Total Quality Woman
„Ich wollte die Welt verändern...“- „...Und jetzt weiß ich nicht mehr wer ich bin.“
Es ist nicht so, als würde ich nie ins Theater gehen. In den vergangenen Jahren habe ich so einiges gesehen: Verschiedene Freilichtspiele in Südtirol, große Projekte der Vereinigten Bühnen Bozens wie „Stillbach oder die Sehnsucht“, Theaterinszenierungen von Studenten in Wien und klassische Aufführungen in den prächtigen Schauspielhäusern Wiens. Als mir im Zuge meines Praktikums bei Salto angeboten wurde, eine Theaterkritik über das Stück „Total quality woman“ vom Schauspielkollektiv „Binnen-I“ zu schreiben, habe ich am Anfang begeistert zugestimmt. Denn ich war ja „ur“- begeistert vom Stück. Als ich hinterher vor meinem Laptop saß und zu schreiben beginnen wollte, begann ich zu stocken – irgendwie fand ich es plötzlich sehr schwer das, was ich gesehen, gehört und gefühlt habe, in Worten auszudrücken. Mir kam es so vor als sei das Stück ein bisschen wie das Leben: Es zieht an einem vorbei, bevor man sich noch im Klaren darüber ist, was das und jenes zu bedeuten hat: Mal ist man bedrückt, dann muss man wieder herzhaft lachen, mal probiert man dem Sinn des eigenen Lebens näher zu kommen und gleichzeitig verschwendet man Gedanken an oberflächlichen Schnickschnack. Der Humor jedoch ist ein fester Bestandteil des Stücks. Vielleicht, weil auch das reale Leben mit einem Lächeln bunter ist?
„Stay happy little weird girl”- “dreams will crash and the pain will stay, rain will fall, friends fade away, but smile”
Das Gesamtbild, das den Zuschauern bei der Aufführung geboten wurde, hatte etwas Mystisches an sich: Die Bühne stand inmitten einer Baumlichtung, die Dämmerung wich langsam der Nacht, Träumer konnten noch letzte Blicke auf den, noch rosa schimmernden, Horizont erhaschen. Nachdem Ruhe eingekehrt war und die Letzten ihren Platz gefunden haben, dauerte es nicht lange bis die Schauspielerinnen auf die Bühne stürmten. Fünf Frauen, fünf Gesichter, fünf Geschichten, fünf Typen, fünf Arten sich zu präsentieren, eine Leidenschaft. Es brauchte nicht große Menschenkenntnisse, um zu begreifen, dass die Frauen, die optisch unterschiedlicher nicht sein könnten, eine Vision teilen und ein gemeinsames Ziel anstreben.
So tanz`ich schon seit tausend Jahr, seit meiner ersten Ewigkeiten.
Wer an Theaterstücken mit klassischer Gliederung Gefallen findet, für den wird „Total Quality Woman“ gewöhnungsbedürftig sein. Denn die Theaterperformance besteht aus Musik, Texten und Tanz. Wild durcheinandergemischt. Modern. Verschiedene Formen der Kunst werden kombiniert. Inhaltlich beschäftigt sich das Stück mit Themen, die uns alle direkt oder indirekt betreffen, begegnen und begleiten. Es geht um die Vernetzung unseres Alltags, die Selbstdarstellung in den Sozialen Medien, die Schnelllebigkeit des Lebens, der Druck, der auf den Schultern der modernen Frau lastet, der Perfektion in jeglicher Hinsicht und um die Begegnungen zwischen Mann und Frau, zwischen Freundschaft, Liebe und Sex.
Was Binnen-I? Wo Binnen-I?- Wer binnen i?
Das Schauspielkollektiv, bestehend aus Alexa Brunner, Katharina Gschnell, Viktoria Obermarzoner, Petra Rohregger und Marlies Untersteiner, wollen wie der Name „Binnen-I“ zum Nachdenken anregen, über Worte und Werke. Auf der Suche nach dem Ich hinter dem Spiegel spielt auch die sprachliche Vielfalt eine Rolle. „So wie auch in Südtirol nicht mehr bloß Deutsch und Italienisch gesprochen wird, kommen auch in unserer ersten Produktion mehrere Sprachen vor. Der Hauptteil ist deutsch, es gibt aber Lieder in englischer Sprache und Floskeln in Ladinisch, Italienisch und sogar Chinesisch.“, erzählt Alexa Brunner. Die sechste Frau im Bunde ist die Regisseurin Eva Kuen, die hinter der Bühne alle Fäden gezogen, den Schauspielerinnen die am besten zu ihnen passenden Textpassagen von Falk Richter zugeordnet und die verschiedenen Kunstformen zu einer Einheit zusammengefügt hat.
Stand up, baby, stand up.
Als der Applaus erklang und somit das Ende des Stückes angekündigt wurde, saß ich da und musste meine Gedanken ordnen. Zurück in die Realität kommen. Denn ich wurde vom Stück mitgerissen, wurde Teil des Theaters, habe Gedanken wiedererkannt, Träume zu Ende gedacht, Fragen auf mich selbst projiziert. Welche Rolle spiele ich im System? Was will ich? Lebe ich das, was ich eigentlich leben will? Wer bin ich?
Bevorstehende Aufführungen: 07.09. Meran Ostwest Country Club - 08.09. Klausen Kapuzinerkeller - 09.09. Innsbruck Westbahntheater - 12.09. Neumarkt AUSVERKAUFT - 23.09. Bruneck Stadttheater
Liebe Sophia Gummerer!
Liebe Sophia Gummerer!
Danke für die tolle Theaterkritik, als Schauspieler freut es mich, dass es auch auf salto.bz Theaterbesprechungen gibt. Für die nächste Rezension aber eine wichtige Anregung: Regisseur/Regisseurin (in diesem Fall Eva Kuen, die neben der Inszenierung auch die Texte und Lieder ausgewählt und dramaturgisch kombiniert hat), ggf. Bühnen- und Kostümbildner, und natürlich der Autor (hier v.a. Falk Richter) sind alle maßgeblich am kreativen Prozess und am künstlerischen Ergebnis einer Theaterproduktion beteiligt (auch wenn sie nicht auf der Bühne sichtbar sind) und verdienen es, zumindest namentlich genannt zu werden!
Vielen Dank :)
In risposta a Liebe Sophia Gummerer! di Peter Schorn
Lieber Herr Peter Schorn,
Lieber Herr Peter Schorn,
danke für den Hinweis. Sie haben natürlich recht, durch ein Missverständnis ist in der Endversion dieses Artikels der Satz über die Regisseurin Eva Kuen abhanden gekommen. Ich habe ihn nachträglich eingefügt.