Der Traum vom Bibliothekszentrum
„Es kommen immer wieder Leute in die Galerie, die sich dahingehend äußern, dass Bozen wirklich ein Bibliothekszentrum benötigt“, erzählt Verena Rastner, Mitarbeiterin der Galerie ar/ge kunst in Bozen, bei einem Rundgang durch die Ausstellung über Christoph Mayr Fingerle. Der im vergangenen Jahr überraschend verstorbene Architekt war einst Mitbegründer dieser Galerie gewesen und verpasste den Räumen Mitte der 1980er Jahren sogar einen neuen Schliff. In diesem Zusammenhang werden in der Ausstellung auch 24 Skizzen gezeigt, anhand derer man einigermaßen die penibel genaue Arbeitsweise von Mayr Fingerle erkennen kann. Akribisch beschäftigte sich der passionierte Bau- und Baugeschichtekenner mit den kleinsten Details – in dem ausgestellten Fall beispielsweise bzgl. der geeignetsten Belüftung bei der Rückwand des Medienarchives der Galerie. Es ist das Detail im Detail vom Detail.
Weitere in der Ausstellung gezeigten Skizzen zu Lichtstudien, Handläufen, sowie die allerhand Listen und Aufzählungen bestätigen Mayr Fingerles Akkuratesse. Wurde ihm sein exakter und kompromissloser Zugang manchmal auch zum Verhängnis? Vielleicht. Gezeigt wird auch Mayr Fingerles Scheitern am Beispiel zweier Buchprojekte im fortgeschrittenen aber nicht abgeschlossenen Stadium.
Die Ausstellung dokumentieret auch Mayr Fingerles Passion für Ausstellungsgestaltung. Noch wenige Monate vor seinem Tod hat er die Ausstellung Amonn & Fingerle im Stadtmuseum Bozen gestaltet und war bereits drauf und dran auch eine Schau über sein eigenes Schaffen für die Galerie ar/ge kunst auszutüfteln. Dazu kam es nicht. Kuratiert wurde die Ausstellung somit von der ehemaligen Mitarbeiterin Veronika Mayr und vom ehemaligen Mitarbeiter Quirin Prünster. Sie zeigen anhand von dokumentarischem Material was den Kosmos Mayr Fingerle ausmachte.
Zahlreiche Baumaterialien, Skizzen, Bodenelemente, Farbproben sind in der Galerie verteilt zu sehen. Hergezeigt wird auch sein politisches Engagement gegen Benkos Großeinkauf. Dass die Bozner Politik in Sachen Bauvorhaben seit Jahrzehnten keine zufriedenstellenden Antworten findet, zeigt sich, wenn man wieder von der Galerie kommend Richtung Stadtmuseum geht, das sich noch immer im Dornröschenschlaf befindet. Wie eben auch das Bozner Bibliothekszentrum. In der Galerie kann jedenfalls das Modell dazu aus nächster Nähe studiert werden. Und vielleicht animiert es zum Träumen: wie beispielsweise eine vielsprachige Stadt aussehen würde, in der Bibliotheken und Museen für wichtiger erachtet werden, als unnütze Kaufhäuser.