BESUCH IN DER BASIS
Boah, was hab ich Zeit, diesen Text zu schreiben. Nicht.
„Es wurde nicht die BASIS beschädigt, die beschädigten Gebäude sind doch gar nicht genutzt, ich kapiere mal gar nicht worum es da eigentlich geht, was regt dich das so auf, trink deinen Kakao und halt's Maul.“
Guten Tag zwei. Es ist Mittag, ich bin müde. Wir waren gestern Abend in Schlanders. Vor der Basis. Haben an- und ausgesprochen. Haben gedacht und haben solidarisiert. Die Schlanderer, Bozner, Meraner, Brixner, Sterzinger Winde und die ganzen anderen auch. Heute schreibe ich Rechnungen, habe schon ein Layout fertig gemacht und bin doch nur halb bei meiner Sache. Meiner? Deiner? Unserer? Großes Boh.
Beeindruckt hat mich im Speziellen die Rede vom Opa, der erzählt hat, was da früher, zu seines Vaters Zeiten so abgegangen ist im Vinschgau, über Zeiten als die Kasernen einen Grund hatten. Niemand in der BASIS ignoriert diese Schwere. Über Zeiten, wie wir sie gerade jetzt haben und der eingängigen Bitte, nicht still zu sein und einfach so hinzunehmen, was passiert ist. Die Oma hat davon erzählt, wie sie dem Opa auch mal sagen musste, er wäre doch selbst einmal jung gewesen als da in dem Schlanders ein bisschen lautere Musik gespielt wurde. Zu guter Letzt die Tochter der zwei und selbst Mamma von weiteren drei Kindern, die auch von der Reaktion ihrer perplexen Tochter erzählt hat, die da sehr wohl mitbekommen hat, was die Freaks da aufführen.
„… Mir probieren, den Dialog wiederherzustellen – um die Ideen und die Möglichkeiten einer sozialökologisch nochholtigen und verträglichen, organischen Entwicklung integrativ mit den Ideen um das Areal zu verbinden und es oanfoch noamol zu verbessern. Es progressiv und positiv zu denken. Und sell isch inser Job, isch inser Unliegen als Plottform. Eben. Net in de Aktionismen zu verfollen und diesem "getrieben sein" nochzugehen, sondern eben do zu schauen, dass man des bestmöglichst gemeinsam weiterentwickeln konn, weil jo. Sunst steamer vor vollendete Totsochen – wos net inser Wunsch isch. Danke.“ - Hannes Götsch
Ich habe heute Zeitungen gekauft. Zwei. Mäh. Zum Keschtn braten taugen die vielleicht. Probiere ich. Vielleicht (!) murmele ich (gewaltfreie) Verwünschungen gegen diese staubige alte Partei, die immer noch meint, ihre schweren patriarchalen Penisse auf den Tisch knallen zu können, in der Überzeugung, dass dann Ruhe wäre.
Was ich hier aus meinen kribbelnden Fingern laufen lassen muss: Lässt dich das wirklich kalt, du Südtirol? Geht so etwas an dir vorbei? Darf so etwas passieren? Soll ich Sure in rauen Mengen spritzen, damit das Gras schneller darüberwächst? Zeckenschutzmittel gefällig? Boh.
Ich bin zurückgekommen. Weil ich da was bei Besuchen gespürt, gehört, gesehen habe. Da geht was, dachte ich. Gestern sagte ich in meiner Ansprache noch, meine Erinnerung könnte auch nicht wahr sein. Aber ich bin sicher, bei meiner Rückfahrt aus einem anderen Leben, das ich mal irgendwo geführt habe, daran gedacht zu haben, auf was ich mich freue.
Heute bin ich mir sicher, dass ich mich auf die BASIS gefreut habe. Zu sehen, wie sie sich so macht, was sie macht und was das ganze bedeutet.
Dies ist eine Ausschüttung. Muss es ablegen und wünsche mir, dass es wahrgenommen wird? Ich schreibe das für mich. Logisch. Hilfreich. Ich schriebe das allerdings auch, weil ich nicht alleine bin. Die Abrissbirne hat vermutlich nicht daran gedacht, was sie da für einen neoliberalen Terror betreibt und welcher kritischen Masse sie, da überhaupt das Habitat verbauen will und sprichwörtlich die Perspektive, Grund zurückzukommen und Visionen, Möglichkeiten unter den Füßen wegbaggern will. Kleiner Hinweis: Südtirol ist nicht die Welt. Und nein, ich bin nicht so dumm zu denken, dass das alles jetzt globales Ausmaß hätte. Wobei. Doch, irgendwie schon. Kennt ihr noch den Begriff ZEITGEIST, klingelt da etwas? Ich beantworte nun die anfangs stehende fiktive Frage in den Köpfen der Uninformierten: Mit dem stehenden Social Activation Hub hören die Visionen des Teams und der Teams um das Team nicht auf. Dieses Projekt inspiriert andere, ohne dabei stur und verbissen zu sein. Die Arbeit dort oben und da drüben und die, die an anderen Orten noch gar nicht angefangen ist, wird nie getan sein. Die Arbeit, die Südtiroler Vergangenheit zu verarbeiten, den Status Quo gehörig zu hinterfragen und auch disponibel zu sein, sobald manche anfangen sich einzugestehen, dass sie aus der Zeit gekugelt sind.
Die Tragweite dieses Aktes eröffnet Fragediskussionen in der ganzen Provinz. Allerlei Fragen. Fragen, auch über die Zukunft der weiteren Kasernenareale im Land und ob und wie die denn genutzt werden. Hat man da überhaupt das Geld, Expertise einzuholen (Vorzugsweise von außerhalb, weil das ist ja immer besser). Geld braucht es, aber spart euch das Auslandstelefonat. Das Know-how sitzt im wirklich prächtig entwickelten und sich immer weiter entwickelnden, operativ tätigen Social Activation Hub BASIS Vinschgau Venosta.
„… nor klotschen se dor sowos vor die Nos. Und sell net über Argumentation oder über Diskussion oder Diskurs, na. In a fucking Nocht & Nebelaktion, wo se mit Bagger und Puz auffohrn.“ – Simon Mariacher
BASIS, du bist ein Grund, dass Südtiroler*innen im Ausland beim obligatorischen Freunde und Familienbesuch schnuppern, ob es mittlerweile Perspektiven für Junge Leute gibt. Ob man mit dem Gedanken spielen sollte, zurückzukommen. Ob es doch nur die desilusionierte Zwischenlandung darstellt. Oder ob man bereit ist für ein ewiges „should i stay or should i go“ zwischen Giggerle und lieblichem Schunkeln, weil ja im Grunde doch alles so schön hier ist. Nicht.
Seid euch versichert, dass hier vor Ort junge Leute sind, die einen Lebensentwurf leben wollen, der sie nicht zu stummen Marionetten macht. Die mitmachen, die produzieren, sich die ganze alte Scheiße von Leib und Seele tanzen, schreiben, singen und trotzdem nicht hirntot in eine Gentrifizierungsmaschine hineinlaufen, sich nicht nach einer schwindligen und scheinheiligen Normierung beugen lassen. Sich verwirklichen wollen. Junge Leute, die gestalten und sich gegenseitig zu Wachstum helfen (nein nicht das Kontowachstum) seid euch gewiss, dass diese jungen Leute ein Leben leben, welches behutsam mit der Vergangenheit umgeht und verantwortungsvoll in der Gegenwart steht und ziemlich vertattert in die Zukunft blickt, weil man ja doch den Konsens gefunden hatte, auch mal an nachfolgende Generationen zu denken, statt immer nur an den eigenen Vorteil.
„… Wo Krieg isch werd niemals wos gian, ober in der Basis olm die Bluamen bliahn. Ach Leit seit zuanonder fein, es gib lei oane Zeit. Wenn die jemand frog wo i bin, sog ihm i hon a Lochn im Gsicht. Bin auf und dovun und des Fuier brennt in mir …“ – Matthias Prieth
Schreiben möchte ich schon noch viel mehr, aber wie schon von Anfang an beschrieben kostet das Zeit. Die nehm ich mir immer, da ist mir keine Ausrede recht. Ich gebe mich für heute allerdings zufrieden. In den Fingern kribbelt es nicht mehr so stark. Wer weiß, was in und nach diesen 30 Tagen Baustopp noch so alles passiert oder nicht unbeobachtet passieren gelassen werden kann.
Informiert euch bitte, haltet die Ohren steif & auf Wiedersehen.