Politica | Teil 1/2 Uni '28

Quo Vadis, Studium?

Zahlreiche Blitzstatements von sechs bis sieben Parteivertretern wurden am gestrigen Abend von der sh.asus eingeholt. Das Thema: Das Studium in Südtirol im Jahr 2028.
Studium, Podiumsdiskussion
Foto: Privat
Von links nach rechts waren im breit gefächerten Podium im Bozner Kolpinghaus vertreten: Otto Mahlknecht (Die Freiheitlichen), Sabine Giunta (Die Grünen), Paul Köllensperger (Team K), Philipp Achammer (SVP), ein zu Beginn abwesender Marco Galateo (Fratelli D’Italia), Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), sowie Jacopo Cosenza (Movimento 5 Stelle, i. V. Sandro Repetto des PD). Eine angekündigte aber nicht namentlich benannte Vertretung der Lega Südtirol blieb aufgrund kurzfristiger Absage aus und auch Forza Italia konnte in der Kürze der Zeit nicht für den Abend gewonnen werden.
Das „dynamische Konzept“ der sechs Fragerunden setzte dabei mehr auf Quantität als auf Qualität: Die Kandidatin und die Kandidaten, welche sich im Herbst den Landtagswahlen stellen wollen hatten je eine Minute Zeit, einen Lösungsansatz oder ihre Meinung kundzutun, dann erklang ein Störsignal, nach welchem dann zum Teil „lassen Sie mich nur noch diesen Satz zu Ende bringen“ und der Rattenschwanz eines Schachtelsatzes folgte. Eine Podiumsdiskussion, wie angekündigt, war dies freilich nicht, der Austausch zwischen den Kandidat:innen beschränkte sich auf „ich stimme dem soeben gesagten zu“, oder „das sehe ich nicht so“. Es moderierten die Vorsitzende der sh.asus, Ariane Benedikter, sowie Magdalena Scherer, Mitglied der Sektion Bozen-Brixen-Bruneck (sh.asus bbb), welche besonders für die italienische Übersetzung von Fragestellungen zuständig war.
 

Wie stellen Sie sich die akademische Welt in Südtirol 2028 vor?

 
Bildungslandesrat Philipp Achammer sah „die kleine, feine Universität“ nicht auf dem Weg zum mehr, trotz nahender Fakultäten. Er sah Notwendigkeit vor allem beim Schaffen guter Rahmenbedingungen und lebenswerter Universitätsstädte, im gut Wohnen, Feiern und studentischen Leben.
Jacopo Cosenza sah die größte Herausforderung in der Vorbereitung der Studierenden auf die Praxis der Arbeitswelt, gerade in Hinblick auf die neuen Fakultät Ingenieurwesen und Medizin. Diese wertete er als gutes Zeichen.
Co-Spitzenkandidatin Sabine Giunta sah die Notwendigkeit eines Qualitätssprungs in Sachen der Öffnung und Kos­mo­po­li­tis­mus gekommen und die Notwendigkeit einer Erhöhung des Anteils erfolgreicher Abgänger:innen.
Sven Knoll rief dazu auf, die Universität Bozen nicht in Konkurrenz zu anderen Universitäten zu sehen. Es solle die Mehrsprachigkeit wirklich gelebt werden. Zudem betonte Knoll, über Südtirol hinausblickend, dass es in seinen Augen „ein Unding“ sei, „dass man in einem vereinten Europa einen Studientitel an der Grenze verliert“.
Von Seiten Paul Köllnsperger wurde zuerst Freude zum Ausdruck gebracht, die Uni zu haben. Er sah sie, im Verhältnis zur Zahl der Studierenden „gut finanziert“, wünschte sich eine Erhöhung der Inskriptions-Zahlen im Bereich Wirtschaft. Den größten Handlungsbedarf sah er jedoch im Umfeld, wo man einem Braindrain gegensteuern müsse.
Otto Mahlknecht sieht die Universität kritischer, es bestehe zu wenig Austausch, kein „Tiroler Forschungsraum“, sowie zu wenige Professoren aus dem deutschsprachigen Raum und Südtiroler Lehrende, durch Schwierigkeiten mit Habilitations-Anerkennungen.
 

Was würden Sie unternehmen gegen die hohen Mietpreise?

 
Die Frage kam nicht von ungefähr, bei einer internen Umfrage an Claudiana und Uni Bozen war dies mit über einem Drittel der Befragten die häufigste Fragestellung, die zu machen sei. 500 bis 750 Euro koste ein Einzelzimmer, eine Einzimmerwohnung starte bei ca. 850 Euro in Bozen, so die von Ariane Benedikter genannten Richtwerte, die Rektor Günther zitierte, laut welchem 20% aller „die einen Platz an der Uni Bozen hätten“ aufgrund der Wohnsituation absagen würden.
Köllnsperger sah aus der Wohnungsknappheit heraus die hohen Preise. Mehr Wohnraum sei zur Verfügung zu stellen, gerade in Form von Studentenwohnheimen, von welchen lediglich eines mit PNRR Geldern beim Krankenhaus Bozen in Planung sei. Das Wobi sei, in Anbetracht von 4000 leer stehenden Wohnungen in der Stadt, als sicherer Mieter in die Lage zu versetzen diese auf den Markt zu bringen. Universität und Land könnten gemeinsam ein Wohnheim bauen, statt nur auf Private zu setzen und viele Wobi-Wohnungen, gerade in der Europa-Allee könnten in Holzbauweise aufgestockt werden.
Achammer will Studentenwohnheimplätze in Schülerwohnheimen mit schrumpfendem Bedarf umwidmen. Auch in Produktionsgebieten könnten durch Zweckbindung Heimplätze geschaffen werden, wo der private Markt noch nicht reagiert hat. Gleichzeitig müsse die Politik im privaten Markt eingreifen, da die Schaffung eines Basistarifs mit Preisbindung für die Vermieter zu einem Ergebnis „gleich null“ geführt habe.
Knoll fragte sich: Wieviel Studenten könne Bozen aufnehmen? Außerdem sah er das Modell eines Studiums für vier, fünf Jahre in Präsenz und vor Ort kritisch. Auch Onlineunterricht könne ein Modell gegen Wohnungsnot sein.
Cosenza sah die Lösung in einer Senkung der Mietpreise, weniger durch Bauen „ex-novo“ und Wiedernutzbarmachung von Kasernen und anderem Leerstand.
Mahlknecht will „ein Model des sorglosen Vermietens“ eingeführt sehen, durch welches Schäden und nicht bezahlte Mieten eingefördert werden könnten. Er wünschte sich eine Anmietung und Weitervermietung durch das Wobi, sowie „urbanistische Eingriffe“, welche auch die Nutzung eines Stockwerkes für Studenten ermöglichen würden.
Giunta sah einen Kurswechsel der öffentlichen Hand notwendig. Es brauche eine totale Reglementierung der Mietwelt. Es sei eine Quote bei Neubauten oder für den Wohnungsmarkt geschaffenen Wohnungen zu schaffen. Außerdem seie eine universitäre Instanz zu schaffen, durch welche Student:innen bei Entscheidungen in Sachen Wohnraum ein Mitspracherecht erhielten.
 

Sollen weitere Heime gebaut werden? Wer soll sie finanzieren und führen? Nach welchen Kriterien sollen die Heimplätze vergeben werden?

 
Es wurde in Sachen Heimen nachgehakt, um die Wichtigkeit zu unterstreichen. 700 Heimplätze in Südtirol seien nicht genug, so Scherer. Die meisten seien im Besitz der Provinz. Aktuell würden diese Plätze am „Click Day“ online nach dem Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.
Malknecht sah die Errichtung weiterer Wohnheime zwar als sinnvoll, aber nicht als Lösung. Der Fokus sei auf den Mietmarkt zu legen. Es brauche eine Orientierung weg von der Eigentumswohnung, vor allem in der Stadt.
Abermals sah Giunta eine universitäre Instanz, durch die Provinz finanziert, als die angemessene Verwaltung für die Studentenwohnheime. Es brauche Allianzen zwischen Student:innen und anderen an der Wohnsituation auf dem Gebiet leidenden Bürger:innen. Man müsse weg vom Click.
Köllensperger sah PNRR Chancen verpasst und einen aktuell in Südtirol „nicht funktionierenden Markt“, er sah eine Aufwendung von Mitteln der öffentlichen Hand für den Bau als sinnvoller denn die Bezuschussung privater Projekte, welche ein höheres Preisniveau haben. Man habe bereits vorgeschlagen, den Klick-Day abzuschaffen und einkommensabhängig über die Vergabe der Plätze zu entscheiden.
Achammer sah die öffentliche Hand allein zu langsam, mit einer Bauzeit von 6 bis 7 Jahren. Private seien da schneller. Neben einem parallelen Vorgehen von öffentlicher Hand und Privatprojekten sah er eine Alternative der einkommensbezogenen Vergabe in jener des „meritums“, also des Verdiensts.
Galateo, mittlerweile von der Kundgebung am Landhausplatz nachgerückt, sah die öffentliche Hand allein überfordert, es brauche auch die Privaten und Lösungen im Co-Housing Bereich.
In Teil 2 folgen am Nachmittag die Antworten der Kandidat:innen zu den Themen medizinische Fakultät in Bozen, Mangel an Pflegekräften, sowie zur Abwanderung qualifizierter Fachkräfte, dem sogenannten Braindrain.