Ambiente | Pustertal

Umweltprüfung eingeleitet

Skischaukel Sexten – Sillian: Südtirol hat das Projekt bereits 2020 genehmigt, in Tirol wird es nun geprüft. Als Ausgleich wollen die Seilbahner Bäume pflanzen.
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Foto: Hochgruben Seilbahnen GmbH
Beim Projekt der Drei Zinnen AG und der Tiroler Schultz Gruppe kommt mit der Abgabe der fehlenden Projektunterlagen an die Tiroler Behörden neuer Schwung in das Prozedere und das Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde eingeleitet. Zuletzt hatte die Projektgesellschaft um eine Fristverlängerung für die Einreichung gebeten. Sowohl der Südtiroler als auch der Österreichische Alpenverein (ÖAV) haben die Liftverbindung zwischen Sillian und Sexten negativ beurteilt. Sollte es auch auf österreichischer Seite genehmigt werden, will der ÖAV dagegen eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Wien einreichen.
Laut der Projektgesellschaft Hochgruben Seilbahnen GmbH sei die Skischaukel „ein langgehegter Wunsch in der Region“. Sie hofft auf eine objektive und faire Prüfung.  „Wir haben in den letzten Wochen mit unseren Sachverständigen die ergänzenden Anträge der Behörde sehr gründlich aufgearbeitet, durch weitere Gutachten ergänzt und termingerecht abgegeben“, sagen Maximilian Schultz und Mark Winkler für die Projektgesellschaft. In die Planung wurden bereits eine Million Euro investiert.
 
 
Schultz ist der junge Sprössling des größten privaten Seilbahnbetreibers Österreichs, die Gruppe umfasst unter anderem fünf Skigebiete in Tirol, zu der auch das Skizentrum Sillian Hochpustertal gehört. Winkler ist Geschäftsführer der Drei Zinnen AG, die Hochgruben Seilbahnen GmbH ein Zusammenschluss der beiden Schwergewichte.
 

Projektstand

 
Im Herbst 2021 wurde das Vorhaben für die Skischaukel eingereicht. Mit einer Entscheidung wird frühestens 2024 gerechnet. „Für uns zählt Qualität vor Geschwindigkeit. Wir wollen ein regionales Vorzeigeprojekt mit vielen Vorteilen für die Region entwickeln und sind hier in einem guten Austausch mit den Beteiligten und der Behörde. Auch weiteren Optimierungen und Nachbesserungen im Zuge des Verfahrens stehen wir sehr offen gegenüber“, so die Betreiber. Im Vorfeld hatte die Tiroler Umweltanwaltschaft das Projekt äußerst kritisch bewertet, ihre Einwände seien nun ernstgenommen worden.
 
 
Die Verbindungsbahn von Sillian auf den Grenzkamm Hochgruben ist dabei nur ein Teil des Projekts. Der Anschluss auf Südtiroler Seite ist behördlich genehmigt – vorbehaltlich der positiven Genehmigung durch das Amt der Tiroler Landesregierung. „Für den Eingriff in den bestehenden Naturraum haben wir ein umfangreiches Ausgleichsmaßnahmenkonzept ausgearbeitet. Das heißt: Die für dieses Projekt beanspruchten Flächen werden mehr als kompensiert“, erklärt Schultz. So werden nach den Sturmschäden von 2018 insgesamt 40 Hektar Waldfläche wiederaufgeforstet und über 170.000 Jungbäume gepflanzt.
Der Obmann des Tourismusverbandes Sillian, Franz Theurl, unterstützt das Projekt: „Die Realisierung dieses Projekts ist ein Quantensprung für den Tourismus in der Region und eine große Chance mit dem Angebot der Südtiroler gleich zu ziehen. Es geht dabei schon längst nicht mehr um den Winter, sondern auch um eine Stärkung der Osttiroler Sommersaison. Wir eröffnen unseren Gästen ein attraktives Ganzjahresangebot vom Großglockner, den Lienzer Dolomiten bis zu den weltbekannten Drei Zinnen. Gleichzeitig schaffen wir den Schulterschluss innerhalb der Europaregion Tirol und verschmelzen den Wirtschaftsraum zwischen Südtiroler und Osttiroler Pustertal.“
Beim ÖAV ist diese Sichtweise wenig verständlich: „Das Präsidium des ÖAV hat entschieden, dieses Projekt zu bekämpfen, weil wir es als nicht zeitgemäß erachten. Es verursacht einen riesigen Landschaftsverbrauch und beeinträchtigt europaweit geschützte Vogelarten wie etwa den Auerhahn oder das Schneehuhn“, erklärt Liliana Dagostin, Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz im (ÖAV), gegenüber salto.bz.
 

Wald stärken

 
Als Ausgleichsmaßnahmen für das Projekt sind auf österreichische Seite Baumpflanzungen im großen Stil geplant: Die bisherige Fichten-Monokultur soll durch einen „klimafitten“ Mischwald ersetzt und der Wald damit gegen Borkenkäfer und Naturgefahren widerstandsfähiger gemacht werden. Maximilian Schultz: „Zusätzlich entsteht ein neuer Lebensraum für Flora und Fauna. Insgesamt drei Ökologen haben an dem Konzept mitgearbeitet und sich ausgiebig mit den besonderen, örtlichen Gegebenheiten auseinandergesetzt.“ Auch der Trassenverlauf der Piste sei erst nach eingehender Untersuchung durch die Ökologen festgelegt worden. „Wir haben dabei jene Variante gewählt, die den geringsten Eingriff darstellt, und damit auch einen neuen Ansatz in der Projektierung verfolgt“, sagt Winkler.
Für die Bauphase sei mit der Nutzung des vorhandenen Wegenetzes ebenso eine möglichst ressourcenschonende Herangehensweise gewählt worden. Im Zuge dessen werden die Leckfeldalm sowie die Sillianer Hütte an das öffentliche Strom- und Kanalnetz angeschlossen. Aus dem bestehenden Trinkwasserkraftwerk zur Versorgung der Leckfeldalm wird der neue Speichersee gespeist.
„Das heißt, es müssen hier keine neuen Quellen erschlossen und Leitungen verlegt werden. Wir nutzen die bestehende Infrastruktur bestmöglich und integrieren diese in das Projekt“, erklärt Schultz. Die neue Bergstation auf 2.536 Meter Seehöhe wird mit Erdwärme beheizt, die Talstation an das lokale Fernwärmenetz angeschlossen. Eine Fußgängerbrücke über die B100 ermögliche die direkte Anbindung an das bestehende Ski- und Wanderzentrum Hochpustertal am Thurntaler.
 
 
Zudem werben die Projektbetreiber mit einer autofreien Anreise: Ein Pistenast führe dann von der Talabfahrt direkt zum Bahnhof Sillian. „Mit dem Ausbau und einer durchgängigen Anbindung an den Pustertal-Bahnexpress ermöglichen wir unseren Gästen künftig eine komplett CO2-freie An- und Abreise und leisten damit auch im internationalen Wettbewerb der Tourismusregionen Pionierarbeit“, sagt Winkler. Wird die Skischaukel umgesetzt, würde das Skizentrum Sillian Hochpustertal dann zu dem Südtiroler Skiverbund „Dolomiti Superski“ gehören. Damit wären die Skipässe aus Osttirol und Oberkärnten dort nicht mehr gültig.
Noch wird mit Spannung auf das Ergebnis des UVP-Verfahrens gewartet. Die Gesamtkosten des Projekts sind derzeit mit rund 40 Mio. Euro budgetiert, die reine Bauzeit würde zwei Sommer beanspruchen.
 
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Herta Abram Lun, 04/03/2023 - 17:03

Die Erde steht in Flammen. Die rasante Vernichtung unserer Biosphäre und die damit verbundenen Auswirkungen wie der Verlust der Biodiversität und das Artensterben sind die bisher größten Herausforderungen der jüngeren Geschichte unseres Planeten. Ursache dieses Problems ist unser Lebensstil.
Wie kann ein pro-ökologisches Verhalten motiviert oder gar erzwungen werden?
Muss die Wirtschaft umgestaltet werden, der Kapitalismus als obsolet betrachtet werden?
So ein Projekt der Drei Zinnen AG und der Tiroler Schultz Gruppe, - ist das überhaupt noch verantwortbar?

Lun, 04/03/2023 - 17:03 Collegamento permanente