Ambiente | Waldbrände

Apokalyptische Feuer

Die Erde geht in Flammen auf. Die Folgen für Ökosystem und Weltklima sind fatal.
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Foto: Landesverband der Freiwilligen Feuerwehren Südtirols

Die grüne Lunge des Planeten steht in Flammen, die Schreckensbilder davon gehen um die Welt. Riesige Regenwaldgebiete in Bolivien, Brasilien, Paraguay und Argentinien werden von zahllosen Bränden bedroht. Die Staatengemeinschaft macht Druck – schließlich geht es um den wichtigsten Sauerstoffproduzenten und Kohlendioxid-Speicher der Erde. Mehr als 40.000 Einsatzkräfte des Militärs wurden unterdessen von der brasilianischen Regierung entsandt, um die Brände zu bekämpfen. 

Auch die Waldbrände am nördlichen Polarkreis haben 2019 ungeheuerliche Ausmaße angenommen. In Alaska, Kanada, Grönland und jüngst auch im russischen Sibirien wüten heuer laut Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, die verheerendsten Feuer seit Beginn menschlicher Beobachtung. Dabei sind Brände in der Polarregion und der Taiga Sibiriens nichts Ungewöhnliches, treten aber immer früher und häufiger auf. Unterdessen herrscht ebenso in Europa höchste Waldbrandgefahr. Fast genau ein Jahr nach den folgenschweren Feuern in Kalifornien, werden nun Gran Canaria und mehrere Landesteile Griechenlands von den Flammen bedroht.  

 

In Sibirien standen Anfang August mehr als fünf Millionen Hektar in Brand, mehr als drei Millionen Hektar sind abgebrannt, davon Großteils Waldgebiet. Eine Fläche, mehr als viermal so groß wie Südtirol. Die Feuerwehr und das Militär können den Flammen keinen Einhalt gebieten. Neben dem erheblichen wirtschaftlichen Schaden – unter anderem auch für die Öl-Industrie – sind die Folgen für die Umwelt und die betroffenen Siedlungen kaum abzuschätzen: Unmengen an giftigem Rauch, Ruß und CO2 gelangen durch die Brände in die Erdatmosphäre. Auftauende Permafrostböden setzen weitere Treibhausgase frei. Die abgebrannten Wälder werden Jahrzente, vielleicht sogar Jahrhunderte, brauchen, um sich wieder zu erholen, vermuten Experten.

 

Der Direktor des Landesverbandes der Freiwilligen Feuerwehren Südtirols, Christoph Oberhollenzer, beteuert, dass Waldbrände in dem Ausmaß wie etwa in Sibirien kaum mehr zu löschen seien. Wichtig sei ein schnelles Eingreifen der Feuerwehr und die Löschung in der ersten Phase des Brandes, wenn sich das Feuer auf das Geäst und Laub am Boden beschränkt. Dies verabsäumten Verantwortliche in Russland, da es dort gesetzlich erlaubt ist, die Löschung bei kleineren Waldbränden außerhalb der Reichweite von Siedlungsgebieten zu unterlassen, wenn die Kosten dafür unverhältnismäßig hoch wären. 

 

Südtirol ist gewappnet 

 

Sogenannte Bodenfeuer gab es – aufgrund der länger Trockenperioden – dieses Jahr vermehrt auch in Südtirols Wäldern. Allerdings spielen hier mehrere Faktoren zusammen, die ein Ausbreiten und Anwachsen des Feuers verhindern, wie Oberhollenzer erklärt: „Unser großes Glück ist das dichte Netz an freiwilligen Feuerwehrdiensten in Südtirol an insgesamt 306 Orten. Dazu kommen die vorhandenen Infrastrukturen, wie das gut ausgebaute Straßen- und Wegenetz und die zahlreichen Wasserentnahmestellen, darunter auch Löschteiche oder Anschlüsse von Beschneiungsanlagen, die im Bedarfsfall angezapft werden können."  

 

In Sibirien und Südamerika sorgen in schwer zugänglichen Gebieten indessen Löschflugzeuge für Abhilfe. Auch wenn die Wirkung dieser überschaubar ist. Die effektivste Art der Brandbekämpfung sei jene vom Boden aus, sofern es möglich ist, meint Oberhollenzer. Allerdings kann Südtirols Feuerwehr bei Bränden unter besonderen Umständen, theoretisch auch auf die Löschflugzeugflotte des italienischen Staates zurückgreifen, sowie auf die Zusammenarbeit mit privaten Hubschrauberfirmen zählen. 

 

Wir arbeiten eng mit der Landesforstbehörde zusammen. 

 

Obwohl in Südtirol fast die Hälfte des Landes von Wäldern bedeckt ist, sind verheerende Waldbrände laut Oberhollenzer ausgeschlossen. Der letzte größere Brand, der außer Kontrolle geriet, datiert zurück auf April 1996. Damals wütete auf dem Gaiser Berg im Pustertal mehrere Tage lang ein Waldbrand: 1.300 Feuerwehrmänner waren im Einsatz. Am Ende konnte das Feuer gelöscht werden.
Für vollständige Entwarnung bei flächendeckenden Bränden müsse sich die Witterung ändern, hin zu mehrtägigem Regen und wenig Wind, um einem Waldbrand den Garaus zu machen, erklärt Oberhollenzer.

 

 

Wo brennt's? 

 

Südtirol bleiben ähnliche Katastrophen wie derzeit in der Arktis oder im Amazonas mit großer Wahrscheinlichkeit erspart, die Gefahr vor Waldbränden darf dennoch nicht verharmlost werden. Aus dem Amt für Forstverwaltung heißt es, dass der Baumbewuchs auch einen Einfluss auf die Entstehung von Waldbränden habe, insbesondere dürres Gras und Totholz wirken brandförderlich. „Grundsätzlich sind aber alle trockenen Wälder waldbrandgefährdet, da dort der Kiefernanteil mit hohem Harzanteil meist hoch, die Bodenvegetation tendenziell trocken ist und solche Wälder sich oft in steilem, unzugänglichem und felsigem Gelände befinden", so Amtsdirektor Florian Blaas

 

Neben der zuständigen Ortsfeuerwehr werden bei Waldbränden auch die umliegenden Feuerwehren mitalamiert, sodass genügend Einsatzkräfte, Fahrzeuge und Löschausrüstung zur Verfügung stehen. 

 

Ob die Brände in Sibirien durch menschliches Zutun entfacht wurden, ist nicht geklärt. Währenddessen geht man in Brasilien von willentlichen Brandstiftungen aus. Neben diesen und anderen fahrlässigen Risikofaktoren wie Lagerfeuern oder glühenden Zigarettenstummeln, können Waldbrände auch durch Blitzeinschläge oder den Kontakt von Bäumen mit Hochspannungsleitungen ausgelöst werden. Laut Oberhollenzer ist auch die Funkenbildung beim Bremsvorgang von Eisenbahnen ein potentieller Brandherd.