Frasnellis Sieg
Der Fahrplan ist eng gesteckt und lässt kaum Spielraum.
Der wichtigste Schritt erfolgt am Dienstag Vormittag. Auf Antrag von Energielandesrat Richard Theiner wird die Landesregierung auch im Fall St. Anton die Wiederherstellung der Legalität beschließen. Konkret: Das höchste politische Organ erkennt im Beschluss an, dass die Konzession für das Kraftwerk an der Talfer unrechtmäßig an die „SEL AG“ vergeben wurde. Gleichzeitig wird die Konzession dem eigentlichen Sieger der Eisackwerk GmbH zugesprochen.
Es ist ein später Sieg für Hellmuth Frasnelli und seine Partner.
Nach Informationen von salto.bz haben die „SEL AG“ und die „Eisackwerk GmbH“ bereits vergangene Woche den Vertrag unterzeichnet, mit dem das Kraftwerk St. Anton von der SEL-Tochter „SE Hydropower GmbH“ an die privaten Unternehmer übergeht.
Der Vertrag sieht vor, dass das zuständige Landesamt innerhalb 3. März das Konzessionsdekret für die „Eisackwerk GmbH“ ausstellt.
Die „Eisackwerk GmbH“ wird die Maschinen und Anlagen für das Kraftwerk von der „SE Hydropower“ nicht übernehmen, sondern anmieten. Dafür wurde vertraglich ein jährlicher Mietzins von 1,1 Millionen Euro für die ersten drei Jahre festgelegt. Danach reduziert sich die Miete auf 500.000 Euro jährlich.
Die „Eisackwerk GmbH“ hatte ursprünglich einen Schadenersatz in Millionenhöhe gefordert. Immerhin bekommen die privaten Unternehmer das Kraftwerk St. Anton fünf Jahre später als es ihnen eigentlich zustehen würde. In dieser Zeit hat die „SE Hydropower“ viel Geld mit St. Anton verdient.
Diesen Knackpunkt hat man im Vertrag sehr pragmatisch gelöst. Die Eisackwerk bekommen die Konzession für St. Anton für 30 Jahre. Die Konzessionsdauer beginnt aber erst mit 21. April 2015.
Dass der Termin 21. April gewählt wurde, liegt an einer einfachen Tatsache: 40 Prozent der „SE Hydropower“ und damit auch des Kraftwerks St. Anton gehören noch der Enel. Deshalb muss das Land zuerst diesen Anteil zurückkaufen. Was im März über die Bühne gehen soll.
Im Gegenzug verpflichten sich die „Eisackwerk GmbH“ und drei weitere Energie-Unternehmen aus der Frasnelli-Gruppe alle eingebrachten Rekurse und Anzeigen zurückzunehmen.
Sechs Jahre hat es gedauert, bis die privaten Unternehmen zur Konzession für das Kraftwerk St. Anton kommen, die ihnen eigentlich schon seit langem zusteht.
Am 30. Dezember 2009 vergibt die Landesregierung elf Konzessionen für Südtiroler Großkraftwerke. Zu jeder Konzession liegt ein Abschlussbericht des zuständigen Amtes für Stromversorgung vor. Darin werden die Gutachten der verschiedenen Landesämter zusammengefasst und am Ende der Landesregierung ein Sieger der Ausschreibung vorgeschlagen.
In zehn Fällen hält sich die Landesregierung an die Vorgabe der Ämter: So gehen neun Konzessionen an die „SEL Ag“ und eine an die Etschwerke. Nur beim Kraftwerk St. Anton stellt man alles auf den Kopf. Die Ämter hatten die private „Eisackwerk GmbH“ als Sieger ermittelt. Doch Michl Laimer legt auf der Sitzung ein Argumentarium vor, das nachweisen soll, dass die Bewertung der Ämter falsch sei. Das beste Projekt stamme von der SEL.
Die Landesregierung vergibt an diesem Tag die Konzession – entgegen den Gutachten der Fachleute – an die Landesenergiegesellschaft. Es ist der Stein, der den sogenannten „SEL-Skandal“ ins Rollen bringt. Vier Jahre später wird per Gerichtsurteil festgestellt, das dieser Konzessionszuschlag das Ergebniss einer Reihe von ungesetzlichen Handlungen ist. Gesetzt vom damaligen Energielandesrat Michl Laimer und vom damaligen SEL-Direktor Maximilian Rainer.
Im Urteil wird klar darauf hingewiesen, dass der eigentliche Wettbewerbssieger die „Eisackwerk GmbH“ ist.
Trotz des eindeutigen Urteils haben SEL und Landesregierung lange nichts getan. Erst als mit der geplanten Fusion zwischen SEL und Etschwerken auf der einen Seite und dem Rückkauf der 40-Prozent-Beteiligung der ENEL an den Südtiroler Großkraftwerken auf der anderen Seite, eine Art Neuordnung des lokalen Energiesektors in Angriff genommen wird, hat man ernsthaft auch eine Einigung mit der „Eisackwerk GmbH“ gesucht.
Dass das Ganze jetzt so schnell geht, liegt an der brisanten Situation. Am obersten Wassergerichtshof in Rom behängen mehrere Rekurse von Hellmuth Frasnelli & Co. Die Verfahren sind längst in der Entscheidungsphase. Diese Woche, am 4. Februar, sollte bereits die erste entscheidende Schlussverhandlung stattfinden.
Der private Rekurssteller und ein mögliches Urteil könnten sowohl die Fusion der beiden Energiebetriebe, wie auch den Rückkauf der Enel-Anteile oder die geplante Sanierung der getürkten Kraftwerkskonzessionen durch das Land, wie eine Seifenblase platzen lassen. Vor diesem Hintergrund wird der enge zeitliche Fahrplan verständlich, den man vereinbart hat.
Vereinbart ist, dass die Landesregierung am Dienstag den Grundsatzbeschluss zu St. Anton fällt, und die Rekurssteller die Verhandlung in Rom am Mittwoch vertagen.
Die Verhandlungen liefen in einem recht entspannten Klima ab. Involviert waren neben der SEL-Spitze auch Landesrat Richard Theiner und dessen Ressortdirektor Florian Zerzer. In den vergangenen Wochen hat man um einige Details im Vertrag gefeilscht.
Eine Bedingung, die ursprünglich vom Land vorgeschlagen wurde, hat dabei zu arger Verwunderung geführt.
Hellmuth Frasnelli & Co sollten sich vertraglich verpflichten, auch keine Schadenersatzklage gegen Michl Laimer und Maximilian Rainer einzubringen. Diese Bedingung war dann doch etwas zu viel.
Sie scheint im endgültigen Vertrag nicht mehr auf.