„Eine bürokratische Hinterwelt“
Salto.bz: Herr Messner, im Juni hat die IDM bekanntgegebenen, dass Sie für Ihre Bergsteigerdoku „Der Heilige Berg“ 110.000 Euro an Filmförderung bekommen. Sie ärgern sich über diese Nachricht. Warum?
Reinhold Messner: Weil das so nicht stimmt. Ich habe vor zwei, drei Jahren – damals bei der BLS – ein Ansuchen gestellt für einen Dolomiten-Film, den ich gerne gemacht hätte. Es ist eine Familiensaga, die über 150 Jahre Geschichte erzählt, die ausschließlich in Südtirol spielt und wo man auch sieht, wie großartig sich dieses Gebiet hier entwickelt hat. Ich habe ein langes und meines Erachtens auch sehr starkes Traetment geschrieben. Nachdem man mir aber bei der BLS diese Filmförderung verweigert hat – ich weiß heute noch nicht warum – habe ich Kontakt mit deutschen Produzenten aufgenommen und begonnen mit diesen zu arbeiten. Einer dieser Produzenten hat jetzt bei der IDM um Förderung angesucht und die 110.000 Euro bekommen. Ich selbst habe aber kein Geld bekommen und ich werde auch ganz sicher nie mehr ansuchen.
Es ist also nicht Ihr Film?
Es ist nicht mein ursprüngliches Projekt. Es stimmt das Treatment stammt auch bei diesem Film von mir. Aber es ist viel kürzer und offen gesagt, auch schlechter. Der Film spielt nicht in Südtirol, sondern in Nepal. Nur einen Augenblick ist der Film hier angesiedelt. Dieser Produktion hat man jetzt Geld gegeben. Mir nicht. Für eine viel bessere Arbeit. Deshalb frage ich mich, wo wir hier eigentlich sind?
Wie hat die BLS damals die Ablehnung der Filmförderung begründet?
Überhaupt nicht. Mehr oder weniger aber war die Unterstellung da: „Du glaubst also, du kannst das auch noch“. Dazu hätte ich ein fertig geschriebenes Drehbuch haben müssen. Wie aber soll ich einen Autorenfilm im Gebirge mit einem ausgeschriebenen Drehbuch haben? Bei solchen Filmen zählt das Wetter und da kann man nicht warten bis das Wetter so ist, wie es im Drehbuch steht. Hier muss man improvisieren und nicht stur nach Drehplan und Drehbuch vorgehen.
„Mehr oder weniger aber war die Unterstellung da: Du glaubst also, du kannst das auch noch“.
Sie machen solche Filme bereits?
Ja, ich habe gerade für Servus-TV in Afrika einen Zweiteiler gedreht. Bei diesem Film habe ich die Geschichte geschrieben und Regie geführt. Aber hier in diesem Land gilt immer noch ein absurdes Gesetz: Die Südtiroler können es nicht, deshalb müssen wir Ausländer holen. So aber wird nie etwas herauskommen, das für Südtirol wirklich einen Vorteil bringt.
Ist die Südtiroler Filmförderung falsch aufgestellt?
Ja. Schauen Sie, man hat dem Everest-Film, einem Blockbuster aus den USA, eine knappe Million Euro gegeben. Nur Südtirol hat man im Film nirgends gesehen. Man hat zwar im Schnalstal auf der Skipiste gedreht, aber Südtirol sieht man im Film nie. Das Ganze spielt ja im Nepal. Ich aber wollte einen Film drehen, der mitten in unserer großartigen Berglandschaft spielt. Eine bessere PR gibt es doch nicht.
„Hier in diesem Land gilt immer noch ein absurdes Gesetz: Die Südtiroler können es nicht, deshalb müssen wir Ausländer holen.“
Was ist aus diesem Projekt geworden?
Dieser Film liegt inzwischen auch bei einer großen deutschen Produktionsfirma, die ihn unbedingt machen will. Wenn sie es hinkriegen, wird auch diese Produktionsfirma bei der IDM um Geld ansuchen. Und sie werden sehen, da wird sich die Geschichte wiederholen.
Ist es politisch zu brisant, Reinhold Messner zu fördern?
Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe meine Projekte mit den Museen selber durchgezogen, das ist mir gelungen. Ich habe keine Probleme mit der Politik. Ich denke, es ist die bürokratische Hinterwelt, die das verhindern will. Aus welchen Gründen auch immer. Was mich aber ärgert, wenn man dann im Land herumerzählt, der Messner wird großartig gefördert. Ich habe weder für meine Museen einen Euro bekommen, noch für meine Filmideen.
Sie sagen: Man soll Südtiroler fördern und nicht ausländische Produzenten?
Ich sage, man soll vordergründig Projekt fördern, die aus Südtirol kommen und wirklich hier gemacht werden. Es ist klar, dass sich jeder Filmemacher einen Produzenten suchen muss. Aber von vorneherein zu sagen, wenn einer alles selbst macht, dann ist das nichts, ist doch absurd. Die Damen und Herren haben einfach andere Vorstellungen. Zum Beispiel im Schnalstal Everestfilme zu machen, die dann durchaus erfolgreich sein mögen. Der Sinn der Filmförderung kann das aber wohl nicht sein.
Was wäre für Sie richtig?
Dass wir Südtiroler Filmschaffende unterstützen und Südtiroler Themen aufgreifen, die dann automatisch im Kino oder im Fernsehen eine PR für Südtirol sind. Mein Fall zeigt ganz klar auf, dass mit der Filmförderung etwas nicht stimmt. Wenn die Idee von Außen kommt, wird sie gefördert. Wenn die gleiche Idee von mir kommt, ist sie hingegen Scheiße.
"Mein Fall zeigt ganz klar auf, dass mit der Filmförderung etwas nicht stimmt."
Es werden auffallend viele Filme gefördert werden, die am Schnalstaler Gletscher spielen oder umgekehrt auffallend viele geförderte Projekte drehen im Schnalstal. Das Skigebiet gehört unteranderem einem Südtiroler Verlag, dessen Hauptaktionär auch in der IDM Einiges zu sagen hat. Ein Zufall?
Ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist. Aber ich gönne es dem Schnalstal. Für „Das finstere Tal“ hätte es zum Beispiel keinen besseren Drehort gegeben. Wenn man mir aber unterstellt, ich würde Geld bekommen, dann sollte man auch hier einmal genauer hinschauen.
Hat Reinhold Messner es nötig, bei der IDM um Geld für einen Film zu betteln?
Wer den Sektor kennt, der weiß, dass man keinen Dolomitenfilm freiwirtschaftliche produzieren kann, ohne am Ende eine oder zwei Millionen Verlust einzufahren. Die Amerikaner sind die Einzigen, die so etwas noch freiwirtschaftlich machen. Aber auch dort gehen neun von zehn Filmen kommerziell in die Hose. Nur der eine erfolgreiche Film, trägt anderen. In Europa ist Usus sich bei Filmen auch auf öffentliche Förderungen zu stützen. Ich werde aber ganz sicher nicht mehr um eine Förderung anfragen. Diese Erfahrung hat mir gereicht.
Beleidigte Gamswurst
Beleidigte Gamswurst
In risposta a Beleidigte Gamswurst di Andreas gugger
nein, um das geht es gar
nein, um das geht es gar nicht- es geht um das Bedürfnis, dass die Südtiroler Verwaltung sinnvolle Projekte fördert, in einer Weise, die einladet und nicht abschreckt. Hier sollen die Erfahrungen von Reinhold Messner ernst genommen werden und Verbesserungen angedacht werden. Das betrifft ja nicht nur Reinhold Messner, sondern auch andere Filmschaffende. Und es geht auch um Steuergelder von uns allen, und es ist in unser allem Interesse, dass was Gescheites gemacht wird.
Eine Stellungnahme der
Eine Stellungnahme der zuständigen Ämter wäre wünschenswert und interessant.