Economia | Wettbewerbsrecht

Millionenstrafen für Raiffeisen

Kartellbehörde wirft RVS und 14 Raiffeisenkassen wettbewerbsstörende Abreden zu den Zinssätzen für Privatkredite vor. Strafen von über 26 Millionen Euro verhängt.

Mehr als 26 Millionen Euro: dies ist der Gesamtwert der Strafen, die die römische Kartellbehörde heute (4. März) über den Raiffeisenverband und 14 Südtiroler Raiffeisenkassen verhängt hat. Der Vorwurf der Antitrust-Behörde lautet auf Abreden, die mit dem freien Wettbewerb nicht vereinbar sind. In der Zeit zwischen 2007 und 2014 soll es Abreden zu den Zinsen für Privatkredite gegeben haben. Das geht aus dem 95 Seiten starken Beschluss der Kartellbehörde hervor. Der Generaldirektor des Raiffeisenverbands Südtirol (RVS) Paul Gasser hatte bereits vor Wochen angekündigt, dass man  den Entscheid im Falle eine Schuldspruchs anfechten werde. Zweite Instanz für Entscheide der Kartellbehörde ist das Verwaltungsgericht Latium.


Vorwurf: Kartellbildung

Auslöser für das Verfahren der Antitrust-Behörde waren eine Eingabe der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) im Dezember 2013 und der dort geäußerte Verdacht, die Kassen wendeten eine einheitliche Untergrenze für Darlehenszinsen in der Höhe von drei Prozent an. Die Ermittler seien zum Schluss gekommen “dass der Raiffeisenverband und 14 Raiffeisenkassen (die Raiffeisenkassen Bozen, Bruneck, Lana, Eisacktal, Meran, Kastelruth - St. Ulrich, Überetsch, Algund, Wipptal, Tauferer Ahrntal, Prad-Taufers, Deutschnofen-Aldein und Schlanders sowie die Raiffeisen Landesbank)  gegen das Kartellrecht verstoßen haben, indem sie wettbewerbsstörende Abreden trafen”, teilte die Kartellbehörde (Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato)  in einer Aussendung mit. Zu der Kartellbildung sei es gekommen, indem die Banken “ihre Marktpolitik untereinander abstimmten – auch über den Austausch von sensiblen Daten (Zinsen und andere Kreditbedingungen) - mit dem Ziel, den Wettbewerb auf dem Markt der Ausleihungen an Familien in Südtirol zu beschränken”. 

Die höchsten Strafen treffen die Raiffeisenkasse Bruneck mit knapp 3,3 Millionen Euro und den RVS mit fast 3,2 Millionen Euro. Nur die Strafen von zwei Kassen und der Raiffeisen Landesbank liegen unterhalb der Millionengrenze.

Die von der Kartellbehörde verhängten Strafen: Den Raiffeisenkassen drohen Geldbußen in der Höhe von 26,3 Millionen Euro.


“Wir werden in Frage gestellt”

Herbert von Leon, Obmann des RVS , sagt in einer ersten Stellungnahme: “Die Entscheidung der Wettbewerbsbehörde trifft uns hart und ist nach unserem Verständnis nicht nachvollziehbar. Mit dieser Entscheidung wird das genossenschaftliche Prinzip an sich in Frage und an den Pranger gestellt. Was wir tun, ist nichts anderes als eine genossenschaftliche Zusammenarbeit im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, die wir seit über 100 Jahren pflegen und die auch im deutschsprachigen Ausland ähnlich funktioniert.” In seiner Stellungnahme betont der RVS, dass “der Vorwurf der Absprache zur Anwendung eines einheitlichen Mindestzinssatzes zwischen den Lokalbanken nicht bestätigt werden” konnte. Grund für die Strafe sei vielmehr “ein nicht wettbewerbskonformer Informationsaustausch”.


“Höhe der Strafe weist auf Schwere des Verhaltens hin”

VZS-Chef Walther Andreaus erklärt in einer ersten Reaktion: “Wir müssen uns den 95-seitigen Beschluss der Antitrust-Behörde genau anschauen, und dann werden wir – im Interesse der Konsumenten – schauen, dass dieses Verhalten nicht nur einen Vorteil für die Staatskassen bringt, sondern auch die Interessen der geschädigten Konsumenten nicht auf der Strecke bleiben.” Die Darlehensnehmer sollten “wieder zu dem kommen, was ihnen zusteht”. Andreaus unterstreicht die außerordentliche Höhe der von der Kartellbehörde verhängten Strafen. Wenn die Höhe der Strafen im Verhältnis zur Schwere der Vergehen stehe, dann liege der Schluss nahe, “dass die Antitrust-Behörde in diesem Fall das Verhalten als sehr, sehr schwerwiegend betrachtet hat. Strafen in solcher Höhe gibt es nicht alle Tage von der Antitrust-Behörde.”