Wer hat Angst vorm starken Mann?

Dass Matteo Renzis Pläne zur Reform des italienischen Wahlrechts hierzulande für Diskussionsstoff sorgen, ist nichts Neues. Nun hat aber auch DER SPIEGEL beziehungsweise deren Rom-Korrespondent die Debatte aufgegriffen. Und ist zu ganz eigenen Schlüssen gekommen. “Ein gefährliches Experiment”, nennt Hans-Jürgen Schlamp die Absichten des italienischen Premiers.
Italiens politische Ordnung war [bislang] extrem auf Kontrolle und Gegenmacht ausgerichtet. Ein zweiter “Duce” – wie Italiens “Führer” Benito Mussolini genannt wird – sollte nie wieder eine Chance haben. So reichte bis jetzt auch eine noch so große Mehrheit in der ersten Kammer nicht aus. Jedes wichtige Gesetz musste auch im Senat verabschiedet werden. Und da waren die Mehrheiten meist ganz anders verteilt. In der Praxis feilschten die Kammern oft monatelang um jeden Paragrafen, jedes Wort.
Auf der Wunschliste stehen nun schnelle Entscheidungen, sei die Mehrheit auch noch so knapp. Mit der historisch bedingten “Tyrannen-Phobie”, wie Kritiker den politischen Stillstand tauften, soll Schluss sein. Diesem Ziel ist Renzi mit seinen – gegen viel Widerstand in seiner eigenen Partei, dafür mithilfe von Berlusconi durchgesetzten – Reformen schon sehr nahegekommen.
Er erklärt, warum: Durch den geplanten Mehrheitsbonus für die siegreiche Partei in der Abgeordnetenkammer und der gleichzeitigen Reform des Senats – der “im neuen italienischen Politikgetriebe keine große Rolle mehr spielt”, so Schlamp – bereite Renzi den Weg für “starke Männer” und vor allem die Rechten. “Die Ballung von zu viel Einfluss auf einer Partei (und deren Chef) weckt dunkle Erinnerungen”, schreibt Schlamp: “Eigentlich wollte das Land seit Mussolini nie wieder solche Verhältnisse zulassen.”
Sieben von zehn Bürgern wünschten sich bei einer Befragung vor ein paar Monaten “einen starken Mann” an der Spitze des Landes. Den wünscht sich auch Matteo Renzi. Und meint natürlich: sich selbst. Er sieht sich als den Macher, den Retter, den Italien jetzt will und braucht.
Den gesamten Artikel, der unter dem Titel “Pläne von Italiens Premier Renzi: Alle Macht dem Verschrotter” am heutigen 3. Dezember auf SPIEGEL ONLINE erschienen ist, gibt es hier nachzulesen.