Politica | Wohnreform

Konventioniert, gefördert, umstritten

Der Landtag hat nach langen Debatten die Wohnreform 2025 beschlossen. Die Landesregierung spricht von einem Meilenstein, die Opposition von einer verpassten Chance. Was bringt das Gesetz wirklich – und was nicht?
Wohnreform
Foto: Landtag/Werth
  • Am späten Freitagabend, gegen 22.30 Uhr, fiel im Südtiroler Landtag die Entscheidung: Mit 20 Ja-Stimmen, vier Gegenstimmen und neun Enthaltungen wurde die Wohnreform 2025 verabschiedet. Zwei Tage lang war das Gesetz im Plenum diskutiert worden – intensiv, teils emotional, von Regierung, Opposition und Interessenvertretern gleichermaßen kritisch beäugt. Über 200 Änderungs- und Streichungsanträge wurden eingereicht, gefeilscht wurde am Ende um jeden Beistrich und jedes Wort – eine Arbeit, die man nebenbei gesagt, bereits in den jeweiligen Gesetzgebungsausschüssen hätte erledigen können, aber hier spielte wohl auch die politische Bühne „Landtag“ eine entscheidende Rolle. 

  • Das Ziel: Wohnen sichern – vor allem für Einheimische

    Wohnbau-Landesrätin Ulli Mair: „Die Reform ist in ihren wesentlichen Punkten erhalten geblieben.“ Foto: Seehauserfoto

    „Wir schaffen mit diesem Gesetz eine solide Grundlage für mehr leistbaren Wohnraum“, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher nach der Abstimmung. Die Wohnreform sei ein zentrales Element der Regierungsvereinbarung – und werde mittel- bis langfristig zu einer Entspannung am überhitzten Wohnungsmarkt führen. Auch Wohnbaulandesrätin Ulli Mair zeigte sich zufrieden: Die Reform sei in ihren wesentlichen Punkten erhalten geblieben. „Mit Zuschlägen für mehrgeschossiges Bauen und für die Sanierung im Bestand setzen wir gezielte Anreize für kosteneffizientes Bauen“, so Mair. Neu eingeführt wurden etwa ein zinsbegünstigtes Darlehen, ein Bausparmodell und ein „gemeinnütziger Wohnbau“ – ein Konzept, das laut Mair langfristig eine tragende Rolle im sozialen Wohnbau einnehmen soll. Die Reform umfasst außerdem die 100-prozentige Konventionierung neuer Wohnbauten für Ansässige. Damit wolle man den Wohnraum gezielt für Einheimische sichern – ein Kernanliegen der Landesregierung. Dass diese Maßnahme auf viel Kritik stößt, wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren deutlich.

     

  • Zwischen Sozialbindung und Marktinteressen

    Urbanistik-Landesrat Peter Brunner betonte die Bedeutung des Modells „Wohnen mit Preisbindung“: „Wir schaffen rechtliche Klarheit, fördern preisgebundene Mietwohnungen und stärken das WOBI, das künftig ein Vorkaufsrecht auf 30 Prozent solcher Einheiten erhält.“ Ziel sei, „Wohnraum für junge Menschen und Familien dort zu schaffen, wo er gebraucht wird.“ Auch Landwirtschafts-Landesrat Luis Walcher sieht im Gesetz ein klares Bekenntnis gegen Spekulation und Leerstand. Besonders am Herzen liegt ihm der Schutz geschlossener Höfe: Künftig dürfen nur noch ausgebildete und aktive Landwirte diese erwerben. Was die Kurzzeitvermietungen betrifft, sollen diese strenger reguliert werden, um mehr Wohnungen dem Langzeitmietmarkt zuzuführen. 

    Der umstrittene „Stadel-Paragraf“ wurde am Ende – wie erwartet – wieder gestrichen, trotz heftiger Gegenwehr seitens Sepp Noggler. Aber, wie es intern hieß, neben der Tourismus-Lobby auch noch die Bauern-Lobby zu bedienen, sei politisch einfach nicht durchsetzbar gewesen – auch wenn der Vinschger Bauern-Vertreter außerhalb des Plenarsaales in weiten Teilen Recht bekam.

  • Leistbares Wohnen: Mit der Wohnreform 2025 wird an vielen Stellschrauben gedreht. Foto: VWBF
  • Kritik: „Keine Lösung für die Wohnkrise“

    Der Optimismus der Landesregierung wurde nicht von allen geteilt: Paul Köllensperger vom Team K spricht von einer „verpassten Chance“: „Was fehlt, sind Wohnungen – nicht Gesetze“, kritisiert der Abgeordnete. Ein groß angelegtes öffentliches Wohnbauprogramm sei dringend notwendig, besonders im urbanen Raum wie Bozen. Die vollständige Konventionierung sei kontraproduktiv: Wenn Neubauten sich wirtschaftlich nicht mehr lohnen, werde schlicht weniger gebaut. 

     

    „Was fehlt, sind Wohnungen – nicht Gesetze.“

     

    Auch die gerade erst eingeführte Preisdeckelung bei Mietwohnungen sei faktisch abgeschafft worden – mit potenziell negativen Folgen für den Mittelstand. Maria Elisabeth Rieder und Franz Ploner sehen zwar positive Ansätze, etwa im gemeinnützigen Wohnbau, warnen aber vor fehlender Finanzierungsgrundlage, fehlender Primäranalyse und einem Umsetzungsvakuum. „Langfristige Effekte kann man nicht ausschließen – kurzfristige Verbesserungen sind aber nicht zu erwarten“, fasst Rieder zusammen.

     

  • Auch die Makler übten deutliche Kritik

    Mit einem Fünf-Punkte-Katalog meldeten sich im Vorfeld auch die Südtiroler Maklervereinigung und der Verband der Hauseigentümer zu Wort. Die Verbände fordern unter anderem: die dauerhafte Sozialbindung statt zeitlich befristeter Regelungen, GIS-Erleichterungen für Mietwohnungen mit Erstwohnsitz, Reform der Kriterien für „Wohnungsnotgemeinden“, die Abkehr von der 100-prozentigen Konventionierung, die als marktverzerrend und investitionsfeindlich gilt, sowie den Schutz der Eigentumsrechte bei geschlossenen Höfen.

  • Was bleibt?

    Debatte im Landtag: Gefeilscht wurde um jeden Beistrich und um jedes Wort. Foto: Landtag/Caldonazzi

    Die Wohnreform 2025 ist das erste große Reformprojekt der neuen Landesregierung. Sie enthält Maßnahmen, die – auf dem Papier – auf langfristige Veränderungen abzielen. Doch wie so oft in der Wohnpolitik, liegt der Knackpunkt in der Umsetzung: bei den Gemeinden, den Förderstellen, den Bauträgern – und letztlich auch bei der Landesregierung selbst. Landeshauptmann Kompatscher verspricht, das Gesetz „laufend zu beobachten“ und nötigenfalls nachzubessern. Auch Mair kündigt an, Wohnen werde weiterhin „ganz oben auf der Agenda stehen“. Dass sich kurzfristig an den Wohnungs- und Mitepreisen etwas ändert, ist nicht zu erwarten – das wurde im Vorfeld beispielsweise von Landesrätin Mair so auch klar kommuniziert, durch das Justieren an vielen einzelnen Stellschrauben soll jedoch langfristig – Stichwort „gemeinnütziger Wohnbau“ – vor allem auf dem Mietsektor die Preisexplosion eingedämmt werden.

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Salto User
Oliver Hopfgartner Sab, 06/07/2025 - 21:31

Allein wenn man "wohnen mit Preisbindung" schon hört, sollten bei jedem Menschen mit ein wenig Grundwissen über die Funktionsweise eines Marktes die Alarmglocken schrillen.

Die Rendite einer Immobilie liegt bei Langzeitvermietung normalerweise zwischen 3-5%. Zwischenzeitlich fallen Reparaturen an, die der Vermieter begleichen muss und alle 20-30 Jahre gehören die meisten Wohnungen um zeitgemäß vermietbar zu bleiben mit mehr oder weniger Aufwand saniert.
Wir haben gesehen, wie stark die Preise in den letzten Jahren durch die Inflation gestiegen sind. Wenn die Mieten gleich bleiben, die Sanierungskosten für Wohnungen aber um 30% zulegen, wird Vermietung zum Verlustgeschäft.

Der richtige Weg wäre es, mehr Wohnraum zu schaffen, z.B. indem man die Rahmenbedingungen so verändert, dass Bauen zum Zweck der Langzeitvermietung lukrativer wird.

Sab, 06/07/2025 - 21:31 Collegamento permanente