Giuseppe Conte
Foto: Facebook/Giuseppe Conte
Politica |  Streit im M5S

Fünf Sterne im Chaos

Giuseppe Conte und Rousseau-Chef Casaleggio bekriegen sich gnadenlos - zum Schaden der Fünf-Sterne-Bewegung

Der Fünf-Sterne-Bewegung droht das Chaos. Der Streit zwischen dem M5S und ihrem digitalen Ableger Rousseau geht pausenlos weiter - mit täglichen Angriffen und Drohungen. Zwar hat der von Giuseppe Conte angerufene Garante per la privacy entschieden, dass der Sohn des Mitbegründers Davide Casaleggio der Bewegung die Mitgliederlisten übergeben müsse. Doch davon will der Rousseau-Betreiber nichts wissen. Er fordert seinerseit von der Bewegung eine Zahlung der Schulden von ungefähr 350.000 Euro und droht gleichzeitig mit Klage. Luigi di Maio fürchtet in diesem Krieg um den ohnedies angeschlagenen Ruf der Bewegung: "Il movimento ha bisogno di rafforzarsi. Dobiamo valorizzare il lavoro che stiamo portando avanti, con Conte al timone. Scontri e ricorsi acuiscono il distacco dei cinque stelle dall'elettorato." Casaleggio warnt im Gegenzug: jede Abstimmung auf  einem anderen Digitalsystem habe "unweigerlich rechtliche Folgen."

Dazu kommt das Problem der bevorstehenden Gemeindewahlen in wichtigen Städten wie Rom, Mailand, Turin, Bologna und Triest. Sollte der Interims-Vorsitzende Vito Crimi die M5S-Listen beglaubigen, droht Casaleggio mit einem neuen Rechtsstreit. Denn nach einem Urteil des Gerichts von Cagliari ist die Wahl Crimis nicht rechtskonform, weil das im Statut vorgesehene fünfköpfige Führungsgremium nie gewählt wurde. Ungeklärt scheint auch die wesentliche Frage, wer der legale Inhaber des Listenzeichens ist - Conte, Grillo, Casaleggio oder Crimi.

 

Unter solchen Bedingungen stimmen immer mehr Mitglieder mit den Füssen ab. Nach dem Urteil des Garante per la privacy sind in vier Stunden 120 Mitglieder ausgetreten. Seit Mitte Februar haben damit 7720 Mitglieder der Bewegung und Rousseau den Rücken gekehrt - Tendenz steigend. Nach Casaleggios Überzeugung könne Conte ohne die obligatorische Abstimmung der Basis auf Rousseau nicht den Vorsitz der Bewegung übernehmen. Überdies sei er nicht M5S-Mitglied. Für den Ex-Premier könnte sich allerdings nun ein Weg ins Parlament öffnen - durch die in einem römischen Wahlkreis notwendige Nachwahl fü rdie M5S-Abgeordnete Emanuela del Re, die zur EU-Verantwortlichen für die Sahel-Zone ernannt wurde und nach Brüssel übersiedelt.  Gleichzeitig könnte PD-Chef Enrico Letta bei den fälligen Nachwahlen in Siena antreten - die Wahl beider könnte das Bündnis zwischen den Regierungsparteien festigen. Welche Zukunftschancen diese Koalition hat, hängt von deren Stabilität ab. Die wackelt beträchtlich.  Denn aus der Fünf-Sterne-Bewegung sind bisher 60 Abgeordnete und 33 Senatoren zu anderen Fraktionen abgewandert. Und vorerst deutet nichts darauf hin, dass dieser surreale Exodus plötzlich versiegen könnte. Am Deutlichsten lassen sich die Auswirkungen dieser Turbulenzen  aus den Umfragen ablesen. War die Bewegung bei den letzten Parlamentswahlen kometenhaft mit fast 33 Prozent zur stärksten Partei aufgestiegen, so hat sie nun mit 15,8 Prozent die Hälfte ihrer Stimmen verloren. Tendenz: sinkend.