Politica | Bozen

Sind mehr als 200 Projekte ein Stillstand?

Von Stillstand keine Spur? Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli verteidigt nach der Klausur der Stadtregierung die Leistungen der Gemeindeverwaltung.

Leicht hat es Bozens Erster Bürger nie. Doch im Jahr vor den Gemeinderatswahlen heißt es noch einen Gang zulegen für Luigi Spagnolli. Sein Vize Klaus Ladinser nennt ihn politisch schwach, alle reden von Stillstand und für den Haushalt 2014 fehlen 15 Millionen Euro. Gleichzeitig hat der Bürgermeister nicht nur René Benko und die Laubenkönige, sondern auch Staatsanwalt Igor Secco im Nacken sitzen. Der ermittelt in Sachen Baukonzession für die Flächenverdoppelung des Einkaufszentrums Twenty gegen Luigi Spagnolli – wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs. Eine Causa, die den Bürgermeister laut Einschätzung der Neuen Südtiroler Tageszeitung seine Wiederwahl im Mai kosten könnte.  

Vor diesem Hintergrund ist die abendliche Erklärung des Bürgermeisters nach der Klausur seiner Stadtregierung am Montag zu lesen. Darin leugnet Spagnolli zwar keineswegs, dass der Zeitraum 2010 bis 2015 „un difficilissimo periodo amministrativo“ ist. Dennoch sei die Stadt in diesem Zeitraum keineswegs still gestanden. Im Gegenteil. Bozen sei nicht nur um 2000 neue Einwohner gewachsen. 4 neue Kindergärten, Dutzende Kilometer neuer Straßen, Radwege und öffentlicher Beleuchtung, 5 Prozent mehr Grünfläche – all das haben man bei einer gleichzeitigen Kostenreduzierung und konstantem Personalstand hinbekommen.

Dazu gekommen seien Investitionen in Schulen und Sport für die Jugend, in neue Beschäftigungsmöglichkeiten, in Dienstleistungen und Strukturen für die ältere Bevölkerung, in die Integration von Migranten. Gerade beim letzten Punkt spart der Bürgermeister der Landeshauptstadt nicht mit Kritik am Land: Nimmt immer laufe das Vorgehen von Land und Stadt in diesem Bereich abgestimmt ab; vor allem bei der Aufnahme von Flüchtlingen werden Bozen vor vollendete Tatsachen gestellt, was die Aufnahme erschwere. 

Finanznöte

Fakt ist laut Spagnolli aber auch, dass der Gemeinde angesichts laufender Kürzungen durch Staat und Land kaum ein finanzieller Spielraum bleibt. Verkauf von Gemeindevermögen, Erhöhung der GIS für Zweitwohnungen, Umstrukturierung des gesamten Verwaltungsapparats, dessen Personalkosten Jahr für Jahr schwerer gegenüber den schrumpfenden Einnahmen wiegen: Auf solche Optionen, die von seinen StadträtInnen in den vergangen Tagen laut durchgedacht wurden, ging der Bürgermeister zwar nicht genauer ein. Doch neben für den Herbst anstehenden großen Brocken wie Bauleitplanänderung, Wiedergewinnungsplan für das Busbahnhofsareal oder dem Haushaltsentwurf samt GIS-Reglement kündigte er weitere Einschnitte bei den Aktivitäten einiger Ämter an. Ein anderer Weg sei angesichts des gleichbleibenden Personalstands und seit Jahren anhaltenden Kürzungen nicht möglich. „Auch ist es mit über 200 laufenden Projekten schwer möglich, der Gemeindestruktur weitere zuzumuten“, so Spagnolli.

Kein Stillstand in Bozen also? Alles eine Frage der Definition. Nicht zu übersehen ist, dass die politische Erschöpfung in der Landeshauptstadt groß ist. Was auch immer das für Luigi Spagnolli im kommenden Mai heißt.