Politica | Wien - Grundrechte

Sachwalter: Politiker kennen das Problem

Enteignung und Amtsmissbrauch bei Erwachsenenvertretung und Sachwalterschaft. Befragt wurden die Parlamentsparteien. Hier mit der Antwort von Rudolf Silvan im Volltext.
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Foto: Rudolf Silvan (Parlamentsdirektion)
Das Thema war Enteignung durch eine entwickelte Methode von Sachwalterschaft. Es geht um willkürliche Vermögenskonfiskation durch Amtsmissbrauch der Justizbehörden. Ohne strafrechtliche Begründung. Zivilrechtlich durchgeführt.Mit dem simplen Argument: Zu schwach.

Justizbehörden, Rechtsanwaltskammer, Parlamentsparteien, Interessensvertretungen wurden im April 2021 befragt. Die Ergebnisse der Recherche waren so erschreckend, dass diese bisher nicht veröffentlicht wurden. Ein ausführlicher Bericht wird noch vorgelegt. Hier ein erster Vorabdruck.

"Natürlich ist beinahe jeder Politiker und jede Politikerin in seinem/ihrem Wahlkreis mit diesem Thema konfrontiert". Das war die Antwort von Rudolf Silvan, des zuständigen Ressortsprechers der SPÖ.  Er bewies mit seiner Antwort, dass man bei diesem Thema durchaus eine solide Stellungnahme bieten kann. Im Unterschied zu anderen Politikern und Mitarbeitern des Justizapparats, die bisher nur bemüht waren, die ernsten und schweren Vorkommnisse möglichst zu verschweigen.

Zuständiger Sprecher der SPÖ

Pamela Rendi-Wagner, die Vorsitzende der SPÖ, wurde kontaktiert. Da bei diesem Thema auch die Volksanwaltschaft in besonderer Weise angesprochen wäre, sollte Rudolf Silvan die Anfrage beantworten. Stefan Hinterberger, sein parlamentarischer Mitarbeiter, übermittelte die Stellungnahme.  

Rudolf Silvan wurde im Oktober 2019 erstmals Abgeordneter im österreichischen Parlament. Die politische Laufbahn von Rudolf Silvan startete im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). Er ist seit Juli 2009 Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich und seit 2014 Stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Niederösterreich.

Große Zahl von Fällen

Rudolf Silvan bestätigte, dass die Volksanwaltschaft "in einer großen Anzahl von Einzelfällen mit diesem Thema konfrontiert wurde".

Demnach erfuhr auch Silvan in seinem Wahlkreis in Niederösterreich von solchen Schwierigkeiten bei Sachwalterschaften. Doch konnte Silvan in seiner Antwort auf die speziellen Fälle, die auch
"an ihn herangetragen wurden (...) aus Gründen des Datenschutzes und des verfassungsrechtlich gebotenen Gewaltentrennungsgrundsatzes nicht eingehen".

Seine Hoffnungen beruhten auf dem neuen Erwachsenenschutzgesetz. Doch musste erkannt werden, dies dürfte "jedoch nicht in dem Umfang gelungen sein, wie es erwartet wurde".

Silvan betonte deshalb, dass er sich für eine Evaluierung einsetzen wolle. Diesbezüglich wollte er auch mit Selma Yildirim, der Justizsprecherein der SPÖ, das Gespräch suchen: "Damit die notwendigen Schritte im dafür zuständigen Justizausschuss eingeleitet werden können".

Strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen

Im Rahmen der Evaluierung sollten auch Verletzungen der Grundrechte und strafrechtlich relevante Tatbestände untersucht werden:
"Wir sind optimistisch, dass eine solche tiefgreifende Evaluierung auch allfällige Grundrechtseingriffe oder strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen könnte".

Auch die Notwendigkeit von Restitution und Schadenersatz könnten bei einer solchen Evaluierung angesprochen werden, so erklärte Abgeordneter Silvan.

Stellungnahme des Abgeordneten Rudolf Silvan im Volltext

From
 
Hinterberger Stefan stefan.hinterberger@parlament …>

To
 
Johannes Schütz johannes.schuetz@media …>

Subject
 
AW: Presseanfrage für Beitrag

Date
 
May 5, 2021 22:56 PST

Cc
 
Rudolf Silvan rudolf.silvan@gbh …>

Sehr geehrter Herr Mag. Schütz!

Herzlichen Dank für Ihr Interesse zum Thema Erwachsenenschutz; natürlich ist beinahe jeder Politiker und jede Politikerin in seinem/ihrem Wahlkreis mit diesem Thema konfrontiert. Da Sie auch auf die Volksanwaltschaft verwiesen haben, hat Frau Dr. Rendi-Wagner Herrn Abgeordneten Rudolf Silvan (Volksanwaltschaftssprecher der SPÖ) um Beantwortung dieses Schreibens ersucht.

Herr Silvan bestätigt Ihre Aussagen, wonach die Volksanwaltschaft in einer großen Anzahl von Einzelfällen mit diesem Thema konfrontiert wurde. Die Hoffnungen ruhten daher auf dem 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, welches die bekannt gewordenen Probleme lösen sollten. Wie auch die Volksanwaltschaft feststellt, dürfte das jedoch nicht in dem Umfang gelungen sein, wie es erwartet wurde. Dies liegt darin begründet, dass die bestehenden Sachwalterschaften nunmehr in jedem Einzelfall von einem Richter geprüft und auf die neue Rechtslage übertragen werden müssen.

Laut Angaben des zuständigen Ministeriums ist ein Großteil der Fälle erledigt. Es ist aber dennoch erfreulich, dass die Volksanwaltschaft selbst bereits 2019 (das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz ist mit 1. Juli 2018 in Kraft getreten) deutlich weniger Beschwerden im Bereich Erwachsenenschutz verzeichnen musste. Die neuen Rechtsgrundlagen sind jedenfalls deutlich günstiger für die allfällig betroffenen Personen, die Eingriffe sind schonender und im Mittelpunkt des Gesetzes stehen der Betroffene und dessen Interessen.

Sie müssen natürlich verstehen, dass Herr Silvan auf Einzelfälle, die an ihn herangetragen wurden, aus Gründen des Datenschutzes und des verfassungsrechtlich gebotenen Gewaltentrennungsgrundsatzes nicht eingehen kann. Es wäre jedenfalls aber anzuregen, dass nach beinahe drei Jahren Geltung des Gesetzes jedenfalls eine Evaluierung vorgenommen werden soll. Herr Silvan wird sich diesbezüglich auch mit unserer Justizsprecherin Mag. Selma Yildirim besprechen, damit die notwendigen Schritte im dafür zuständigen Justizausschuss eingeleitet werden können.

Wir sind optimistisch, dass eine solche tiefgreifende Evaluierung auch allfällige Grundrechtseingriffe oder strafrechtswidrige Handlungen aufzeigen könnte, sollten solche, wie Sie dies insinuieren, vorliegen. Auch allfällige finanzielle Auswirkungen (Restitutionen) könnten im Rahmen dieser Evaluierung angesprochen werden.

Nachstehend übermitteln wir Ihnen aus dem Bericht der Volksanwaltschaft 2019 die diesbezüglichen Feststellungen.

(…) 

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Hinterberger

Parlamentarischer Mitarbeiter v.
Rudolf Silvan
Abgeordneter zum Nationalrat

Links:
 

Bericht der Volksanwaltschaft in Wien
Salto, 3. 5. 2023
Die österreichische Volksanwaltschaft duldet Verletzungen des Rechts auf Eigentum. Wieder mehr als 100 Fälle im aktuellen Bericht. Ohne Lösung. Ohne Maßnahmen.

Verletzungen des Eigentumsrechts
Salto, 15. 11. 2022
Verlust des Rechtsstaates in Österreich. Der Beitrag erschien bereits 2017 in der Huffington Post. Bis jetzt erfolgten keine Maßnahmen. Das Thema bleibt aktuell.

Karfreitagsbericht 2023 aus Österreich:
Sachwalterschaft, Erwachsenenvertretung und Vermögensübernahmen

Tabula Rasa, 7. 4. 2023
Schutz des Eigentums. Unterschlagung von Renten. Verletzungen des Familienrechts. Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung. Das waren die Themen im Aschermittwochbrief. Befragt wurden der österreichische Bundeskanzler und drei Minister.
www.tabularasamagazin.de/johannes-schuetz-karfreitagsbericht-2023-aus-oesterreich-sachwalterschaft-erwachsenenvertretung-und-vermoegensuebernahmen

Foto:
Rudolf Silvan im österreichischen Parlament (Parlamentsdirektion / Wieser)
 

© Autor: Johannes Schütz, 2023