Ein bisschen wie Weihnachten

Ein Licht am Ende des Tunnels der Facharztausbildungsproblematik in Südtirol scheint, knapp vor den anstehenden Landtagswahlen, nun doch in Sicht.
Zur Erinnerung: Bis vor wenigen Jahren war in Südtirol eine Facharztausbildung über die österreichische Ärztekammer möglich gewesen. Nachdem Südtirols Krankenhäusern von italienischer Seite der Ausbildungsstatus aberkannt worden war, musste dieses Modell jedoch gestrichen werden. In den folgenden Jahren weigerte man sich in Rom, Südtirols Abteilungen den Ausbildungsstatus wieder zuzuerkennen, und von der österreichischen Ärztekammer wurden keine Ausbildungszeiten in Südtirol mehr anerkannt, da den Abteilungen der Ausbildungsstatus fehlte. Hin und wieder gab es zwar Hoffnungsschimmer; so wurden im letzten Winter eine große Anzahl an Südtiroler Abteilungen als Ausbildungsabteilungen des italienischen Staates akkreditiert. Ein Stellenmodell wurde geschaffen, nach dem Vorbild der alten Fascia B, vergleichbar mit Assistenzarztstellen im europäischen Ausland.
Nun, so die Presseaussendung von vor wenigen Tagen, und die Pressekonferenz heute, soll die Ausbildung in den Fächern Traumatologie/Orthopädie und Innere Medizin praktisch ab sofort, in Chirurgie in Kürze und in weiteren Fächern in absehbarer Zeit möglich sein.
Heute wehte zwar ein freundlicherer, gar positiver Wind, aber noch ist nichts in Stein gemeißelt.
Nach all den Jahren müssen wir zugeben: Man glaubt es kaum und es fühlt sich ein bisschen an wie Weihnachten. An dieser Stelle möchten wir den verhandelnden Parteien, insbesondere LR Stocker, von Herzen ein großes Dankeschön für die Mühen der letzten Monate und Jahre aussprechen.
Dennoch ist leider noch nicht ganz alles Gold, was glänzt.
Erstens erreichen uns aus den Reihen insbesondere der Studierenden viele Fragen bezüglich der Strukturiertheit der geplanten Ausbildung. Gibt es Lehrpläne, werden regelmäßig Fortbildungen angeboten? Die Primare und erfahrenen Oberärzte und Fachärzte wissen noch, wie es ist, junge eigenständig arbeitende Kollegen auszubilden - für viele andere wird es jedoch großteils Neuland sein. Es gäbe aus unserer Erfahrung viele Interessenten für die Rückkehr nach Südtirol, doch mangelt es den meisten noch an der Durchsichtigkeit der nun so ad hoc wieder möglichen Ausbildung.
Wir drücken uns, all unseren jungen und erfahrenen Kollegen, und insbesondere der Südtiroler Bevölkerung, den Patienten, die Daumen. Ansonsten ist alles Jubeln wohl leider für die Katz.
Zweitens sorgt uns vor allem die hitzige Diskussion um unser Anstellungsverhältnis. Frau LR Stocker "hofft, dass die Fascia B-Bezahlung, sprich eine Einstellung wie bei einem Assistenzarzt, nicht in Frage gestellt wird" (Dolomiten vom 01.09.2018). Doch der öffentliche Aufschrei aus dem Landtag und aus der Sanitätsdirektion blieb verhalten, als im Juli die größte italienischsprachige Ärztegewerkschaft des Landes konstatierte, dass unter Supervision arbeitende Ärzte ohne abgeschlossene Facharztausbildung, d.h. Assistenzärzte, „eine Gefahr für die Sicherheit der Patienten“ seien (Tageszeitung vom 14.07.2018). Stimmte dies, müssten in Resteuropa von Assistenzärzten mitbetreute Patienten der Reihe nach sterben – ganz abgesehen davon, dass dies völlig falsch ist, kommt dies einer Diffamierung unseres Berufsstandes gleich.
Unsere dringende Bitte an die Landesregierung: Bei der Verhandlung um ein konkurrenzfähiges Stellenmodell mit seinen Eckpfeilern keine Kompromisse eingehen!
Die besagte Gewerkschaft wollte nun, so der Stand im Juli, das neu geschaffene Stellenmodell wieder anfechten. Keine Extrawürste für den Südtiroler Sanitätsbetrieb, so schien es. Bei der heutigen Pressekonferenz wehte zwar diesbezüglich ein freundlicherer, gar positiver Wind, aber noch ist nichts in Stein gemeißelt. Die Lösung der Zuständigen, wenn das geplante Modell gekippt werden sollte, wäre ein Stipendium, welches ausgeschrieben werden müsste. Laut LR Stocker „ein Detail am Rande“ – für unsereins jedoch ein Grundsatzproblem. Denn eine Ausschreibung müsste wiederum staatsweit durchgeführt werden. Und noch viel gravierender: Mit dem genannten Stipendium wäre der Jungarzt für die gesamte Stipendiumsdauer nicht sozialversichert – 6 Jahre Facharztausbildung, 6 Jahre als Arbeitskraft und Systemträger, die nicht auf die Pension angerechnet werden.
Außerdem ist ein Stipendiat ein Stipendiat und kein Arzt und dementsprechend auch nicht als ein solcher angestellt – was die Arbeitsmöglichkeiten, insb. die Absolvierung von Nachtdiensten, stark einschränken kann. Dies schmälert natürlich unseren Nutzen als Arbeitskraft und Systemträger beträchtlich.
So ein „Anstellungs“-Verhältnis (denn ein solches ist es eben nicht) kann und wird dementsprechend nie mit einer echten Assistenzarztstelle konkurrieren! Und solange eben solche Assistenzarztstellen, wie sie als Fascia B-Stellen geplant sind, in diesem Land nicht von allen Seiten wasserdicht und bombenfest abgesegnet und rechtlich abgesichert sind, verliert der Standort Südtirol leider wieder an Attraktivität und der jetzige Ärztemangel bleibt bestehen.
Ein Licht am Ende des Tunnels der Facharztausbildungsproblematik in Südtirol scheint, knapp vor den anstehenden Landtagswahlen, nun doch in Sicht.
Genau diese Thematik wird noch in Rom diskutiert werden müssen. Dort wird in den nächsten Tagen noch entschieden, ob Südtirol ein von der italienischen Gesetzgebung abweichendes Stellenmodell ins Leben rufen darf. Laut LR Stocker stehen die Zeichen hierfür günstig - aber man soll den Tag bekanntlich ja nicht vor dem Abend loben.
Uns liegt allen sehr viel daran, dass die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Südtirol gesichert ist. Dies inkludiert nicht nur die generelle Grundversorgung, sondern die Verkürzung der Wartezeiten durch genügend Personal vor Ort, die Festigung der medizinischen Versorgung in der Peripherie und die Sicherung der Behandlung eines Patienten in der eigenen Landessprache. Dies sind die drei großen Damoklesschwerter des Sanitätsbetriebes Südtirol, die durch diese neue Tür, die Jungärzten eine Rückkehr ins Land ermöglicht, nun hoffentlich im Laufe der nächsten Jahre entschärft werden können.
Dementsprechend richten wir die dringende Bitte an die Landesregierung, bei der anstehenden finalen Verhandlung um ein konkurrenzfähiges Stellenmodell mit seinen Eckpfeilern (dies fängt bei Entlohnung an, geht über Verantwortungsbereiche und hört bei Versicherung auf) keine Kompromisse einzugehen! Die Ermöglichung der Ausbildung ist ein toller, großer Schritt, aber leider nur die halbe Miete.
Doch vor allem drücken wir uns, all unseren jungen und erfahrenen Kollegen, und insbesondere der Südtiroler Bevölkerung, den Patienten, die Daumen, dass uns aus Rom eine unanfechtbare Ermöglichung des erhofften Anstellungsverhältnisses ereilt. Solange dies nicht schwarz auf weiß passiert ist, ist alles Jubeln - zumindest vorläufig - leider für die Katz.
Elisa Reiterer, Markus Santer, Larissa Hofer, Verena Plank
Vorstand des Vereines Südtiroler Jungmediziner