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„Design - ein dehnbarer Begriff"
Foto: Uni.bz
In einem Vogue-Interview schildert der international bekannte Designer Nitzan Cohen die Wurzeln seiner Leidenschaft für Farben und geometrische Strukturen: " Ich bin mit meiner Familie im israelischen Kibbuz Hazorea aufgewachsen. Dort hat man mir eine Packung Lego-Technik geschenkt - jene Version mit Zahnrädern, Motor und verschiedenen mechanischen Bestandteilen. Ich glaube, dass meine Leidenschaft für Design dort entstanden ist - im Spiel mit diesen bunten Bausteinen, mit denen ich ganze Winter verbracht habe. Es war eines der schönsten Geschenke meiner Kindheit".
Obwohl seine Ideen und Konzepte das Ergebnis langer theoretischer Überlegungen sind, muten sie einfach und überzeugend an: "Ich habe mich nie als Stilist gefühlt. Mit der Form beschäftige ich mich erst, wenn die Grundidee klar ist. Mein Ziel ist es, nicht einfach Aufträge auszuführen, sondern sie zu hinterfragen. Design muss einen konkreten Nutzen haben und nachhaltig sein. Es ist kein akademisches Fach, sondern eines, das Szenarien für die Zukunft entwirft und entwickelt".
Seinen Wunsch, in den USA zu studieren, konnte er nicht verwirklichen: "Das wäre für mich zu teuer gewesen. Also entschied ich mich für die niederländische Universität Eindhoven - vor allem deswegen, weil man dort alles auf englisch machen kann".
Nach seinem Abschluss nahm Nitzan Cohan mehrere Lehraufträge an - in Stuttgart, Genf und an der Akademie in Saarbrücken. Dann arbeitete er sechs Jahre als Projektleiter im bekannten Design-Studio von Konstantin Gric in München, bevor er sich in der bayerischen Hauptstadt selbständig machte und sein eigenes Studio gründete, das einen multidisziplinären und konsumkritischen Ansatz verfolgt. Zu seinen Auftraggebern gehörten Unternehmen wie BMW, Diesel, Minolta, Rosenthal und der italienische Möbelhersteller Matteazzi. Sein Curriculum umfasst viele Seiten. "Ich war so beschäftigt, dass ich kaum einmal eine Woche in meinem Bett geschlafen habe", schildert Cohen seine damalige Situation."
Da kam das verlockende Angebot der Uni Bozen gerade recht: "Eine spannende und interkulturelle Arbeit", freut sich Cohen, der im Vorjahr zum Dekan der Fakultät für Kunst und Design aufgestiegen ist. Seine Studenten kommen zu je einem Drittel aus dem deutschen und italienischen Sprachraum, der Rest aus den verschiedensten Ländern.
Innovative Ideen gehören zu seine Gundprinzipien. So fertigte seine Fakultät in den Uni-Werkstätten in der akuten Covid-Phase im März 3000 Schutzvisiere, die an Krankenhäuser und Seniorenheime verteilt wurden. Gefertigt wurden sie aus einem Polykarbonat, das eigens entwickelt und der entsprechenden Normprüfung unterzogen wurde - mit minimalen Materialkosten von 80 Cent pro Stück.
Jüngstes Projekt ist die Entwicklung von mikrobakterieller Zellulose, eines innovativen Materials aus Abfällen der Apfelwirtschaft: "Diese vielfältig einsetzbare und biologisch abbaubare Zellulose entsteht aus Membranen, die von einer Bakterienart erzeugt werden, die wir mit Apfelresten füttern. Damit bieten wir ein Upcycling für Abfälle des grössten geschlossenen Apfelbaugebietes in Europa.
In den Uni-Werkstätten fertigte Cohen mit seinen Studenten in der akuten Covid-Phase im März 3000 Schutzvisiere, die an Krankenhäuser und Seniorenheime verteilt wurden.
Doch wer Cohen kennt, weiss, dass er sich damit nicht zufrieden gibt: gemeinsam mit dem Food-Labor der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik studieren wir, wie die optimale Situation für diese Bakterien aussehen muss, um schliesslich auch do-it- yourself-Gewächshäuser für solche Bakterien anbieten zu können". Das zeigt sehr demonstrativ jene Dehnbarkeit und Wandlung des Begriffs design, die Nitzan Cohen auf seine Fahnen geschrieben hat und an denen er mit grosser Konsequenz arbeitet.
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