Agrarbudget: Sorge um Bergbauernhöfe
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Franz Locher ist kein Politiker, der gerne polemisiert. Die Kürzung der Gelder für die Agrarpolitik auf EU-Ebene ist für den Landwirtschaftsvertreter der SVP aus dem Sarntal aber Grund genug, um eine äußerst kritische Pressemitteilung Richtung Brüssel zu verschicken. Denn trotz eines EU-Haushalts von erstmals rund 2 Billionen Euro für den Zeitraum von 2028 bis 2034 – über 700 Millionen Euro mehr als bisher – werden für die Landwirtschaftspolitik weniger Geldmittel zur Verfügung stehen.
„Der Anteil der ‚Gemeinsamen Agrarpolitik‘ im EU-Haushalt sinkt damit weiter – auf nur mehr etwa 20 Prozent.“
Der Landtag hat letzte Woche deshalb den Beschlussantrag von Locher genehmigt, um die Landesregierung mit der Ausarbeitung von Maßnahmen für schwer zu bewirtschaftende Berg- und Waldgebiete zu beauftragen. Mitunterzeichnet wurde der Antrag von den SVP-Mitgliedern Waltraud Deeg, Arnold Schuler, Harald Stauder und Josef Noggler. Auch ein Begehrensantrag soll Anfang 2026 an das römische Parlament gesendet werden. „Berggebiete haben immer eine marginale Rolle gespielt, umso mehr müssen unsere Bemühungen dahingehend sein, der Landwirtschaft in Südtirol die bisherigen Voraussetzungen zu bieten“, erklärt Locher.
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Ein kleiner Sieg: 40 Milliarden mehr
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann (SVP) hat im SALTO-Interview auf diese Entwicklung bereits im Sommer hingewiesen. „Was vorher über eigene Fonds bereitgestellt wurde, fließt laut Vorschlag der EU-Kommission nun in einen einzigen Fonds für Landwirtschaft, Regional- und Fischereipolitik“, erklärt Dorfmann. Laut Euronews soll dieser neue Mega-Fonds 865 Milliarden Euro betragen.
Gemeinsam mit anderen Landwirtschaftsvertretern habe Dorfmann nun zumindest erreicht, dass die für Landwirtschaft vorgesehenen Mittel von ursprünglich 300 auf 340 Milliarden Euro erhöht werden sollen. Im aktuellen EU-Haushalt beträgt diese Summe für Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) noch rund 387 Milliarden Euro und ist damit um etwa 47 Milliarden Euro höher. Darüber hinaus könne dann jedes EU-Mitgliedsland selbst entscheiden, wie viel zusätzliche Mittel aus dem neuen europäischen Einheitsfonds für diese drei Politikbereiche aufgewandt werden. „Der Anteil der GAP im EU-Haushalt sinkt damit weiter – auf nur mehr etwa 20 Prozent. In den 2010er Jahren lag er noch bei 35 bis 38 Prozent, in den 1970er Jahren sogar noch bei über 70 Prozent“, kritisiert Locher.
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Dorfmann gibt seinem Parteikollegen teilweise recht. Denn die EU-Länder werden mit dem neuen Verteilungsschlüssel gezwungen sein, die Landwirtschaftsförderung stärker mit Kohäsions- und Regionalpolitik zu verzahnen und ihre Agrarpläne mit Infrastruktur-, Umwelt und Sozialprogrammen abzustimmen. „Wenn weniger Geld zur Verfügung steht, hat das Kürzungen zur Folge“, so Dorfmann. Das könnte auch die für Südtirol wichtigen EU-Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) und Soziales (ESF) betreffen.
Der SVP-Landtagsabgeordnete Locher sieht angesichts dieser Entwicklung vor allem eine mögliche Benachteiligung kleinstrukturierter Gebiete: „Es wird zu einer Senkung der Direktzahlungen und einer Verschärfung der Umweltauflagen kommen. Zudem könnte sich die Zuteilung der finanziellen Mittel auf Produkte und Betriebsstrukturen konzentrieren, die nicht den lokalen Gegebenheiten entsprechen.“ Er befürchtet verminderte Planungssicherheit durch eine flexiblere Mittelvergabe und weniger fest zugesagte Förderungen.
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Neue Ausrichtung der EU-Politik
„Das größte Problem wird nun sein, die Zustimmung der EU-Mitgliedsländer für die Erhöhung des EU-Haushalts zu erhalten. Denn diese werden nicht bereit sein, noch mehr Beiträge an die EU abzugeben und das könnte zu weiteren Kürzungen führen“, erklärt Dorfmann.
Auslöser für die neue EU-Haushaltspolitik ist die Grundsatzentscheidung der EU-Kommission mehr Geld für Verteidigung, Forschung und Entwicklung bereitzustellen. Denn die Bedrohung durch Russland und durch den Ukraine-Krieg und den technologischen Fortschritten weltweit, etwa bei Künstlicher Intelligenz oder Elektromobilität, läuft die EU Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten.
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„Man muss aber sagen, dass es eigentlich keine wirkliche Erhöhung des EU-Haushalts ist“, so Dorfmann. Denn neben dem EU-Haushaltsplan für die Jahre 2021 bis 2027 von 1,2 Billionen Euro hat die EU wegen der Corona-Pandemie auch den bisher einmaligen Wiederaufbaufonds NextGeneration EU genehmigt: Mit rund 800 Milliarden Euro soll die Wirtschaft nach den Schwierigkeiten aufgrund der Pandemie wieder gestärkt werden. Italien hat für den PNRR-Fonds mit 194,4 Milliarden Euro das meiste Geld erhalten. „Um so viele Geldmittel bereitzustellen, hat die EU Schulden aufgenommen, die ab 2028 zurückgezahlt werden müssen“, erklärt der EU-Parlamentarier.
Der neue Rekordhaushalt der EU bringe nun vor allem Mitgliedsländer in Bedrängnis, die mehr Beiträge in den EU-Topf einzahlen als sie erhalten. Im vergangenen Jahr beispielsweise haben Deutschland, Frankreich und Italien am meisten eingezahlt und Griechenland, Polen und Rumänien am meisten Beiträge erhalten. „Die Haushaltssituation in Österreich oder Frankreich zeigt, dass sie massive Schwierigkeiten haben, überhaupt genügend Gelder für den eigenen Staatshaushalt zusammenzukriegen und jede Erhöhung des EU-Haushalts ist für sie schwer hinnehmbar“, so Dorfmann.
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