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"Wir haben unseren Stil"

Die Band "Heating Cellar" sieht auch positive Aspekte in der Krise.
Heating Cellar
Foto: Heating Cellar

Das Treffen mit Hannes Huber und Jakob Gebert findet in einer Wiener WG statt. Der dritte der Runde, Isidor Gasser, studiert in Florenz, die Anreise wäre wohl etwas weit für ein Interview gewesen. Das problemlose Zusammenspiel auf Distanz, das unter anderem durch die beschleunigte Digitalisierung im vergangenen Jahr vorangetrieben wurde, zeigt einen positiven Aspekt der Krise. Im Interview werden die beiden Bandmitglieder von „Heating Cellar“ das vergangene Jahr Revue passieren lassen, über den Trump-Song sprechen und über die Lust, bald wieder auf einer Bühne zu rocken.

 

 

salto.bz: Die negativen Auswirkungen der Pandemie werden auf und ab diskutiert. Aber jede Krise bringt auch Positives. Was nehmt Ihr aus dieser Zeit mit?

Jakob Gebert: Bezüglich Musik sehr viel, natürlich nicht im Sinne von Veranstaltungstechnik und Interaktionen mit dem Publikum. Künstler sehen in Krisen obendrein eine Zeit der Inspiration, in der sich neue Möglichkeiten öffnen, unbekannte Wege entdeckt werden und Selbstentfaltung stattfinden kann. In den meisten kreativen Bereichen passiert vieles, die Leute nutzen die Situation und warten nur darauf, endlich wieder loszulegen.

Und was bedeutet das vergangene Jahr für Euch als Band?

Hannes Huber: Wir hatten nur zwei Möglichkeiten: Entweder nichts machen oder ins Studio gehen. Wir sind ins Studio gegangen, haben zwei Lieder aufgenommen und sie mit der Welt geteilt. Aber unsere Musik lebt von Live-Auftritten. Das fehlt uns extrem! Wir wollen auf der Bühne und nicht im Internet sein. Um wieder ins Studio gehen zu können, sind wir kreativ geworden und haben zum Beispiel T-Shirts drucken lassen. Damit bringen wir wieder etwas Schwung in die Bandkassa. Wir probieren präsent zu sein und mit den Menschen über soziale Medien zu interagieren, aber das braucht sehr viel Zeit und ist nicht immer so leicht, wie man es sich vorstellt.

Andere werden einige Zeit brauchen, bis sie sich in der Masse wieder wohl fühlen und unbeschwert bewegen können.

Volle Konzertsäle sind derzeit unvorstellbar, in einigen Ländern werden erste „Experiment-Konzerte“ mit Sicherheitskonzept durchgeführt. Wie schätzt Ihr die Situation ein, geht es danach weiter wie davor?

Jakob: Ich kann die Situation schwer einschätzen: Bei einigen wird es einen Aufschwung an Veranstaltungslust geben, andere werden einige Zeit brauchen, bis sie sich in der Masse wieder wohl fühlen und unbeschwert bewegen können.

Hannes: Ich glaube, dass mehr Menschen wie vorher Konzerte und Veranstaltungen besuchen werden. Vieles hängt sicher damit zusammen, ob alle Entscheidungsträger*innen eine Veranstaltung als sicher einstufen, erst dann kann eine Situation, die vergleichbar mit dem Zustand vor der Pandemie ist, eintreten. Die Kulturszene blieb in der vergangenen Zeit nicht untätig, es wurden einige vielversprechende Konzepte für Kulturveranstaltungen vorgelegt, die alle abgelehnt wurden.

Jakob: Die Verhältnismäßigkeit vieler Maßnahmen ist sicher skeptisch zu betrachten. Warum die Menschen in einem vollen Flugzeug nach Mallorca fliegen dürfen, aber ein Theater- oder Kinobesuch mit Sicherheitskonzept nicht erlaubt ist, erschließt sich mir nicht.

Wenn wir alle in Südtirol sind, proben wir intensiv und jetzt hoffen wir auf Konzerte im Sommer.

Verarbeitet Ihr die Pandemie in Euren Texten?

Jakob: Nicht direkt, aber klarerweise ergeben sich daraus Themen wie Verantwortung gegenüber anderen und Respekt.

 

Heating Cellar - No Empathy (Cellar Session) byebye D. Trump

 

In Eurem letzten Song geht es um Trump.

Hannes: Ja, das war das zweite Lied, das ich jemals geschrieben habe. Aus Frust über Trump`s Wahlsieg habe ich damals zur Feder gegriffen. Vier Jahre später mit dem Sieg von Joe Biden, habe ich das Lied wieder ausgegraben, wir haben begonnen zu proben und innerhalb 24 Stunden war das Lied samt Video fix und fertig. Wir haben alles selbst gemacht vom Filmen bis zum Schneiden, das merkt man auch an einigen Stellen (lacht).

Auch Ihr persönlich habt Euch weiterentwickelt.

Hannes: Ich wollte schon immer nach Wien zum Studieren und Jakob hat nach einem kurzen Aufenthalt in München nach Wien gefunden. Isidor ist in Florenz am Studieren, das ist schon weit weg von Wien, aber wir sind virtuell so gut wie immer in Kontakt. Wenn wir alle in Südtirol sind, proben wir intensiv und jetzt hoffen wir auf Konzerte im Sommer. Eines wollen wir in Bozen machen, danach müssen wir schauen, inwieweit Festivals, deren Line Up seit 2020 steht, noch eine Bühne für neue Bands haben. Ansonsten werden wir im Sommer wieder einiges produzieren und im Herbst neues Material veröffentlichen. 2020 hatten wir ein Konzert.

Wo denn?

Hannes: Wir sind bei Steinegg Live im Rahmen der Newcomer aus Südtirol aufgetreten. Die hatten ein ausgezeichnetes Sicherheitskonzept mit dem Nachteil, dass das Publikum nur sitzen konnte. Das ist bei unserer Musik etwas ungewöhnlich (lacht). Wieder auf der Bühne zu stehen, war wunderschön.

 

 

Euren Musikstil beschreibt Ihr als Mischung zwischen Punk und Grunge-Rock. Wie ist diese Szene in Südtirol?

Jakob: Anfangs wussten wir noch nicht so genau, wo wir uns als Band eingliedern. Ich traue mich zu behaupten, dass wir bereits als junge Band unseren eigenen Stil gefunden haben. In Südtirol gibt es eine Szene, in der man sich kennt, austauscht und versucht sich gegenseitig zu pushen.

Hannes: In Wien, der Stadt die immer schon Musiker angezogen hat, haben wir auch einiges vor. Am Gürtel ist immer in einem Lokal Live-Musik (natürlich in Nicht-Corona-Zeiten), das kann man sich anderswo gar nicht vorstellen. In Südtirol muss man gefühlt den Landeshauptmann fragen, bevor man irgendwo spielen darf.

In Südtirol gibt es eine Szene, in der man sich kennt, austauscht und versucht sich gegenseitig zu pushen.

Der Bandname „Heating Cellar“ kommt davon, dass der Heizungskeller ursprünglich Euer Proberaum war. Trifft das noch zu?

Jakob: In Südtirol ja, wir sind unseren Wurzeln treu geblieben. In Wien haben wir keinen Heizungskeller, aber dafür hoffentlich bald einen Proberaum (lacht).