Politica | Gemeindewahlen

Innichner Wahlkampfleiden

Vier Listen treten in Innichen an. Zwar ist die Diskussion ums Krankenhaus abgeebbt. Dafür sorgen neuer Zwist und ethnische Spannungen für Unfrieden im Ort.

In Innichen liegt kurz vor den Gemeinderatswahlen am Sonntag Spannung in der Luft. Zum ersten Mal bewirbt sich mit Rosmarie Burgmann eine Frau im Hochpustertal für den Bürgermeistersessel. Sie fordert den amtierenden Bürgermeister und SVP-Kandidaten Werner Tschurtschenthaler heraus. Die Freiheitlichen, die bisher einen Gemeinderat stellten, kandidieren nicht mehr. Dafür gibt es 2015 gleich zwei Bürgerlisten der italienischsprachigen Bevölkerung. Und obwohl die Landesregierung vorzeitig beschlossen hat, die Geburtenststation in Innichen zu schließen, bleibt das Krankenhaus DAS Wahlkampfthema. Alle vier Listen wollen sich für den Erhalt des Spitals einsetzen. An diesem Punkt endet aber auch schon die Eintracht.


Vier Listen und viel Stunk

Ein anderes Thema sorgt nämlich dafür, dass der Dorfsegen in Innichen so kurz vor den Wahlen gewaltig schief hängt. Seit Anfang April ist klar, dass bei den diesjährigen Gemeinderatswahlen neben der SVP erstmals drei Bürgerlisten antreten werden. Einerseits die Bürgerliste Innichen - Lista Civica San Candido mit Bürgermeisterkandidatin Rosmarie Burgmann. Weiters der aktuelle Koalitionspartner der SVP, die Liste Noi per San Candido - Wir für Innichen, mit dem amtierenden Gemeindeassessor Fabio Mitterhofer als Spitzenkandidat. Und schließlich eine neue, italienische Liste mit dem Namen INTICA (Idea Nuova Tutti Insieme Convivendo Armoniosamente). So weit, so gut. Doch es herrscht dicke Luft, insbesondere zwischen den beiden italienischsprachigen Bürgerlisten.

INTICA wurde von einigen Abtrünnigen von Noi per San Candido ins Leben gerufen, als die internen Kontroversen und der anscheinend unerfüllte Wunsch nach Veränderung bereits im Februar die Oberhand gewannen. “Missverständnisse, Neid und persönliche Fehden haben dazu geführt, dass der Wunsch nach Einigkeit der italienischen Sprachgruppe nicht erfüllt werden konnte”, heißt es aus den Reihen der Liste Noi per San Candido. “Unsere politischen Visionen basieren auf Programmen und nicht auf Neid und persönlichen Fehden”, kontert INTICA auf Facebook.


Wahlkampf auf Kosten des Dorffriedens

Doch insbesondere Noi per San Candido-Listenführer Fabio Mitterhofer ist ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Schläge unter die Gürtellinie bleiben nicht aus. Mitterhofer selbst, aber auch weitere Kandidaten seiner Liste werden im Dorf verbal angegriffen. “Dobbiamo distruggerlo”, solche und andere Attacken hört man auf den Innichner Straßen. Aber auch die Bürgerliste von Rosmarie Burgmann bekommt ihren Teil ab. Als bekannt wird, dass sie ein Reststimmenabkommen mit Fabio Mitterhofer und seiner Liste unterzeichnet hat, werden schwere Geschütze aufgefahren. Einen “Pakt mit den Faschisten” sei Burgmann eingegangen.

Viele InnichnerInnen spüren die Kluft, die nicht nur durch die Sprachgruppen, sondern durch die gesamte Bevölkerung geht. “Jemand will einen Keil in unsere Gemeinde treiben. Dabei haben wir bisher ein so gut gelebtes Miteinander gehabt”, so Stimmen aus dem Dorf. Auch Bedauern darüber, dass sich die italienischen Mitbürger im Vorfeld der Wahl nicht einigen konnten, wird laut. So groß ist die italienische Sprachgruppe nämlich nicht mehr in Innichen – von 300 potentiellen Wählern und Stimmen ist die Rede. Und wenn sich diese nun auf zwei Listen aufteilen, droht die italienische Bevölkerung ihre Vertretung im Gemeinderat zu verlieren. Dabei setzt sich gerade INTICA für eine Einbeziehung der italienischsprachigen Mitbürger in Arbeitsgruppen und zukünftige Initiativen für das Krankenhaus ein. Bisher waren dort keine Vertreter der italienischen Sprachgruppe involviert.


Anpacken, um zu retten, was sich zu retten lohnt

“Es braucht eine neue Diskussions- und Gesprächskultur im Ort”, ist Rosmarie Burgmann überzeugt. Ihr Engagement für die Rettung des Innichner Krankenhauses – Burgmann war von Anfang an in der Initiativgruppe Pro Krankenhaus Innichen aktiv – hat sie gelehrt: “Man muss auch Menschen ansprechen und zuhören, die andere Meinungen haben.” Als Bürgermeisterkandidatin will sie sich dafür einsetzen, dass die Anliegen der Menschen, die sie unmittelbar betreffen, wieder mehr berücksichtigt werden. “Denn die tagtägliche Arbeit ist bisher vernachlässigt worden”, so ihr kleiner Seitenhieb auf den amtierenden Bürgermeister Tschurtschenthaler. Dieser war übrigens für salto.bz in den letzten Tagen nicht zu erreichen.

Fest steht, dass Tschurtschenthaler auf die Unterstützung der Liste INTICA zählen kann. Als “unabhängige Bürgerliste”, wie die INTICA-Kandidaten betonen, legen sie ihren Wählern nahe, sich mit der Idee von Tschurtschenthaler als alten und neuen Bürgermeister anzufreunden. Noi per San Candido hingegen hat keine Wahlempfehlung für einen der beiden Kandidaten abgegeben, ist aber – wie erwähnt – die Listenverbindung mit der Bürgerliste Innichen eingegangen. Welche Chancen rechnet sich Rosmarie Burgmann in dieser nicht ganz einfachen Situation aus? “In den Augen vieler Bürger hat Werner Tschurtschenthaler als Bürgermeister der Mehrheitspartei bisher gute Arbeit geleistet. Er ist nicht zu unterschätzen, daher bin ich mit Prognosen vorsichtig”, gesteht sie. “Außerdem bin ich eine Frau. Und dazu noch für viele von der falschen Partei. Es wird nicht einfach werden.” Nicht einfach wird es auch für die zukünftigen Gemeindepolitiker werden, den Sprung in der Dorfgemeinschaft zu kitten, der sich in der Vorwahlzeit aufgetan hat. Bevor er noch tiefer wird.