neue Antwort auf die eigentlich einfache Frage liefert der Bozner Waltherpark einen Stock unter dem neu geschaffenen Südtiroler Platz, der ja eigentlich ein Fake-Platz ist, dem die Waltherpark-Planer mit dem Zusatz Südtirol etwas Würde geben wollten. Und nun noch ein Fake? Ja! Unterhalb des aus dem Boden Bozens gestampften neuen Platzes befindet sich der Tunnel Walther.
     

    Ein "anderes" Licht am Ende des Tunnels gibt es in der Tat nicht.

  • Fuori dal tunnel?: Kein Tunnel! Lediglich ein Zufahrtsstollen zu zwei Parkgaragen. Foto: SALTO/HM

    Ein Tunnel ist – das dürfte allgemein bekannt sein – eine künstliche Durchfahrt, welche Berge, Gewässer oder andere Hindernisse durch- oder unterquert. Nicht so in Bozen. Hier wird der Name für eine Ein- und Ausfahrt bemüht: als Zubringerröhre zu zwei Parkgaragen und einer privaten Ablege für den Waltherpark. Wuchtig, wuchtig – aber wie wichtig wirklich?
    Das eigentliche Versprechen, mit dem neuen „Tunnel“ das Verkehrsproblem Bozens effizienter zu lösen, dürften die Macherinnen und Macher des Waltherparks kaum einhalten. Das Nadelöhr bei der benachbarten Mayr-Nusser-Parkgarage Centro BZ Mitte ist berüchtigt für dichten bis stehenden Verkehr – und wurde nun dank einfallsloser Stadtväter im Verbund mit skrupellosen Immobilienscharlatanen nicht nur vollkommen falsch umgesetzt, sondern wird nun auch noch irreführend beworben.
    Der Tunnel Walther, ist lediglich eine Öffnung, den man eigentlich Stollen nennen müsste – wie also höhlenartige Gänge und Räume im Bergbau –, oder auch etwas ungewohnt aber wissenschaftlich korrekt: Sackstollen. Sackstollen? Ein Sackstollen ist nichts anderes als eine Sackgasse, nur eben unterirdisch. Es hätte doch durchaus etwas Exklusives, wenn man sich zum Parken beim Sackstollen Walther trifft, oder?

  • Ausgang der Geschichte?: Nein, lediglich die Einfahrt zum Waltherpark! Foto: SALTO/HM

    Für die kostspielige Zufahrt zu den neuen und alten Waltherparkplätzen wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Erst vor zwei Tagen machte die Süddeutsche Zeitung unter dem Titel Als Benko den Ötzi auf den Berg schaffen wollte auf den (auch Südtiroler) Immobilienskandal aufmerksam und schrieb zu Bozen, dass es vor allem dort „kriminell zugegangen sein“ soll. 
    Tatsache ist: die gecoverte Kaufhausidee aus Innsbruck bringt nun zwar viel neue Parkfläche, aber zum Leidwesen der Waltherpark-Macher*innen auch zahlreiche weitere Baustellen, die selbst mit noch so gutem Marketing nicht zu lösen sind. Das größenwahnsinnige Projekt hätte Bozen nämlich modernisieren sollen. Herausgekommen ist das Gegenteil: ein Bauwerk, das der kleinen Kesselstadt zu groß geraten ist. Dazu ein „Tunnel“, der keiner ist – ein Sackstollen, der den Boznerinnen und Boznern entlang des Eisack sa(c)krisch viel Cash in die Kassen der Stadt, der Betreiber des Waltherparks und natürlich der Parkautomaten spülen soll! Ein "anderes" Licht am Ende des Tunnels gibt es in der Tat nicht.
    Von heute an hat die Landeshauptstadt jedenfalls einen neuen (wenn auch nur scheinbaren) Tunnelblick – das Wort steht metaphorisch für eine eingeschränkte Wahrnehmung. Insofern passt Tunnel dann doch wieder gut zu Bozen und Südtirol. 

  • Einfahrt mit Ampelsystem: Im inneren des Stollens wartet ein Kreisverkehr Foto: SALTO/HM