Politica | Richtung Regierung

Von Partnern und Plänen

Der Countdown für die Regierungsbildung läuft. Massimo Bessone gibt sich zuversichtlich und spricht über politische Pläne fürs neue Jahr. Darunter ein neues EU-Wahlrecht.
Lega-SVP
Foto: Salto.bz

Der Countdown hat begonnen. Bis Ende der Woche soll das Regierungsprogramm von SVP und Lega unter Dach und Fach sein. Nach der Feiertags-Pause werden sich ab Donnerstag die Spitzen-Verhandler der beiden Parteien wieder zusammensetzen. Voraussichtlich am Montag (7. Jänner) wird die SVP ihren Parteiausschuss, die Bürgermeister und Ortsobleute über das Papier abstimmen lassen. Zuvor wird noch am Samstag Roberto Calderoli in Bozen erwartet. Der Vizepräsident des Senats überwacht für die Parteiführung der Lega die Verhandlungen in Bozen – und muss zugleich den Unmut, den er mit seinen Aussagen über die angedachte Parlamentsreform samt Reduzierung der Anzahl der Senatoren in Südtirol gesät hat, aus der Welt räumen.

Nur einige wenige Punkte seien noch offen, heißt es vor dem Verhandlungsfinale von beiden Seiten. Ansonsten sei man sich einig. “Ich glaube, dass die neue Landesregierung gleich nach dem Dreikönigsfest stehen wird”, zeigt sich der Südtiroler Lega-Chef und Landtagsabgeordnete Massimo Bessone zuversichtlich. Neben dem Feinschliff am Regierungsabkommen wollen SVP und Lega diese Woche auch über die Kompetenzenverteilung innerhalb der Landesregierung und die personelle Besetzung der Assessorate sprechen. Zwei davon stehen der Lega zu, samt Vizelandeshauptmann. Und auch die Vizepräsidentschaft des Landtages geht an die Lega. Es könnte es sein, dass Bessone selbst diesen Posten übernehmen bzw. beibehalten wird. Dann wäre der Weg für Rita Mattei und Giuliano Vettorato in die Landesregierung geebnet – und alle drei Lega-Abgeordneten (Carlo Vettori begnügt sich mit der Funktion als Fraktionssprecher) mit einem Posten versorgt. “Demokratisch richtig wäre es gewesen, die Opposition den italienischen Landtagsvizepräsidenten stellen zu lassen”, kritisiert ein Oppositioneller. 

Doch dass die Lega mit vier Abgeordneten ausreichend Personal stellt, um alle drei Posten besetzen zu können, war für die SVP mit ein Grund gewesen, sich für den Carroccio als Regierungspartner zu entscheiden. PD und Grüne hätten jeweils nur einen Italiener für die Landesregierung stellen können. Und die SVP hätte “einen Landtagsvizepräsidenten aus einer noch anderen italienischen Partei ernennen müssen”, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher im Tageszeitung-Interview am Mittwoch. “Wir hätten mit einer sehr knappen Mehrheit, mit inhaltlichen Schwierigkeiten und mit einer anderen Koalition auf regionaler Ebene arbeiten müssen. Das allein schon hätte es noch schwieriger gemacht, als jetzt mit der Lega zu versuchen, Vereinbarungen zu treffen, die inhaltlich auch stabil sind”, rechtfertigt Kompatscher auch im neuen Jahr die auch parteiintern nicht unumstrittene Partnerwahl.

Massimo Bessone nimmt indes in einem selten ausführlichen Interview mit dem Online-Portal Il Nordest Quotidiano zum aktuellen politischen Tagesgeschehen Stellung. “Unerwartet gut” seien die Verhandlungen bislang gelaufen, “auch weil die Lega nicht der PD ist und die SVP als erste an einer starken Regierung interessiert ist, die die wahren Probleme der Leute lösen will”, meint Bessone. Dazu zählt er, wenig überraschend, Fragen der Einwanderung und Integration. Dort habe die Lega dem Regierungsabkommen ihren Stempel aufgedrückt, eine “Zäsur mit der Vergangenheit der bisherigen Regierungsmehrheit SVP-PD” herbeigeführt, ist Bessone überzeugt. Es werde keine “willkürliche Öffnung, wie sie noch bis vor Kurzem stattfand” mehr geben.

Davon abgesehen wolle die Lega Lösungen aus einem “interethnischen Blickwinkel” anbieten. “Denn Themen wie die Qualität der öffentlichen Dienste – angefangen bei der Sanität – oder die Sicherheit gehen über das Italiener-, Deutscher- oder Ladiner-Sein hinaus.”

Im Interview distanziert sich Bessone von den Plänen seiner Trentiner Parteikollegen. Landeshauptmann Maurizio Fugatti und Regionalratspräsident Robeto Paccher haben bereits mehrmals öffentlich verkündet, die Region stärken zu wollen. Ein Dorn im Auge der Volkspartei. Die SVP will die Provinz aufwerten. “Als Südtiroler Lega teilen wir dieses Ziel weitgehend”, meint Bessone.

Seine Zustimmung findet auch eine andere Vision. Der Präsident des Regionalrates von Friaul-Julisch Venetien Piero Zanin (Forza Italia) hat unlängst vorgeschlagen, den EU-Wahlkreis Nordostitalien aufzuteilen. 14 Sitze für das EU-Parlament werden in diesem Wahlkreis, der die vier Regionen Veneto, Trentino-Südtirol, Friaul-Julisch Venetien, und Emilia Romagna umfasst. Zanins Vorschlag: zwei Wahlkreise zu schaffen – einen für Veneto und Emilia Romagna und einen für Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien –, um den Minderheiten eine stärkere Vertretung in Brüssel zu gewähren. Er habe darüber bereits mit Paccher gesprochen, berichtet Bessone. Der Regionalrat werde so rasch als möglich einen Gesetzentwurf ausarbeiten, mit dem die Regierung in Rom das Wahlgesetz für die Europawahlen abändern soll, um bereits im Mai in kleineren Wahlkreisen wählen zu können. Ein eher unwahrscheinliches Szenario. Aber für Bessone steht fest: die Schaffung eines kleinere EU-Wahlkreises “würde für Südtirol einen sicher gewählten Vertreter der deutschsprachigen Minderheit bedeuten, ohne sich einen Partner auf nationaler Ebene suchen zu müssen. Damit würde es die SVP vermeiden, einen technischen Verbündeten suchen zu müssen und mit den Stimmen der Italiener auf regionaler Ebene könnte auch ein weiterer Abgeordneter gewählt werden”.

Bekanntlich wird die SVP im Mai mit Silvio Berlusconis Forza Italia zu den EU-Wahlen antreten und den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei Manfred Weber unterstützen. Die europaskeptische Lega wurde als Verbündeter für die EU-Wahlen kategorisch ausgeschlossen. Doch es könnte sein, dass die Lega zum Fenster wieder hereinkommt. In einem Interview mit dem Corriere Della Sera am Silvestertag schloss Lega-Chef Matteo Salvini ein Bündnis mit den Parteien der Europäischen Volkspartei bei den EU-Wahlen nicht aus. “Für mich ist der große Feind die sogenannte Linke, die in den letzten Jahren ausschließlich, die Eliten, die Machtgruppen, Banken und Finanz verteidigt haben.”