Cultura | Salto Return

#021017

In Salto Return geht es nicht um überzogenen Nationalstolz und minderwertiges Volksgetue. Es geht um eine autonome Kutschenfahrt ins schöne Gubbio und wieder zurück.
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Foto: Foto: Salto.bz

Transparente
Attenzione Fußball stand auf meinem timetable beim Datum Sonntag 01.10.2017. Das kam nicht oft vor. AS Gubbio gegen FC Südtirol war angesagt - ein Spiel, das ich aus vielerlei Hinsicht nicht verpassen durfte. So bestieg ich bereits am vergangenen Dienstag die schnellste Kutsche in meiner Garage und machte mich auf ins schöne Umbrien.

Nachdem mich Navigationsgerät und Pferde rechtzeitig und ohne Umwege in die Wolf-Stadt Gubbio brachten, konnte ich pünktlich zu Spielbeginn auf der Tribüne Platz nehmen. Plötzlich vernahm ich eine Gruppe grölender Fans und bemerkte hinter mir ein paar "zugeknöpfte" Franziskaner-Pater in Jeanshosen, mit Südtiroler Akzent. Sie hatten – passend zu Gubbio – zwei topaktuelle Transparente ausgerollt, deren Aufschriften Con i lupi non si parla und Nicht mit uns, nicht kommentiert werden müssen.
Das war natürlich ein Affront, ausgerechnet in Gubbio. Zu Recht verlor der FC Südtirol und traurig zogen die mitgereisten Fans inkl. der bösen Pater ab. Auch ich machte mich auf, schwang mich auf die Kutsche und ließ nach wenigen Minuten die schöne Stadt und das Rudel semiprofessioneller Fußballexperten hinter mir.
Ich fuhr also dahin, ein von mir angebrachter rot-gelber Stofffetzen wehte im Fahrtwind und schlug nicht im Takt.
Allerdings schien mich irgendetwas zu verfolgen. Ich kam nicht dahinter und schaute weiter nach vorne.

Fahnen
„Sie sind für die Unabhängigkeit Kataloniens?“ fragte mich eine Anhalterin, welche ab San Marino dankend zugestiegen war, und mit dem Zeigefinger auf die in ihren Augen rot-gelbe Fahne zeigte. „Ich mag weder große, kleine, alte noch neue Nationalisten und Nationalistinnen. Und ihre Fahnen übrigens auch nicht! Ich mag aber die beiden Farben Gelb und Rot, da sie in der Mischform ein feines Clockwork-Orange ergeben. Mein Tuch aber, ist keine Fahne! Es ist einfach ein gelb-rotes Hangarle?“

„Cosa significa Hangarle? È un piccolo Hangar, vicino a un aeroporto?“ lachte die Anhalterin spöttisch. Ich entgegnete freundlich: „Nein! Hangarle ist ein einfaches Küchentuch, zum Abtrocknen von Tellern, Besteck, Töpfen oder Gläsern. Ich hab es stets bei mir, denn es erinnert mich an Freiheit und Heimat: Das Hangarle ist meine Fahne!“ Die Anhalterin staunte.
In Bologna, wo sie aussteigen wollte, half ich der Dame aus der Kutsche und nahm nicht nur ihre Hand sondern auch ihre abschließenden Fragen entgegen. „Ma allora la tua bandiera è sempre un Hangarle giallorosso? Giallorosso per sempre?” Ich zuckte nachdenklich mit den Schultern und hatte nicht wirklich ein Antwort parat. Sie kramte indessen in ihrer großen Tasche und holte ihr Tuch hervor, ihre persönliche bandiera, ein Badehandtuch. Im Anschluß tauschten wir sportlich unsere beiden Tücher und verabschiedeten uns.
Mit dem erfreulichen Tuch&Tausch-Geschäft in Gedanken, befestigte ich das Badetuch dort wo zuvor das Hangarle gehangen hatte und fuhr los.
Erst nach einigen Minuten bemerkte ich, dass sich ein größeres und freundlich gesinntes Wolfsrudel meiner Kutsche angeschlossen hatte. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es mir bereits ab Gubbio gefolgt. Ich kann es kaum erwarten, wieder in Südtirol einzureisen.