Politica | Landtag
Missbrauchtes Präsidium
Foto: Suedtirol Foto/Othmar Seehauser
„Es ist skandalös, dass nicht nur der Landtag, sondern sogar die Institutionen des Landtagspräsidiums von der SVP für ihren Wahlkampf missbraucht werden“, echauffierte sich Sven Knoll am Dienstagnachmittag im Landtag.
Cristian Kollmann, Pressesprecher der Südtiroler Freiheit wird noch deutlicher: „Was wohl der Rechnungshof dazu sagen wird, wenn die SVP nunmehr sogar das Landtagspräsidium für ihren Wahlkampf missbraucht?“
Der Mann, der im Fokus der Kritik steht, sitzt in diesem Fall da wie der sprichwörtlich begossene Pudel: Helmuth Renzler, Landtagsabgeordneter, Vorsitzender der SVP-Arbeitnehmer und Sekretär des Landtagspräsidiums hat einen peinlichen Ausrutscher gemacht.
Die Pressemitteilung
Am Dienstagnachmittag verschickt Renzlers persönliche Referent Daniel Rabanser über seine Amtsadresse des Landtages eine Mail an die Medien.
In dem Begleitschreiben heißt es:
„Guten Tag, im Auftrag des Präsidialsekretärs und Landtagsabgeordneten Helmuth Renzler übermittle ich anbei eine Medienmitteilung. Für Rückfragen steht Helmuth Renzler unter der Nummer 342 87 53 471 zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen Daniel Rabanser“
Darunter das Logo und die Anschrift: „Südtiroler Landtag - Präsidium“.
Das Problem: Die beigelegte Pressemitteilung ist alles andere als eine institutionelle Botschaft, sondern reiner Wahlkampf. Das macht bereits der Titel der Depesche deutlich: „Liste der SVP-ArbeitnehmerInnen-Kandiaten steht“.
In der Mitteilung heißt es dann:
Der Landessozialausschuss der Südtiroler Volkspartei hat sich in seiner Sitzung vom 2. Juli 2018 einstimmig auf die sieben Arbeitnehmerkandidaten für die Landtagswahlen geeinigt. Diese sind Magdalena Amhof, Waltraud Deeg, Zeno Christanell, Richard Kienzl, Dieter Pinggera, Franz Kompatscher und der Unterfertigte“, so der Landtagsabgeordnete Helmuth Renzler einleitend.
„Als Vorsitzender der SVP-ArbeitnehmerInnen bin ich über diese Kandidatenauswahl sehr erfreut, mit der sich unser Parteiflügel den im Herbst 2018 anstehenden Wahlen stellen wird. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigen eine starke und selbstbewusste Vertretung im Landtag und mit dieser Liste wird den Südtiroler Wählerinnen und Wählern ein sehr gutes Angebot vorgelegt“, so Renzler.
„Wir sind bereits gut auf diese Wahlen vorbereitet und werden fähige Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen schicken“, so der Landtagsabgeordnete im Hinblick auf die anstehende Versammlung der SVP-ArbeitnehmerInnen, die am 20. Juli 2018 stattfindet und bei der die sieben Kandidatinnen und Kandidaten sich selbst und ihre politischen Ziele vorstellen werden. „Zu diesem Treffen wird auch der SPÖ-Vorsitzende und ehemalige Bundeskanzler Christian Kern erwartet und wir freuen uns auf einen regen und fruchtbringenden Austausch mit ihm“, so Renzler abschließend.
Dass diese Mitteilung zwar viel mit der SVP, den Arbeitnehmern und dem Wahlkampf aber nichts mit dem Landtag und schon gar nicht mit dem Landtagspräsidium zutun hat, dürfte jedes Kind verstehen.
Die unklare Situation
„Hier missbraucht die Südtiroler Volkspartei schon wieder den Landtag für ihren Wahlkampf“, wettert Cristian Kollmann.
Auch Helmuth Renzler und der SVP ist klar, dass es kein Gegenargument gegen diesen Vorwurf gibt. Vor allem, weil es nicht das erste mal ist, dass man eine solche Grenzüberschreitung macht. Bereits am 2. Mai, 15. Juni und 29. Juni 2018 hat Rabanser im Auftrag Renzler Pressemitteilungen unter dem Logo des Landtagspräsidiums verschickt, die mit dieser Rolle nicht das Geringste zu tun haben.
So geht es etwa in der Medienmitteilung vom 29. Juni um das Treffen zwischen Arbeitnehmer-Chef Renzler mit dem SVP-Bezirksausschuss Bozen Stadt und Land sowie dem SVP-Bezirksausschuss Unterland und der Vorstellung seine drei Schwerpunkte für die anstehenden Landtagswahlen.
Es ist die klassische Mitteilung, die aus dem Parteibüro der SVP-Arbeitnehmer kommt. Aber nicht aus dem Landtagspräsidium.
Sven Knoll forderte deshalb am Dienstag im Landtag lautstark Konsequenzen. Doch genau hier wird es ziemlich kompliziert. Das liegt an einer verzwickten Rechtslage im Südtiroler Landtag.
Der Präsident und der Vizepräsident des Landtages haben sei langem jeweils einen persönlichen Referenten. Zudem gab es eine gemeinsame persönliche Referentin für die restlichen drei Mitglieder des Landtagspräsidiums. Im März 2017 hat der Landtag beschlossen, dass alle fünf Präsidiumsmitglieder eine eigenen persönlichen Referenten oder eine Referentin bekommen sollen.
Demnach haben Roberto Bizzo, Thomas Widmann, Maria Hochgruber Kuenzer, Helmuth Renzler und Roland Tinkhauser seit 15 Monaten jeweils einen eigenen Referenten oder Referentin.
Demnach haben Roberto Bizzo, Thomas Widmann, Maria Hochgruber Kuenzer, Helmuth Renzler und Roland Tinkhauser seit 15 Monaten jeweils einen eigenen Referenten oder Referentin.
Diese fünf Personen werden zwar vom Landtag bezahlt, befinden sich dienstrechtlich aber in einer Art Zwitterstellung. „Der Landtag hat keinerlei Weisungsbefugnis über diese Mitarbeiter“, sagt der Generalsekretär des Landtages Florian Zelger zu salto.bz. Demnach tut sich die Landtagsverwaltung schwer, hier konkrete Schritte gegen den Daniel Rabanser zu setzen. Was geht: Ein Rüffel für Rabansers Dienstherr Helmuth Renzler.
Der blaue Server
Dass sich viele Parteien mit einer klaren Trennung zwischen Fraktionsarbeit und Parteiarbeit vor allem in Wahlkampfzeiten schwer tun, zeigt eine andere aktuelle Episode.
Am selben Tag an dem Helmuth Renzlers Referent über den Landtag Wahlkampf für seinen Dienstherrn macht, stellen die Freiheitlichen ihre 35köpfige Kandidatenliste vor. Sie verschicken dazu über ihre Parteiadresse „[email protected]“ die Nachricht und die Kandidatenliste an die Medien.
Schaut man allerdings in die Eingeweide der elektronischen Botschaft findet man die Zeile: „Received: from FFRE01W8D (merlin2.provinz.bz.it [62.101.0.30]) by dd40536.kasserver.com (Postfix) with ESMTPSA id 1642E564322D; Tue, 3 Jul 2018 14:53:37 +0200 (CEST)“
Übersetzt heißt das. Die Pressemitteilung zur Kandidatenvorstellung wurde auf dem Computer FFRE01W8D geschrieben. Es ist ein Computer, der im freiheitlichen Fraktionsbüro im Landtag steht. F steht für Fraktion, FRE für Freiheitliche, 01 für den Computer, W8 für Windows 8 und D für die Sprache Deutsch. Verschickt wurde die Mitteilung über den Server „ merlin2.provinz.bz.it“ mit der IP-Adresse 62.101.0.30. Diese Adresse gehört der Südtiroler Informatik AG und der Server ist jener des Landtages.
Die Freiheitlichen waren aber zumindest so gescheit, die Kandidatenvorstellung aus dem Landtag an ihren Parteiserver „dd40536.kasserver.com“, einem kommerziellen Anbieter aus München, zu senden und von dort aus ging er dann an die Medien.
Damit hat man die Spur ins Fraktionsbüro verwischt.
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