Cultura | Literatur

Können Bücher Grenzen versetzen?

Immer mehr Autoren mit Migrationshintergrund erobern den Büchermarkt. Sie sind darauf aus uns die Augen zu öffnen.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Südtirol wird von Migranten quasi überschwemmt. Von "Lampedusa der Alpen" wird gesprochen. Nichts wissen wir von ihnen. Warum es sie hierher zieht. Wovon sie weglaufen. Der seit Jahrzehnten im holländischen Exil lebende Iraner Kader Abdolah erzählt von Heimatlosen und Vertriebenen auf der Suche nach ihrer eigenen Vergangenheit. Zehn Jahre nach seinem Erfolgsroman "Das Haus an der Moschee" sind seine Erzählungen aktueller denn je.

Auch wenn das Gedächtnis trügt und Erinnerungen oft täuschen, muss es doch einen Rest von Wahrheit geben in dem Ganzen das man dort zurück lies. Dort, das ist das Land aus dem man weck wollte aber das trotzdem Heimat ist. Jetzt, hier, in einem Land, dass man nicht kennt, versuchen die Menschen eine neue Identität, ein neues Ich zu finden. Sonst wäre doch jeder in seiner Trauer und Einsamkeit verloren und die Menschen wären gefangen in ihrem Unglück. Doch sie wollen unbedingt aus ihrem Unglück herauskommen. Genau das hat Kader Abdolah nur geschafft, weil er von den Geschehnissen im Iran erzählte und das Erzählte aufschrieb. So wie es die Protagonisten in seinen Romanen auch versuchen. Während sie so sich selbst besser verstehen lernen, sollen auch wir, diese Welt, die uns so fremd erscheint, die es jedoch gar nicht wirklich ist, besser verstehen lernen. 

Unter dem Pseudonym Kader Abdolah schreibt der gebürtige Iraner seit den 90er Jahren bereits Romane und Kurzgeschichten in Niederländisch, der Sprache seines Exillandes. 1985 musste er aus einem Heimatland fliehen, da er als Anhänger eine Untergrundbewegung gegen die Schah Diktatur und später gegen die des Ajatollahs kämpfte. Drei Jahre später kam er in die Niederlande, wo er neben seinen Romanen noch eine Kolumne für die Tageszeitung "De Volkskrant" schrieb und den Mundial Award für seine Verdienste auf dem Gebiet der Völkerverständigung, Freiheit und Sicherheit erhielt. Sein Buch "Das Haus an der Moschee" wurde auf Platz zwei der besten niederländischen Bücher aller Zeiten gewählt, denn in diesem Land, das so vielen Glück verheißt, erinnert Kader Abdolah beharrlich an das tragische Lebensgefühl der Immigranten, das auch seines geblieben ist. 

Ein unverkennbares Merkmal seiner Literatur ist, dass Abdolah niederländische und westliche Schriftsteller, deren Gedichte und Erzählungen neben, denen aus seinem Heimatland zitieret. Er konzentriert sich auf die Lebensgeschichte der Immigranten, die auch seine eigene ist, zwischen zwei Kulturen. Seine Geschichten sind beheimatet im Iran und in seinem Adoptivland, die Niederlande. Er erzählt über das Leben in der Diaspora.

Die Verwendung von Hinweisen aus zwei verschiedenen literarischen Traditionen erzeugt die Grundlage einer Art interkulturellen Kommunikation. Seine Erzählungen kreieren eine neue Welt, die beide Kulturen miteinander verbindet. Die zwischen diesen beiden Kulturen vermittelt. Diese Realität kennt keine ethnischen Gruppen, weil sie Elemente, die uns als Leser bekannt sind, und zugleich auch Worte und typische Elemente aus der persischen Literatur und Zitate aus dem Koran verwendet. Er benutzt sein Exil nicht um die Unterschiede, sondern die offensichtlichen Beziehungen zwischen den verschiedenen Kulturen und deren Geschichte zu beweisen. 

Genau das ist meiner Meinung nach, das was nötig ist um ein besseres Verständnis für die verschieden Schicksale der Flüchtlinge zu bekommen, die mit soviel mehr Neuem und Unverständlichem konfrontiert werden als wir. Sie haben noch keine Stimme um von ihrer Not zu erzählen und somit ihrem Unglück Gehör zu verschaffen. Deshalb braucht es Mutige wir Kader Abdolah, der für sie über das Erlebe schreibt. Seine Bücher, auch wenn sie für die meisten hier in Südtirol noch unbekannt sind, sind alle ins Deutsche und Italienische übersetzt worden und sogar in einem kleinen Laden in meinem Heimatdorf Naturns erhältlich. Nicht nur Niederländische und Deutsche Autoren mit Migrationshintergund finden wir in unseren Buchhandlungen, sondern vermehrt auch Italienische. Diese nordischen Länder haben 20 Jahre mehr Erfahrung, als wir in Italien, wenn es um Integration von Gastarbeitern und Immigranten in ihre Gesellschaft geht. Wie man auch an der Anzahl der Autoren mit Namen wie Abdelkader Benali und Hafid Bouazza sieht, die alle in der Sprache ihres Adoptivlandes schreiben, das Land das für sie Heimat geworden ist.  Jetzt ist auch für uns die Zeit um aufzuholen und mit deren Augen die Welt zu sehen.