Politica | Bettenstopp
Die Notbremse
Foto: upi
Der Laie versteht nur Bahnhof.
Im offiziellen Dokument heißt es:
„Die Landesregierung beschließt einstimmig in gesetzmäßiger Weise: die Bestimmungen bezüglich des Ansuchens um Erlaubnis gemäß Art. 49 Abs. 1 des Landesgesetzes Nummer 58/1988 auszusetzen, sowie die Möglichkeit der Errichtung der Meldungen der Tätigkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 des Landesgesetzes Nr. 12/1995 und und der Meldung des Tätigkeitsbeginns gemäß, Art. 8 Abs. 1 des Landesgesetzes Nr. 7/2008 in Erwartung des Inkrafttretens des Landesgesetzentwurfes Nr. 111/2022 auszusetzen.“
Übersetzt aus dem Juristendeutsch ist dieser Passus eine Art Notbremse.
Am Mittwoch hat sich die Landesregierung zu einer Sondersitzung getroffen. Verabschiedet wurde nur ein Beschluss. Unter dem Titel „Umsetzung des Landestourismusentwicklungskonzeptes 2030+“ hat man einer möglichen Verzögerungstaktik bei der Umsetzung des vom Landtag vorvergange Woche beschlossenen Bettenstopps einen Riegel vorgeschoben.
Im 2018 genehmigten Landesgesetz zur Bürgerbeteiligung ist das sogenannte „bestätigende Referendum“ vorgesehen. Es soll Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, das Inkrafttreten eines vom Landtag verabschiedeten Gesetzes zu stoppen, um die Bevölkerung darüber abstimmen zu lassen. Dies betrifft jene Landesgesetze, die mit weniger als einer Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedet werden.
Dazu müssen die Gegner innerhalb von 15 Tagen 300 Unterschriften sammeln; dann wird das Inkrafttreten des Gesetzes um sechs Monate verschoben. In dieser Zeitspanne haben die Promotoren dann Zeit, 13.000 Unterschriften zu sammeln, um eine Volksbefragung durchzuführen.
Diese Bestimmung hätten jetzt die Gegner des Bettenstopps auszunützen können, um im allerletzten Moment ihre Interessen durchzusetzen. Das Omnibusgesetz wurde im Landtag mit 15 Ja-Stimmen, 14 Enthaltungen und einer Gegenstimme genehmigt. Wenn jemand bis zum 15. August 2022 300 Unterschriften sammelt, dann kann er über das Landesgesetz zur Bürgerbeteiligung den sogenannten Bettenstopp blockieren. Demnach würde das Inkrafttreten des Gesetzes für sechs Monate ausgesetzt.
Die Folgen wären verheerend. Weil im Gesetz festgeschrieben ist, dass die „erworbenen Rechte“ der Antragsteller auf jeden Fall erhalten bleiben, hätte ein Inkrafttreten des Bettenstopps erst im Februar 2023 zu einer Lawine von Ansuchen und Bettenmeldungen in Südtirol geführt.
Vor diesem Hintergrund hat man bereits über das Wochenende an einem Landesregierungsbeschluss gearbeitet, mit dem die Ansuchen um neue Betten- oder Kapazitätserhöhungen in den Gemeinden bis Inkrafttreten des Omnibusgesetzes bzw. des Bettenstopps ausgesetzt werden sollen. Nachdem Salto.bz über diesen Plan berichtet hat, wiegelten sowohl Landeshauptmann Arno Kompatscher als auch Tourismuslandesrat Arnold Schuler öffentlich ab. Man tat so, als sei nichts geplant.
Es war ein taktisches Störmanöver. Der Beschluss war noch nicht fertiggeschrieben. Weil man 300 Unterschriften auch an einem Tag sammeln kann, dementierten die SVP-Politiker bewusst, um dann einen Tag später genau diesen Weg zu beschreiten. Still und leise auf einer im letzten Moment einberufenen Sondersitzung der Landesregierung.
Obwohl juridisch fraglich ist, ob per Landesregierungsbeschluss der Grundsatz eines Landesgesetzes aufgehoben werden kann, dürfte der Überraschungscoup gelungen sein.
Bis ein möglicher Rekurs gegen diesen Beschluss am Verwaltungsgericht behandelt wird, ist der Bettenstopp längst in Kraft.
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