"Bozen ein Ausgangspunkt für Radfahrer"
„Mit dem Radfahren eine Spalte des Bozner Tourismus‘ weiter wachsen lassen“, das ist der Plan des Tourismusstadtrats Bozens, Stephan Konder. Wenn man in Südtirol Gelegenheit zum Radfahren sucht, kann man sich bereits zwischen allerhand Angebot entscheiden. Es gibt Bergstrecken für Mountainbike-Fahrer, langgezogene Radwege für Rennrad-Fahrer und Skateparks für BMX-Fahrer. Mit dem Rad kommt man in Südtirol fast überall hin und durch das Projekt „BikeArena-BZ“ soll das Radfahren in Bozen noch weiter gefördert werden. Man will das Radnetz ausbauen, mehr Parkgelegenheit schaffen und neue Fahrradparks erstellen. Kurzgefasst: Bozen soll zu einer Rad-Hauptstadt ausgebaut werden, die sowohl Touristen als auch Einheimischen noch mehr Gelegenheit bietet, auf dem Rad die Landschaft zu erkunden. Auch auf das Downhillen wird verwiesen, die vielen Berghänge um Bozen herum bieten eine Menge Downhill-Strecken mit großem Potential an. Einige dieser, wie der Weg des Kohlerer Bergs, sind sogar europaweit für den herausfordernden Abhang bekannt.
"Downhill-Strecken schaden der Natur"
Es gibt jedoch ein Problem beim Plan, in Bozen das Downhillen aufleben zu lassen: Downhill-Fahren ist auf Bozens Hängen seit 2018 verboten und das laut Rudolf Benedikter, Stadtviertelrat von Gries- Quirein, zurecht. Seiner Aussage zufolge verbot die Gemeinde Bozen auf die Empfehlung der Forst-Behörde hin das Downhillfahren an allen Hängen Bozens mit der Grundlage, „dass für die Ausübung dieses Sports keine Genehmigung vorliegt und dass es auch keine Vorschriften bezüglich der Sicherheit der Wanderer, des Schutzes des Waldes und der Natur im Allgemeinen gibt”. Erfunden ist diese Anschuldigung nicht. Abgesehen von dem Schaden an der Vegetation weiß jeder, der schonmal auf einem Wanderweg einem Downhillfahrer begegnet ist, dass eine falsche Reaktion zu einem gefährlichen Zusammenstoß führen kann. Benedikter befürchtet, „dass durch die Kampagne, Bozen zum neuen Downhill-Mekka zu machen, das Gesetz vergessen wird." Dies würde nach dem Rechtsanwalt irreparable Schäden am Terrain der Bozner Hänge verursachen. Laut ihm reißen Downhillspuren den Boden auf, zerstören Pflanzen und fördern die Erosion: "die Berghänge um Bozen sind empfindlich und Downhill würde den Zustand der Vegetation in diesem Bereich deutlich verschlechtern".
Alleine die Errichtung einer Downhillstrecke auf den Hängen Bozens wäre bereits ein erheblicher Eingriff in die Natur. (Rudolf Benedikter)
Es stellt sich die Frage, ob diese Wege, sofern ausschließlich für Downhillfahrer geöffnet, gesichert und gepflegt, sowie eine Bereicherung für Bozens Tourismus und dessen Sportangebot werden könnten.
Eine für Downhill geschaffene Anlage würde im Idealfall einerseits ganzjährlich beste Konditionen für die Sportler bieten und andererseits die umliegende Vegetation schützen. Jedoch ist dies nach Benedikter nur schwer möglich: „Allein die Errichtung einer Downhillstrecke auf den Hängen Bozens wäre bereits ein erheblicher Eingriff in die Natur“. Er verweist zudem auf Downhillstrecken wie beim Kronplatz im Pustertal, bei der „trotz der professionellen Pistenhaltung der Boden strapaziert wird“. Zudem gäbe es nach Benedikter das Problem, „dass Downhillfahrer sich per Definition ungern an genaue Strecken halten". Auch wenn man eine Strecke vom Kohlerer Berg hinunter errichten würde, wäre die Umgebung trotzdem unmittelbar in Gefahr, "weil die Sportler gern einfach nur den Wald runterbrettern, ohne einer gewissen Linie nachzufahren" . Downhillspuren erkennt man laut dem Rechtsanwalt der Umwelt deutlich an, sie reißen den Boden auf, zerstören Pflanzen und fördern die Erosion.
"Projekt hat großes Potential für Tourismus"
Anderer Meinung ist Johannes von Klebelsberg, professioneller Downhillfahrer aus Südtirol und engagiert beim Projekt, welches Bozens Radfahrinfrastruktur noch tourismustauglicher machen soll. Er sieht im Projekt "ein großes Potential. Bozen wird unter anderem von Touristen aufgesucht, weil man von hier aus alle möglichen Orte in Südtirol erreichen kann". Laut ihm wird somit "Bozen ein Ausgangspunkt für Radfahrer, die dann nach Salurn oder Eppan treten, auf den Bergen mit dem Mountain-Bike Touren abfahren oder über Downhill-Strecken wieder zurück ins Tal gelangen". Zudem meint er, "dass es in diesem Bereich eine große Nachfrage gibt, für das Marketing der Stadt wäre dieses Projekt ein Erfolg". In Bozen gibt es drei Seilbahnen, "dies gibt Touristen und auch Einheimischen die Möglichkeit, mit den Rädern auf den Berg gefahren zu werden, um dann oben eine Runde zu machen oder wieder runterzufahren. Bozen wäre somit eine Art Skigebiet für Radfahrer".
Solange es keine Regelung gibt, wird der Konflikt zwischen Wanderern und Downhill-Fahrern weiter existieren (Johannes von Klebelsberg)
Laut von Klebelsberg ist der Eingriff in die Natur nicht das Problem: "In Südtirol werden große Gebiete abgeholzt, um Skigebiete zu errichten. Die Wege für das Downhillfahren hingegen existieren bereits bzw. benötigen nur wenig Platz". Seit 2018 Downhill um Bozen herum verboten wurde, werden Wanderwege streng kontrolliert und Fahrer bestraft. Laut von Klebelsberg "geht das auch in Ordnung so. Wenn man auf bewanderten Strecken fährt, muss man sich saftige Strafen erwarten. Aber solange in Bozen keine geregelte Downhillstrecke existiert, ist es nur eine logische Schlussfolgerung, dass die Biker alle möglichen Wege befahren. Solange es keine Regelung gibt, wird der Konflikt zwischen Wanderern und Downhill-Fahrern weiter existieren". Genau deswegen betrachtet er es als notwendig, Downhill-Strecken zu organisieren: "Es gibt mehrere Wege, die zum Beispiel auf den Kohlerer Berg führen. Man könnte ohne Probleme einen dieser Wege ausbauen und ihn für Downhiller freigeben. So würden sich Wanderer und Biker auch nicht mehr im Weg stehen".
Man kann erkennen, dass die Meinungen vielfältig sind. Auf der einen Seite erkennt man die tolle Möglichkeit, das Downhill-Fahren um Bozen herum zu regeln und es somit verträglich zu gestalten. Auf der anderen Seite macht man sich Sorgen, wie sehr Natur und Wanderer durch den eigentlich verbotenen Sport benachteiligt werden.
Die Planung von "BikeArena-BZ" läuft indessen auf Hochtouren. Die Stadt mit einem der längsten Radwegnetze Italiens wird also weiter zu einer Radmetropole ausgebaut. Es bleibt abzuwarten, wie das Downhill-Problem gelöst wird. Kreativität und Professionalität sind gefragt. Stephan Kondor will sein Projekt mithilfe von Experten bis September fertiggeplant haben. Erst dann wird es eine Antwort geben auf die Frage, inwiefern Downhill in Bozen mit Mutter Natur und der Wanderschaft vereinbar ist. Vielleicht schlängeln sich künftig neben den zahlreichen Radstrecken auch Downhillstrecken zum neuen "Biker-Mekka" hin. Das Downhill-Verbot besteht weiterhin, doch genauso besteht die Chance, etwas Innovatives zu errichten, das die Gründe für das ursprüngliche Verbot mit einbezieht.