Salvini und Meloni im Jänner 2020
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Politica | Gemeindewahlen

Salvini und Meloni als Heilsbringer

Beide wollen Mario Draghi unter Druck setzen. Ein aussichtsloses Unterfangen.

Nach der Wahlschlappe der Lega übt sich Matteo Salvini in gewohnten Drohgebärden. Statt nach den Ursachen für die Niederlage seiner Partei zu forschen, startet er einen Frontalangriff auf Regierungschef Mario Draghi, der den Text zur Grundbuchsreform noch nicht vorgelegt habe. Es handelt sich nur um einen Vorwand, der vom Wahlergebnis ablenken soll. Hintergrund der unnützen Polemik: seit Mario Draghi in den römischen Chigi-Palast eingezogen ist, hat er viele Untugenden der Parteienwirtschaft abgeschafft. Dazu gehört jene, Gesetzesvorschläge des Kabinetts unter der Hand herumzureichen, bevor sie ins Parlament kommen. Aus Protest gegen die vermeintliche Verspätung nahmen die Lega-Minister nicht an der Regierungssitzung teil. Offenbar suchte Salvini einen Vorwand, um von der Niederlage seiner Partei abzulenken und in Draghi einen vermeintlichen Schuldigen zu suchen. Ein Vorgang, der den Regierungschef irritierte.

Denn der Premier weiss zu gut, dass er im Parlament auch ohne Stimmen der Lega auskommen kann. Nach der Wahlschlappe suchte Salvini lediglich einen Anlass für Drohgebärden. Der Zeitpunkt dafür ist denkbar schlecht gewählt, denn eine Regierungskrise im semestre bianco ist von der Verfassung untersagt. Und das Halbjahr bis zur Wahl des neuen Staatspräsidenten, das Regierungskrisen mit Neuwahlen untersagt, hat bereits begonnen und gewährt Draghi Sicherheit. Mit anderen Worten: Salvini sind bis Ende Jänner die Hände gebunden. Was ihm und seiner Verbündeten Meloni dagegen zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass die Hälfte der italienischen Wähler bei diesem Urnengang zuhause geblieben ist. Offenbar fand sie kein ausreichende Motivation dafür, ihre Stimme abzugeben. Ein Alarmsignal für die Zukunft der Demokratie. Viele der Bürgermeisterkandidaten glänzten nicht durch sinnvolle  Ideen oder zukunftsträchtige Vorschläge, sondern waren Ausdruck der üblichen Parteibuch- und Klientelwirtschaft. Nichts könnte diesen Tatbestand besser beleuchten als die Schlappe des Rechtsbündnisses in Italiens Wirtschaftsmetropole Mailand - einer Hochburg der Lega. Wo die Allianz ausserstande war, einen zugkräftigen Kandidaten zu präsentieren und der amtierende PD-Bürgermeister leichtes Spiel hatte.

Eine durch viele Monate der Pandemie zermürbte Wählerschaft, der  eine hohe Zahl unfähiger Kandidaten mit dem vermeintlich richtigen Parteibuch vorgesetzt wurde, wollte dieses Spiel nicht mitmachen und blieb schlichtweg zuhause. Die Wahlsiegerin Giorgia Meloni und ihr verbündeter Partner Matteo Salvini haben als selbsternannte Heilsbringer eines gemeinsam: beide sind länger in der Politik als Silvio Berlusconi. Meloni  seit 1992 mit dem Eintritt in den faschistischen Fronte della Gioventù, Salvini seit 1993 mit seiner Wahl in den Mailänder Gemeinderat.  Über ihn darf man zudem nach  einem Urteil des Gerichts von Bergamo ungestraft behaupten, dass er in seinem Leben nie gearbeitet hat. Kein beneidenswertes Etikett. Dass dieser Mann die Regierung jetzt zu stürzen versucht, scheint grotesk.  Draghi Antwort freilich könnte unmissverständlicher kaum sein. Die Regierung orientiere sich an dem mit der EU vereinbarten Reformplan. Der Premier sarkastisch: "iI governo va avanti e non segue il calendario elettorale. "