In seinem 1960 erschienenen Hauptwerk "Masse und Macht" analysiert der Autor und spätere Literaturnobelpreisträger Elias Canetti das Phänomen der Menschenmassen, und warum es zu Dynamiken kommt, wie der Unterwerfung unter einen Befehlshaber oder eine autoritäre Macht. In der Masse wird der Einzelne seine Verschiedenheit vom Anderen los, das Fremde hat weniger Macht über ihn, die Menschenmenge schützt das Individuum vor "dem da draußen". Das Unterlegenheitsgefühl des Einzelnen dem Fremden bzw. Andersartigen gegenüber werde in der Masse aufgehoben, als Masse fühlt sich der Einzelne stark und mächtig. 

Das Kultur- und Gesellschaftsmagazin 39NULL, das dieser Tage in Südtirol vorgestellt wurde, beschäftigt sich in seiner 3. Ausgabe ebenfalls mit dem Phänomen der Macht und der Ohnmacht. Auf dem Cover ein hochaufgereckter Mittelfinger, internationales Symbol der Respektlosigkeit, darunter in dicken Blockbuchstaben das Wort MACHT. Im Pressetext zur Zeitschrift heißt es: 

In der dritten Ausgabe von 39NULL wird das komplexe Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht in 40 Bild-­ und Textbeiträgen aus den Bereichen Kunst und Kultur, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft ausgelotet. Dabei widmen sich die Mitwirkenden nicht nur der negativen, repressiven Seite von Macht, sondern beleuchten auf den insgesamt 152 Seiten auch ihr strategisch-­‐ produktives Potenzial und gehen u.a. folgenden Fragen nach: Wie nehmen wir Macht wahr? In welchem Verhältnis stehen Macht und Staat? Welche Regierungsform eignet sich am besten, um dem Willen des Volkes gerecht zu werden? Welche Macht haben Religion und Glaube über den Menschen? Unterstützt oder blockiert Macht gesellschaftliche Veränderungen? Und wie steht es um das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern, früher und heute?

Als Autoren für die dritte Ausgabe konnte etwa Cuno Tarfusser gewonnen werden, der über sein Verhältnis von Macht und Ohnmacht am Internationalen Gerichtshof in Den Haag schreibt; die Journalistin Barbara Bachmann zeigt Südtirols ehemaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder nach seinem langen Abschied von der Macht in einem Porträt; die Frauenrechtlerin und Ärztin Monika Hauser gibt Einblick in ihren unermüdlichen Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Frauen in Kriegsgebieten, und die Berliner Bloggerin Mary Scherpe wehrt sich dagegen, ein Stalkingopfer zu sein.

Das Team von 39NULL, v.l.n.r.: Julia Egger, Martin Santner, Lukas Marsoner, Martina Wunderer – auf dem Foto fehlt Verena Wisthaler – 
Foto von Jens Paulsen

Das Magazin 39NULL ist an ausgewählten Verkaufsstellen zu erhalten, etwa im Museion Shop in Bozen, auf dieser Seite gibt es noch mehr Informationen dazu.