Società | Soziales Festival

„Wenn nicht die Jugendlichen, wer dann?“

Das Dings.Do ist ein Festival mit Profil: Für den guten Zweck, lokal und vegetarisch. Der 2-Jahres-Rhythmus hat sich durch Corona verschoben, aber heuer ist es zurück.
Dings.Do
Foto: Alex Häufler - Postproduction Zulupictures
Auf dem Programm stehen elektronische Musik, Folk, Punk, Reggae, Ska und Kleinkunst mit familiärem Charakter und einem Bühnenbild mit Wohnzimmerflair. Ein kleines Festival, auf dem man nicht von Bühne zu Bühne hetzt, sondern sich Zeit für Workshops, einen Marktbummel oder Gespräche nehmen kann, für ein entschleunigtes Festivalfeeling.
 
 
Salto.bz: Frau Obwexer, wie passt es, dass ein Festival mit Hippe-Charakter von einem Jugendverein organisiert wird?
 
Miriam Obwexer: Ich würde nicht von Hippie-Charakter sprechen. Ich denke, unser Festival soll in erster Linie die Besucher sensibilisieren. Ich glaube, bei diesem Ziel ist es wichtig, dass es ein Jugendverein ist, der das Festival organisiert. Wenn nicht die Jugendlichen, wer dann? Ich denke, sie haben den besten Zugang zu Gleichaltrigen um nachhaltiges Handeln und Feiern besser zu vermitteln. Ich glaube, Hippie-Festival kann man vielleicht nicht ganz sagen. Die Besucher und Besucherinnen, die auf unser Festival kommen sind Mitglieder alternativer Szenen, aber diese finden sich heutzutage in der Jugendkultur einfach sehr stark.
 
Wir finden es aber auch „unfair“, wenn wir nur nach Südtirol spenden, weil es viele Notstände außerhalb gibt.
 
Beim Dings.Do geht es ums Feiern für einen guten Zweck. Auf Ihrer Webseite haben Sie drei „Bausteine“ für die gesammelten Spenden angeführt. Wie funktioniert das Konzept?
 
Wir haben die Spendenbausteinen seit 2019, davor haben wir uns immer für nur ein Projekt entschieden. Jetzt haben wir uns entschieden das Geld, welches zusammen kommt gleichmäßig aufzuteilen. Der erste Baustein ist Dings.Do Charity Love, bei dem wir an ein internationales Projekt spenden. Sehr oft - bis 2019 - kam die Frage auf, ob wir national, international spenden sollten, da wir regionale Küche und möglichst viel regionales Angebot haben. Wir finden es aber auch „unfair“, wenn wir nur nach Südtirol spenden, weil es viele Notstände außerhalb gibt.
Zweitens gibt es noch den Dings.Do Project Bonus, den wir innerhalb, der Landes- und maximal Regionen-Grenzen vergeben und für den sich Projekte bei uns melden können. Diesmal sind das zwei Projekte, der Vintlerhof in Milland, Brixen und zum anderen der Circomix in Vintl, zu welchen die Besucher des Festivals vor Ort abstimmen können. Beim einen handelt es sich um den einzigen Biosozialhof Südtirols, beim anderen um eine Zirkusschule mit Fokus auf ganzheitliche Bewegungserziehung.
Der dritte Baustein ist Dings.Do hilft Loidner*innen, als Dankeschön an unsere Gemeinde, die uns das Festival machen lässt. Im Dorf gab es schon einige Schicksalsschläge und bei dem Baustein handelt es sich um einen Fond, in den bei jedem Festival eingezahlt wird. Falls dann etwas Schlimmes passiert, können wir auf diese Geld zurückgreifen.
 
 
Wird für den guten Zweck anders gefeiert oder denken Sie, dass das etwas ist, was fürs Publikum nicht präsent ist?
 
Ich denke, beim Feiern ist das für das Publikum nicht unbedingt präsent. Man wird beim Feiern und Tanzen wohl nicht merken, ob man jetzt für einen guten Zweck tanzt, aber vielleicht ist es in der Intention auf das Festival zu kommen spürbar, da man weiß, dass man mit jedem Bier oder Burger, den man bestellt, etwas Gutes tut. Auch bei der Sponsorensuche hilft das, wenn man erklärt, dass man spendet und aufzeigt, wofür man spenden möchte. Man merkt, dass die Leute offen dafür sind, für den guten Zweck etwas zu tun, aber ich glaube nicht, dass man während dem Feiern etwas davon merkt. Wir verlangen auch keinen Eintritt, sondern bitten um eine freiwillige Spende. Es ist jedem überlassen, ob er 50 Euro einwerfen möchte oder auch nichts.
 
Wie ist das bei den Marktständen und Rahmenprogrammpunkten?
 
Bei den Marktständen und dem Rahmenprogramm bleibt der Erlös den Betreibern. Es ist ein Teil des Festivals Menschen die Möglichkeit zu geben Handgemachtes, das unserem Charakter als Festival entspricht, zu verkaufen. Die Workshops werden meistens kostenlos angeboten.
 
Viele belächeln das Essen etwas, auch dadurch, dass wir das in einem Dorf machen
 
Seit der Gründung vor 11 Jahren, werben Sie auf jedem Plakat mit Veggie-Food. Wie kommt das beim Publikum an?
 
Teils Teils. Das Dings.Do war immer schon vegetarisch und von dem Konzept wollen wir auch nicht weggehen. Was wir 2019 dazugekommen haben, ist die Regionalität. Die Sache mit dem Vegetarischen ist, dass es darauf ankommt, wer davon liest. Viele belächeln das Essen etwas, auch dadurch, dass wir das in einem Dorf machen, und es kommen auch manchmal Menschen, die fragen, ob wir nicht ein Grill für ihre Würste oder Schnitzel hätten. 2019 war das teilweise noch so. Ich bin aber gespannt auf die Reaktionen in diesem Jahr, weil sich da in den letzten drei Jahren auch viel mit anderen vegetarischen Festivals getan hat. Das kommt in Südtirol derzeit gerade immer mehr an, das Vegetarische, teils auch das Vegane. Da wir uns an ein offenes, aufgeschlossenes Publikum richten, feiert unsere Zielgruppe das sehr, aber - wie überall - kommen natürlich auch Kritiker von außen. Vielleicht konnten wir den einen oder anderen auch schon durch unsere regionale vegetarische Küche sensibilisieren.
 
Ich würde sagen, dass wir zwischen Reggae, Ska und Punk eine große Bandbreite haben, natürlich immer in die alternative Richtung.
 
Wie würden Sie die musikalische Identität des Festivals zusammenfassen? Sie ist eher divers.
 
Am Anfang war sie richtig folkig und es hieß auch noch Dings.Do Folk Festival, womit wir uns mittlerweile nicht mehr so stark identifizieren. Ich würde sagen, dass wir zwischen Reggae, Ska und Punk eine große Bandbreite haben, natürlich immer in die alternative Richtung. Ein ganz großes Highlight, das 2019 eingeführt wurde ist die Dings.Do Boom Band. Wir haben auch jedes Jahr den Lajener Kinderchor bei uns, was am Sonntag immer ein ganz großes Ereignis ist. Letztes mal haben dann sehr verschiedene Musiker mit dem Kinderchor auf der Bühne performt, was zeigt, dass das alles funktionieren kann.
 
Sehen Sie beim Dings.Do noch Wachstumspotential oder ist es mit seinen Charakteristiken als kleines Festival gut aufgehoben?
 
Ich würde sagen - und da sind sich alle im Team einig - dass es passt, so wie es ist. Wir möchten nicht wachsen, denn das Dings.Do zeichnet sich auch stark aus durch den familiären Charakter aus. Wir würden es wahrscheinlich platztechnisch und von den Kapazitäten des Organisationsteams her gar nicht schaffen, wenn es größer wäre. Viele fragen uns, ob wir, wenn es etwas größer werden würde Eintritt verlangen würden. Wir kennen das nur so und sind auch strikt dagegen Eintritt zu verlangen. Wir gehen da nicht gegen unsere Prinzipien. Es ginge sich wohl auch nicht mehr aus, die regionale Küche fortzuführen, denn welche Bauern hätten für 20000 Besucher Eier? Wir sind glücklich, so wie es ist.
 
 
Was ist dann im Rückblick, das woran man festmacht, ob ein Festival gelungen ist?
 
Zuallererst, wenn das Wetter passt. Wir sind ein Festival, das gern vom Regen erwischt wird. Wenn also einer der beiden Tage ein Sonnentag ist, ist das schon mal ein Erfolg. Dann natürlich das Feedback der Besucher. Am Ende - abhängig vom Wetter und der Anzahl der Besucherinnen und Besucher - dass nach den Fixkosten noch viel Geld zusammenkommt, das wir spenden können. Was auch noch wichtig ist, ist es vielleicht einige Besucher für Regionalität, Vegetarische Küche, Mülltrennung oder nachhaltiges Feiern sensibilisieren konnten. Beim Feiern entsteht leider Müll, das ist unvermeidbar, aber man kann versuchen, ihn in Grenzen zu halten.
 
Was bedeutet für Sie zu sensibilisieren?
 
Wir wollen einfach aufzeigen, dass es auch anders geht und dafür sorgen, dass mehr über das eigene Handeln nachgedacht wird, wenn man nicht schon mit dieser Charaktereigenschaft ins Festival kommt. Vielleicht probiert man einfach mal einen vegetarischen Burger und merkt, dass er gar nicht schlecht schmeckt und das mit der Mülltrennung gar nicht so schwierig ist. Man kann vielleicht ab und an einen Switch im Denken geben.