"Das Theater ist wie ein Wirtshaus"
Es sei eine interessante Zeit damals gewesen, sagt Rudi Ladurner, Mitbegründer und künstlerischer Leiter des Theaters in der Altstadt Meran. Damals in den 1990er Jahren, als es noch kaum eigenproduzierendes Theater gab im Land, als es in Bozen und Meran noch kaum eine „Szene“ gab, als die einzigen Schauspieler jene der Amateur- und Laientheater waren.
Ladurner war zu jener Zeit gerade wieder in Südtirol angedockt, er hatte vorher am Burgtheater in Wien und in der österreichen Off-Szene als freier Regisseur und Dramaturg gearbeitet. „In Südtirol habe ich damals einige Stücke gemacht, und habe begonnen strukturell mitzudenken, Koproduktionen und Städtetheater waren das heiße Thema damals.“ Unter Kulturlandesrat Bruno Hosp wurde der Gedanke der ständigen Städtetheater geboren, in Meran von Rudi Ladurner und Franco Marini vom Theater in der Klemme umgesetzt. „Es war sicher eine Zeit des Aufbruchs und die ist bekanntlich oft aufregender als jene des Durchhaltens und Weiterziehens,“ erinnert sich Ladurner.
„Es gab so wenig damals, außer den importierten Theatern, den Freilichtbühnen und der Brixner Dekadenz nichts. Aber die Kulturpolitik hat schließlich verstanden, dass das was wir machen und produzieren, mindestens ebenso wichtig ist wie das eingekaufte Theater und, dass es auch hier Leute mit Fähigkeiten gibt.“ Das Theater in der Altstadt oder Tida, wie es vom Stammpublikum liebevoll genannt wird, machte sich bald in Meran und darüberhinaus beliebt. Gespielt wurden von Anfang an konsequent die Klassiker von Georg Büchner, Anton Tschechow, Arthur Schnitzler, James Joyce aber auch die zeitgenössichen Autoren wie Peter Turrini, Heiner Müller, Felix Mitterer oder Botho Strauß, und um die Burleske kümmerte sich Franco Marini mit Stücken von Dario Fo, Johann Nestroy, Jura Soyfer und Ödön von Horvath.
Ins Theater kommt man über 17 oder 18 Treppenstufen, man steigt hinunter ins Foyer, vorbei an Fotos von Schauspielern und legendären Aufführungen, die es etliche gegeben hat. „Eine gute Zeit für unser Theater war sicherlich so 6 oder 7 Jahre nach der Gründung, die späten 1990er Jahre,“ meint Rudi Ladurner. Als man beispielsweise „Die 7 Todsünden“ von Kranewitter spielte, mit sämtlichen Schauspieler die das Land damals aufbringen konnte: Peter Mitterrutzner, Paul Demetz, Liz Marmsoler, Theo Hendrich, Klaus Rainer, Christina Khuen, Magdalena Schwellensattl, Priska Kröss, Lukas Lobis und Thomas Hochkofler, Renate Abram und Oswald Waldner. Viele von ihnen gehören immer noch zum Stammensemble des Tida, Thomas Hochkofler, Patrizia Pfeifer, Dietmar Gamper oder Lukas Lobis sind von Rudi Ladurner sozusagen hochgezügelt worden.
„Damals ist es richtig gut gegangen, nicht dass es heute schlecht ginge, aber die Begeisterung war viel schneller da und ich hatte noch die Fähigkeit, 24 Stunden im Theater zu verbringen, als Hausmeister, Regisseur und derjenige der das Licht ausmacht. Diese Unbekümmertheit vermisse ich schon." Rudi Ladurner wird nur ein kleines bisschen wehmütig, er ist viel zu sehr Pragmatiker, um das Gestern dem Heute vorzuziehen. Heute sei es eben nicht mehr möglich, ohne Plan und Aufstellung an Produktionen heranzugehen, er wisse mittlerweile eben, was es an finanziellem und personellem Aufwand braucht, um über die Runden zu kommen. Zwischen Gemeinde und Land wird er mit 280.000 Euro bezuschusst, dann gibt es noch Einnahmen von den Eintritten und von den Sponsoren. Damit finanziert er 3 Angestellte und 8 bis 9 Premieren im Jahr. „Dreiviertel von denen mache ich aus künstlerischer Überzeugung, ein Viertel um zu überleben.“ Keine Frage, Stücke wie „Othello darf nicht platzen“ füllen das Haus garantiert, allerdings steckt hinter der aktuellen Jubiläumsaufführung auch eine Geschichte. „Das Stück haben wir bereits vor 15 Jahren gespielt und wir wollten es in der exakt gleichen Besetzung zu unserem Geburtstag nochmal machen.“ In der Hauptrolle der 80-jährige Paul Demetz, der Grand Seigneur des Südtiroler Theaters.
„Ich vergleiche das Theater gerne mit einem Wirtshaus. Wenn man gut isst, gut bedient wird und das Ambiente stimmt, dann geht man gerne hin, auch wenn es einmal nicht so passen sollte. Wenn ich aber zweimal schlecht esse, dann wehe! Ich balanciere genau dort, die Leute bei der Stange halten, die Geduld nicht überstrapazieren, aber künstlerisch muss auch etwas herausschauen.“