Bus
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Questi qua

Mir geht die Episode nicht mehr aus dem Kopf. Es war vormittags im Stadtbus. Der Kontrolleur steigt ein...

Ein Passagier will aussteigen, zeigt seinen Fahrschein und geht. Ein junger Mann möchte auch hinaus. Er ist weder groß noch klein, weder besonders dunkel noch besonders hell, trägt etwas Bart wie die meisten in dem Alter, er ist weder besonders gut noch besonders schlecht gekleidet. Er könnte alles sein, Student, Verkäufer, Migrant, Einheimischer, Illegaler, Arbeiter, Muttersohn, Vaterbub oder einfach nur Schwarzfahrer. Letzteres trifft zu. Als der Kontrolleur ruppig nach dem Fahrschein verlangt, kommt nichts, auch kein Personalausweis. Warum weiß ich nicht, weil ich die Worte der beiden nicht hören kann. Der Kontrolleur ist jedenfalls laut, sehr laut. Bei der nächsten Haltestelle steigt er mit dem Schwarzfahrer aus.

Bevor die zwei den Bus verlassen, höre ich Applaus von den hinteren Sitzen. Dort klatscht eine Frau. „Bravo controllore“, ruft sie den Aussteigenden aufgeregt nach. Dann wendet sie sich Zustimmung heischend an die Umstehenden und bekräftigt in ihrem Südtiroler Italienisch „Bisogna dire, perché sennó siamo in mano a questi qua“.

Bevor die zwei den Bus verlassen, höre ich Applaus von den hinteren Sitzen.

Ich starre ihr entgeistert in die Augen und frage mich, wen sie mit „questi qua“ wohl meint. Meint sie die Schwarzfahrer, in deren Hände sie nicht geraten möchte. Wohl kaum. Oder glaubt sie, dass  einer, der kein Busticket hat, ein illegaler Migrant sein muss, der so gefährlich ist, dass es besser ist, nicht in seine Hände zu geraten?

Wasweißich. Das jedenfalls ist die Welt, die wir uns gerade bauen lassen von denen, die mehr oder weniger unverblümt dem Applaus im Bus Vorschub leisten anstatt ihrem demokratischen Auftrag nachzukommen und für konstruktiven Dialog zu sorgen.