"Ein positiver Mensch"
Herr Saurer, wie haben Sie Remo Feretti in Erinnerung?
Remo Ferretti war sicher der italienische Landesrat, der die Italiener mit der Autonomie versöhnt hat. Und er hat ihnen auch klar gemacht, dass auch die deutsche Sprache wichtig ist in einem Land wie Südtirol. Er war ein Mann der Prinzipien, der seinen Überzeugungen treu geblieben ist. Er war ein klarer Vertreter der eigenen Sprachgruppe, der aber auch in der Lage war, über den Tellerrand hinaus und auf Europa zu blicken. Er war ein Politiker mit Handschlagqualität, der zu seinem Wort stand.
Sie haben einander fast 40 Jahre gekannt…
Wir sind uns bereits in den 70iger Jahren das erste Mal begegnet. Damals haben wir in Rom gemeinsam an den Durchführungsbestimmungen für die Schule in Südtirol gearbeitet - Ferretti als Berater von Berloffa und ich als Berater von Benedikter. Bereits damals hab ich ihn schätzen gelernt. Es war eine ganz und gar nicht einfache Materie, mit der wir uns zu beschäftigen hatten und dennoch haben wir Kompromisse gefunden, die lange gehalten haben.
Wie bewerten Sie rückblickend seine Verwicklung in den Tangentopli-Skandal?
Die Situation damals ist aus der Sicht der damaligen Parteienlandschaft zu bewerten. Offensichtlich hatte sich diese Form der Parteienfinanzierung über Jahrzehnte durchgesetzt. Deshalb ist es schwierig, sich heute ein Urteil darüber zu erlauben. Für Remo Ferretti waren die Ermittlungen und seine Verurteilung auch menschlich eine Tragödie, von der er sich nur langsam erholt hat. Aber er ist zurückgekehrt und ist in vielen Vereinen und Organisationen, aber auch politisch aktiv geblieben. Er war ein positiver Mensch, für ihn waren Probleme da, um gelöst zu werden. Ein bisschen glich er diesbezüglich auch Luis Durnwalder.
Sind Sie in den vergangenen Jahren mit einander in Kontakt geblieben?
Wir haben uns natürlich bei den verschiedensten Anlässen immer wieder getroffen und uns ausgetauscht von Politpensionist zu Politpensionist. Wir haben immer ein gutes und freundschaftliches Verhältnis beibehalten.