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Das Geschenk an die Rechte

Arno Kompatscher plädiert für ein Bündnis der SVP mit den italienischen autonomiefreundlichen Kräften im Senats-Wahlkreis Bozen. Die Mehrheit will aber den Alleingang.
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Foto: Othmar Seehauser
Die Sitzung wurde von beiden Lagern gut vorbereit.
Am Montagnachmittag traf sich der SVP-Parteiausschuss, um die Weichen für die anstehenden Parlamentswahlen zu stellen. Dabei sollten die wichtigsten Grundsatzfragen geklärt werden.
Schon vorab war klar, dass zwei Welten aufeinandertreffen werden. Auf der einen Seite jene Gruppe um Arno Kompatscher, Karl Zeller und Julia Unterberger, die für die Weiterführung eines politischen Bündnisses bzw. eine gemeinsame Kandidatur der autonomiefreundlichen Kräfte im Senatswahlkreis Bozen eintreten. Und auf der anderen Seite jene SVP, die ideologisch und politisch nach Mitte-Rechts schielt. Angeführt von Meinhard Durnwalder und Herbert Dorfmann, der bereits vor Jahren auf dem Forza-Italia-Zug nach Brüssel aufgestiegen ist. Dieser Teil der Volkspartei plädiert vehement für einen Alleingang.
Obwohl diese Grundsatzentscheidung formal noch vertagt wurde und der Parteiausschuss am Montag dem SVP-Obmann Philipp Achammer und Landeshauptmann Arno Kompatscher das Mandat erteilt hat, die Lage im Senatswahlkreis Bozen zu sondieren, dürften die Weichen in Richtung Alleingang bereits gestellt sein.
Wir haben alle Abstimmungen im Parteiausschuss deutlich verloren“, sagt einer aus dem Kompatscher-Lager.
 

Die Wahlordnung

 
Die Sitzung des Parteiausschusses findet am Montagnachmittag per Videokonferenz statt. Diese Entscheidung im Vorfeld dürfte kein Zufall sein. Das SVP-Gremium hat sich erst vor zehn Tagen im Kolpinghaus physisch getroffen, um über den Bettenstopp zu entscheiden.
Für die Rückkehr zur Onlinekonferenz angesichts einer solchen wichtigen politischen Weichenstellung gibt es eigentlich kein schlagendes Argument. Außer die Tatsache, dass in dieser Form eine echte Diskussion weit schwieriger und kaum umsetzbar ist.
 
 
Vor dem Parteiausschuss tagte am Montag die Parteileitung, in der die Marschroute noch einmal abgestimmt wurde. Meinhard Durnwalder hat als Sprecher der SVP-Bezirksobleute die SVP interne Wahlordnung für die anstehenden Parlamentswahlen entworfen.
Gestern im Parteiausschuss gab es zu zwei Punkten dann eine kontroverse Diskussion.
In der Wahlordnung wird festgelegt, dass die Ortsgruppen alle Parlamentskandidaten mit ihren Stimmrechten in einer Art Vorwahl ermitteln. Arno Kompatscher plädierte im Parteiausschuss dafür, dass man für den neuralgischen Senatswahlkreis Bozen die endgültige Kandidatenentscheidung dem Parteiausschuss überlässt. In der Abstimmung wurde dieser Änderungsvorschlag aber mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Auch in Sachen Berechnung der Frauenquote ging man in einer Abstimmung im Parteiausschuss unter. Kompatscher & Co wollten die Frauenquote auf die Einmann-Wahlkreise beschränken und den Wahlkreis Bozen davon ausnehmen. Die Mehrheit im Ausschuss sieht das anders.
Verabschiedet wurde am Montag auch der Fahrplan. Bis Ende dieser Woche (6. August) können die SVP-Gremien Kandidatinnen und Kandidaten für die Vorwahl namhaft machen. Am 16. August werden dann die Ortsgruppen mit ihren Stimmrechten die Kandidaten ermitteln. Sowohl für die Einmann-Wahlkreise als auch für die landesweiten Wahlkreise nach dem Verhältniswahlrecht.
 

Der Alleingang

 
Die schärfste Diskussion im Parteiausschuss betrifft den Senatswahlkreis Bozen. Klar dabei ist: Tritt die SVP hier allein an, baut man einem Mitte-Rechts-Kandidaten eine Autobahn von Bozen nach Rom.
Es war vor allem Arno Kompatscher, der im Parteiausschuss eine flammende Rede für eine gemeinsame Kandidaten mit den autonomiefreundlichen italienischen Kräften hielt. Der Landeshauptmann, aber auch Ex-Parlamentarier Karl Zeller erklärten nochmals den Sinn des Wahlgesetzes. Die Wahlkreise in Südtirol sind so gestaltet, dass es zwei deutsche (SVP)-Senatoren schaffen sollen und ein italienischer Senator. „Wir können jetzt nicht hergehen und sagen, wir wollen alle Sitze für die SVP erobern“, erklärte Kompatscher, „damit schaden wir Südtirol und uns selbst“. Durch ein Bündnis sollte die Wahl eines italienischen autonomiefreundlichen Senators oder einer Senatorin im Wahlkreis Bozen möglich und der Durchmarsch von Mitte-Rechts verhindert werden.
Doch davon wollte die Mehrheit im Parteiausschuss nichts hören. Es waren vor allem EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann und Meinhard Durnwalder, die offen davon sprachen, dass die Rechte die Wahlen gewinnen werde und „man sich deshalb diesen Weg nicht verbauen dürfe“. Sicher ist: Dieser Teil der konservativen und wirtschaftsliberalen SVP fühlt sich mit Mitte-Rechts wohler als mit den Sozialdemokraten.
 
 
 
Für diese Linie und eine eigenständige SVP-Kandidatur im Senatswahlkreis Bozen sprach sich auch der amtierende Bozner SVP-Bezirksobmann und Senator Dieter Steger aus. Durchaus überraschend ergriff auch der Bozner Vizebürgermeister Luis Walcher auf der Sitzung gleich zweimal das Wort, um sich für den Alleingang auszusprechen. Das sei der Wunsch der Basis.
Obwohl keine Abstimmung über diesen Punkt stattfand und dem Duo Achammer/Kompatscher noch eine Art Verhandlungsmandat für die Bozner Wahlkreise gegeben wurde, dürften die Würfel damit gefallen sein. Die SVP wird am 25. September überall mit eigenen Kandidaten und Kandidatinnen antreten.
Urzì oder einer seiner Mitstreiter kann sich freuen“, ärgert sich jetzt ein Mitglied des Parteiausschusses, „sie haben den Sieg im Senatswahlkreis Bozen damit in der Tasche“.
 

Die unbequeme Julia

 
Obwohl formal die Ortsgruppen noch abstimmen müssen, dürfte der Großteil der Kandidaturen vorab schon feststehen. Meinhard Durnwalder ist im Senatswahlkreis Ost unbestritten. Im Senatswahlkreis West sollte eigentlich Julia Unterberger als Fixstarterin gelten. Die „linke“ Julia ist den erzkonservativen Kreisen um Durnwalder/Dorfmann aber schon seit langem ein Dorn im Auge. Deshalb hat man bereits im Vorfeld ein Störmanöver geplant. Zu diesem Wahlkreis gehört auch das Sarntal und über diese Hintertür sollte Dieter Steger einsteigen und Unterberger verdrängen. Die Dolomiten hat dafür das Terrain in den vergangen Tagen publizistisch vorbereitet, indem man die Erfüllung der Frauenquote in Richtung Wahlkreis Bozen verschob und zudem den Lananer Bürgermeister Harald Stauder aus der Mottenkiste zauberte.
 
 
 
Doch der SVP-Bezirk Burggrafenamt konterte umgehend. Am Samstag bestimmte man in Meran einstimmig Julia Unterberger zur Senatskandidatin in diesem Wahlkreis. Auch vor diesem Hintergrund erklärte Dieter Steger am Montag auf der Sitzung des Parteiausschusses, dass er nicht im Senat gegen Unterberger antreten werde, sondern in die Abgeordnetenkammer wechseln wolle.
Damit wird das personelle Puzzle unterm Edelweiß immer klarer. Neben Durnwalder und Unterberger wird man im Senatswahlkreis Bozen eine Kandidaten oder Kandidatin im wahrsten Sinne des Wortes verheizen. Hier wird sich jemand aus der SVP vor allem für die in einem Jahr anstehenden Landtagswahlen in Position bringen wollen.
 

Das Stechen

 
In der Kammer gibt es nur mehr zwei Einmannwahlkreise: Nord und Süd. Dabei wurden die Wahlkreise Vinschgau und Eisacktal/Wipptal und Pustertal zusammengelegt. Im Wahlkreis Nord gilt Renate Gebhard als Fixtstartin. Um die Kandidatur im Wahlkreis Süd, zu dem neben Bozen und dem Unterland auch Meran gehört, wird es bei der Nominierung zur Entscheidung zwischen Manfred Schullian und Dieter Steger kommen. Größere Chancen dürfte hier Schullian haben. Er kann auf die uneingeschränkte Unterstützung des Bauernbundes zählen.
 
 
 
Damit verbleibt noch der landesweite Verhältniswahlkreis in der Kammer. Dort holt die SVP mit Sicherheit einen der drei Sitze, die in der Region Trentino-Südtirol vergeben werden. Albrecht Plangger hat bereits SVP-intern erklärt, dass er weder gegen Renate Gebhard noch gegen Manfred Schullian in den Kammerwahlkreisen antreten werde.
So dürfte es im Verhältniswahlkreis zu einem Stechen zwischen Albrecht Plangger und Dieter Steger kommen. Plangger wird hier neben dem Vinschgau die Stimmen der Ortsgruppen des Burggrafenamtes hinter sich haben. Dieter Steger hingegen wird neben seinem eigenen Bezirk im Osten im Reich von Meinhard Durnwalder auf Unterstützung zählen können. Steger ist hier eindeutig der Favorit.
Das Zauberwort „Blockfreiheit“ ist in Wirklichkeit ein großzügiges Geschenk an die italienische Rechte. Bewusst gewollt und umgesetzt von jener Gruppe, die in der SVP jetzt das Sagen hat.
Die konservative, nach rechts schielende Volkspartei hat sich am Montag durchgesetzt.
Bereits im Vorfeld hat SVP-Obmann Philipp Achammer im Alleingang den historischen Pakt mit dem Trentiner PATT und den autonomiefreundlichen Trentiner Kräften aufgekündigt und erklärt, PATT und SVP werden auch im Trentino ohne Bündnispartner zu den Parlamentswahlen antreten. Das heißt, dass die Rechte auch im Trentino alle Sitze holen wird.
Verkauft wird die Entscheidung unter dem wohlklingenden Namen "Blockfreiheit". Das Zauberwort ist in Wirklichkeit aber ein großzügiges Geschenk an die italienische Rechte. Bewusst gewollt und umgesetzt von jener Gruppe, die in der SVP jetzt das Sagen hat.