Politica | Verwaltungsgericht

Die Cavallarie

Drei Wahlgänge brauchte es, um den neuen Richter am Verwaltungsgericht zu finden. Mit Fabrizio Cavallar entsendet man einen weiteren Landesbeamten in die Gerstburg.
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Foto: LPA
Das Bozner Verwaltungsgericht kann stolz auf ein Primat sein.
Es dürfte das einzige ordentliche Gericht in ganz Italien – wenn nicht in Europa - sein, in dem kein einziger Berufsrichter sitzt. Dass man die Verwaltungsgerichtsbarkeit lieber in die Hände von Landesbeamten als in jene von Berufsrichtern legt, hat am Donnerstag der Südtiroler Landtag eindrucksvoll bestätigt.
Der Landtag hat den bisherigen Leiter des Rechtsdienstes für das Territorium in der Landesverwaltung Fabrizio Cavallar zum neuen Richter am Bozner Verwaltungsgericht designiert.
Es ist eine Ernennung mit einer bewegten Vorgeschichte.
 

Die Auswahl

 
Mit 11. Oktober 2021 ging der Bozner Verwaltungsrichters Terenzio Del Gaudio in Rente. Der ehemalige Kommandant der Bozner Finanzwache war im September 2000 vom Südtiroler Landtag zum Verwaltungsrichter bestimmt und wenig später vom Staatspräsidenten per Dekret ernannt worden.
Seine Nachbesetzung steht dem Südtiroler Landtag zu. Genauer gesagt den italienischen Landtagsabgeordneten. Dabei wurde zum zweiten Mal ein neues Auswahlverfahren angewandt. Eine Kommission prüfte die Eignung der Kandidaten und Kandidat. Diese Kommission bestand aus: Dem Südtiroler Staatsrat Thomas Mathá, Giuseppina Adamo, Sektionspräsidentin am Verwaltungsgericht Apulien, dem Professor für Verwaltungsrecht an der Universität La Sapienza, Marcello Clarich und dem Bozner Anwalt Christoph Trebo.
 

 Die Auswahlkommission prüfte die Bewerbungen von insgesamt 17 Personen. Acht Bewerberinnen und Bewerber wurden zur Anhörung geladen. Eine davon zog sich vorher zurück. Aus den sieben Kandidatinnen und Kandidaten ermittelt die vierköpfige Kommission letztlich zwei Geeignete.
Fabrizio Cavallar, Direktor des Rechtsdienstes für das Territorium in der Landesverwaltung und Carlo Busato, langjähriger Richter am Landesgericht Bozen.
 

Das Problem


Doch dann tauchte ein rechtliches Problem auf. In den gesetzlichen Bestimmungen steht wörtlich: „Eine weitere Voraussetzung für die Ernennung ist ein Alter von mindestens 40 und höchstens 60 Jahren“. Fabrizio Cavallar aber hat mit 24. Jänner 2022 das 60. Lebensjahr erreicht. Damit müsste der Landesbeamte eigentlich aus dem Rennen sein.
 
 
 
Landtagspräsidentin Rita Mattei gab daraufhin ein Rechtsgutachten in Auftrag. Das Ergebnis: Fabrizio Cavallar kann ernannt werden, weil er beim letzten Termin zur Einreichung der Gesuche, noch nicht 60 Jahre alt war.
Damit kommt es zu einem Stechen zwischen Carlo Busato und Fabrizio Cavallar.
 

Drei Wahlgänge

 
Nachdem die Kür bereits seit zwei Monaten fällig ist, treffen sich die italienischen Landtagsabgeordneten am Donnerstagmorgen zur Wahl. Weil Rita Mattei krankheitsbedingt abwesend ist, stimmen nur sieben italienische Landtagsabgeordnete ab.  In der Abstimmung bekommt Fabrizio Cavallar 4 und Carlo Busato drei Stimmen. Nach der Geschäftsordnung des Landtages und nach der entsprechenden Durchführungsbestimmung muss ein Kandidat oder eine Kandidatin aber die absolute Mehrheit der italienischen Abgeordneten im Landtag erreichen, nicht der Anwesenden. Das heißt es braucht 5 Stimmen.
 
 
Weil Cavallar damit die Mehrheit nicht erreicht hat, wird die Wahl wiederholt. Es kommt aber zum selben Ergebnis. Inzwischen beginnt die Landtagssitzung deshalb unterbricht man die Wahl.
Cavallar setzt sich im dritten Wahlgang mit 5 zu 2 Stimmen gegen Carlo Busato durch.
Kurz nach 12 Uhr setzt man dann den dritten Wahlgang an. Diesmal erhält Cavallar 5 Stimmen und Busato zwei Stimmen. Ein Busato-Befürworter hat damit Kandidat gewechselt.
Wie vorgesehen stimmt der Landtag am Donnerstagnachmittag dann über die Vorentscheidung ab. Fabrizio Cavallar wurde mit 19 Stimmen zum neuen Verwaltungsrichter ernannt. 13 Abgeordnete haben nicht für den neuen Richter gestimmt.
Fabrizio Cavallar wird demnach auf Vorschlag des Ministerrates – sollte der oberste Richterrat der Verwaltungsgerichtsbarkeit ein positives Gutachten geben – vom Staatspräsidenten per Dekret ernannt werden.