Politica | Wahlen/Elezioni 23

„Kandidaten erster und zweiter Klasse“

Sandro Repetto sah sich im Vorfeld zu den Wahlen mit einer Ungleichbehandlung konfrontiert. Offenbar gebe es Kandidaten erster und zweiter Klasse, so der PD-Politiker.
Sandro Repetto
Foto: SALTO
  • Mit einer Landtagsanfrage hat Sandro Repetto, Landtagsabgeordner des PD, Aufklärung gefordert. Der Politiker schildert im Vorwort zu seiner Anfrage einen seiner Ansicht nach bedenklichen Vorfall. So habe er rund eine Woche vor den Landtagswahlen, genauer gesagt am Freitag, den 13. Oktober um 7.30 Uhr im Krankenhaus Bozen Wahlkampfzettel verteilt. Nach einer guten halben Stunde sei er vom Sicherheitspersonal aufgefordert worden, seine Tätigkeit sofort einzustellen, da keine Genehmigung vorläge. Auf Nachfrage habe man ihm mitgeteilt, dass keine politischen Aktivitäten vor dem Krankenhaus erlaubt seien. Später habe er jedoch erfahren, dass der ehemalige Gesundheitslandesrat Thomas Widmann eine Pressekonferenz mit einigen Kandidaten seiner Bewegung in unmittelbarer Nähe der Claudiana abgehalten hätte. Das Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe in Südtirol befinde sich dabei nur 150 Meter vom Eingang des neuen Krankenhauses entfernt. Während ein ehemaliger Landesrat und „Serie-A-Spitzenkandidat“ einer politischer Bewegung offenbar ungestört vor einer Gesundheitseinrichtung Wahlwerbung betreiben dürfe, habe man ihm, den Vertreter einer „Serie-B-Oppositionspartei“, dies untersagt, so Repetto. Auch gebe es nach Meinung des PD-Politikers ein weiteres Problem, und zwar die in den Institutionen üblichen Haltung, derzufolge jeder, der Oppositionspolitik betreibt, als inkorrekt bzw. sogar als „schmutzig“ angesehen würde. Repetto, der darin eine Ungleichbehandlung sieht, will vom zuständigen Landesrat, in diesem Fall Arno Kompatscher wissen, ob es eine Regelung gibt, wonach es Kandidaten politischer Parteien untersagt ist, vor dem Krankenhaus oder vor der Claudiana Wahlkampf zu betreiben. Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher in seinem Antwortschreiben mitteilt, seien die Vorschriften über die Wahlpropaganda im Rundschreiben des Regierungskommissars Nr. 36583 vom 19. September 2023 enthalten. Weiters wird auf weitere Gesetzesvorgaben verwiesen, wonach man sich auf „eine Verhaltenslinie einigen kann, die Kundgebungen und Demonstrationen in der Nähe von Schulen, Internaten, Kasernen oder anderen Heimen, Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie von Märkten oder Straßen oder Plätzen mit besonderer Bedeutung für den Straßenverkehr vermeidet“. 

    Dementsprechend sei bei einem Treffen am 19. September 2023 zwischen dem Büro des Regierungskommissars und den politischen Parteien und Bewegungen in der Provinz vereinbart worden, dass „in der Nähe von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Straßenkreuzungen, Orten mit starkem Verkehr, Kasernen, Internate keine Propagandakundgebungen unter freiem Himmel abgehalten werden; wenn die genannten Kundgebungen in der Nähe von öffentlichen Märkten stattfinden, dürfen sie den Ablauf nicht behindern und werden auf jeden Fall unter Einhaltung der von den Gemeindebehörden festgelegten Verfahren abgehalten“. In Bezug auf das Verteilen von Flugblättern wurde beschlossen „unbeschadet des in Art. 4 des Gesetzes Nr. 130 vom 24. April 1975 festgelegten Verbots des Werfens von Flugblättern auf öffentlichen oder der Öffentlichkeit zugänglichen Plätzen muss das Verteilen von Flugblättern in der Nähe von Schulen, Kirchen und Kasernen erfolgen, ohne die Ein- und Ausgänge der Gebäude selbst zu behindern. Um die bestmögliche Durchführung der Wahlpropaganda zu gewährleisten, ist das Verteilen von Flugblättern durch Anbringen an den Scheibenwischern von Autos als Ausnahme von der geltenden Gemeindeordnung zulässig. Das Verteilen von Flugblättern an Teilnehmer von Kundgebungen anderer Parteien bleibt verboten“.

    Kompatscher verweist nach der Bitte Repettos um schriftliche Unterlagen zum einen auf besagtes Schreiben des Regierungskommissars sowie auf eine Sitzung, die am 19. September stattgefunden hat und zu der alle politischen Parteien und Bewegungen eingeladen wurden. Auf die Frage, ob EX-Gesundheitslandesrat Widmann eine Erlaubnis hatte, eine Pressekonferenz abzuhalten, bzw. falls nicht, weshalb er nicht aufgefordert wurde, das Gelände zu verlassen, wird im Antwortschreiben wiederum auf das Rundschreiben des Regierungskommissars verwiesen. 

    Besteht das wesentliche Problem darin, dass weder die Begriffe „Nähe“ im Sinne einer genauen Abstandsregelung zu den genannten Einrichtungen definiert wurde noch was als „Behinderung der Aus- und Eingänge“ ausgelegt wird? Und es demzufolge im Ermessen der jeweiligen Verantwortlichen zu liegen, wann eine Kundgebung als störend empfunden wird und wann nicht? Oder gibt es tatsächlich „Kandidaten erster und zweiter Klasse“? Die Vermutung, dass Thomas Widmann irgendwelche Sonderbehandlungen erfahren hat – vor dem Hintergrund seines Rausschmisses aus der Landesregierung und der Abspaltung von der SVP – scheint die Auslegung, Widmann gehöre zur Serie A, jedoch etwas weit hergeholt. 

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Gianguido Piani Gio, 11/02/2023 - 10:34

Vom Artikel geht eines nicht vor. Hatten Repetto bzw Widmann die vorgesehene Genehmigung der Gemeinde, oder nicht?

Eine elegante Möglichkeit für die Wahlinformation wären organisierte Treffen aller Parteien. An bestimmten Tagen allen Parteien am selben Ort einen Platz anbieten, wo die Kandidaten persönlich angesprochen werden können, Unterlagen verteilt werden usw. Sechzehn kleine Stände würden zum Beispiel vor dem Landtagsgebäude ohne Probleme Platz finden. So könnte die interessierte und selbstbewusste Bürgerin allen die gleiche Frage stellen und von Kompatscher, Köllensperger, Knoll, Foppa und den anderen eine direkte Antwort bekommen. Viel effektiver und mit einem geringeren Aufwand verbunden, als mit getrennten Veranstaltungen. Was die Parteien sonst und getrennt organisieren würden, bliebe ohnehin ihre Sache.

Gio, 11/02/2023 - 10:34 Collegamento permanente
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△rtim post Sab, 11/04/2023 - 08:41

Widmann macht zwar richtigerweise eine Unterscheidung nach Art der Versammlung (PD-Wahlpropaganda — Liste W. hingegen Pressekonferenz). Insofern wäre demnach dann die Zusammenkunft der dort drei PD-Leute zum Zweck der Wahlwerbung zu sanktionieren. "Repetto [bestätigt] eigenen Angaben zufolge mit weiteren Parteikollegen am 13. Oktober um 7.30 Uhr im Krankenhaus Bozen Wahlkampfzettel verteilt." (s.o) zu haben. Der Sicherheitsdienst vor Ort musste einschreiten.
Nur weil der PD bei seiner Wahlpropaganda dann daran behindert wurde, schützt das nicht vor den Folgen (Gesetz Nr. 515/1993). Eigentlich.
Insofern könnte sich die Anfrage und Beschwerde des PD hier an den LH als Boomerang erweisen.
Andererseits, wenn es die sog. Pressekonferenz des Team W mit beigestellten Partei-Logo u.a (s. Foto oben) gegeben hat, wird man wohl kaum um hinkommen, (vgl. Rundschreiben) diese als Wahlkundgebung einzustufen. Ob diese aufgrund des Abstands mit 150 m (lit. Widmann) außerhalb der "Umgebung" gefunden hat, gilt es wohl zu klären.
Schauen wir mal, zu welchem Ergebnis das Regierungskommissariat, die Aufsichtsbehörde ... kommen.

Sab, 11/04/2023 - 08:41 Collegamento permanente