Società | Integration

Afrikanische Seele

Ab kommender Woche kann in Meran afrikanische Küche und Lebensart genossen werden. Warum das Lokal African Soul noch weit mehr eröffnet als neue Geschmäcke.
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Foto: African Soul

 

Am kommenden Montag gibt es die offizielle Einweihung, ab Mittwoch geht endlich der reguläre Betrieb los: African Soul heißt ein neues Lokal mit rund 40 Plätzen, in dem in der ehemaligen Pizzeria Da Nunizio in der Meraner Petrarcastraße fortan Afrika mit allen Sinnen erlebt werden kann. Ganz besonders mit den Geschmacksnerven, aber auch über Einrichtung, Musik und vor allem das Personal. Zwei festangestellte Nigerianer und drei Praktikanten aus Gambia und Guinea werden gemeinsam mit Verantwortlichen der Betreibergenossenschaft Spirit bis auf den Ruhetag Dienstag jeden Abend zwischen 17 und 22 Uhr typische Gerichte und Getränke aus ihren Herkunftsländern auftischen.

Eine Eröffnung, die keineswegs nur eine kulinarische Neuerung mit sich bringt. Die 45 Mitglieder der Sozialgenossenschaft Spirit, allen voran das Kernteam um Angela Wagner, Isabelle Hansen, Gabi Waldner und den offiziellen Küchenverantwortlichen Markus Oberschmid, setzen mit dem Restaurant auch einen innovativen Schritt in der Arbeitsintegration von Flüchtlingen. Vor allem die zeitlich beschränkten Praktika sollen Menschen in Asylverfahren ermöglichen, unter Begleitung von Fachpersonal erste Arbeitserfahrung in Bereichen sammeln zu können, für die in der Gastronomie laufend Personal gesucht wird. Damit steigen ihre Chancen, danach auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen – ein schwieriger Schritt, bei dem sie ebenfalls von der Sozialgenossenschaft begleitet werden.

 

Doch im African Soul geht es nur um das Erlernen von Fertigkeiten für den Südtiroler Arbeitsmarkt. Vielmehr erhalten Menschen, die in der Öffentlichkeit zumeist einzig und allein auf den Aspekt ihres Flüchtlingsstatutes reduziert werden, die Möglichkeit,  sich zu zeigen – mit ihren Talenten, Traditionen, mit ihren Ideen und ihrer Lebensfreunde, wie Isabelle Hansen schwärmt. „Unsere Jungs sind auch als Angestellte ein absoluter Gewinn“, erzählt die Journalistin, die in diesem Jahr bereits für das Projekt „Book a Cook“ des Vereins "Empezamos - Einsatz für eine solidarische Welt" mit dem Arge-Alp-Preis 2017 „Integration im Alpenraum“ ausgezeichnet worden war. Die Möglichkeit, beim Verein Köche aus Afrika für Feste oder private Abendessen zu buchen, war gewissermaßen der Probelauf für das nun eröffnete Restaurant. Angefangen hat die Erfolgsgeschichte allerdings mit dem Deutschstunden, die Hansen dem Nigerianer Kelly Oaks Asemota gegeben hatte. Immer wieder war dabei das Thema Essen und bald schon einmal die ersten afrikanischen Kostproben aufgetaucht. Aus der eigenen Begeisterung über die neuen Gerichte entstand die Idee, sie auch anderen zu eröffnen. Nach „Book a Cook“ ist dies ab kommender Woche auch im neuen Meraner Restaurant möglich – wo  Kelly Asemota gemeinsam mit Markus Oberschmied die Herrschaft über die Küche haben wird.

Darf's ein bissl weniger scharf sein? 

Schon seit dem Sommer bastelt das Südtiroler-afrikanische Team an der Speisekarte. Bei zahlreichen Verkostungen und Experimenten galt es laut Isabelle Hansen vor allem zu entscheiden, was für europäische Gaumen gutgeht und wo doch ein wenig verändert werden muss. „Unser Anliegen ist es, so original wie möglich zu kochen“, sagt Hansen. „Doch wenn wir die Gerichte zum Beispiel so scharf anbieten würden wie sie in Nigeria gegessen werden, wäre das keine so gute Idee.“

Drei unterschiedliche Gerichte  werden Abend für Abend auf der Tageskarte des African Soul stehen. Eine davon wird vegetarisch sein, für die Zukunft hat man den Ehrgeiz, auch Veganes anzubieten. „Doch dafür brauchen wir noch ein wenig“, lacht Isabelle Hansen. Schließlich bietet das African Soul vor allem die Möglichkeit neue Geschmäcker und Nahrungsmittel wie zum Beispiel die in Nigeria weit verbreitete Wurzel Yam auszuprobieren. Wer Lust hat, kann sich auch auf das Erlebnis einlassen, ganz ohne Besteck zu essen. „Wir werden das handhaben wie jeder gute Chinese“, meint Hansen. „Statt wahlweise mit Stäbchen oder ohne hat man bei uns die Wahl zwischen Fingern oder Besteck."

 

Besonders stolz ist man im African Soul über eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Kaderschmiede der Südtiroler Gastronomie. Schon seit mehreren Monaten arbeiten die künftigen Restaurantbetreiber mit einer Maturaklasse der Landeshotelfachschule Kaiserhof zusammen. Bei der Eröffnung am Moment werden Kaiserhof-Schüler in elegantem Livree mitservieren. Und zwar vieles, das sie selbst gemeinsam mit den afrikanischen Köchen entwickelt haben. Das Eröffnungsbuffet wurde gemeinsam in der Landeshotelfachschule entwickelt – als afrikanisch-Südtiroler Crossover. Eine Zusammenarbeit, die im kommenden Jahr weitergehen soll – unter anderem mit einem Event, das die Hotelfachschule im African Soul organisieren werden.

Nicht nur die Meraner Hotelfachschüler, auch viele andere Menschen haben laut Hansen dazu beigetragen, dass sich der gemeinsame Traum in der kommenden Woche tatsächlich verwirklicht. Allen voran die Gesellschafter der Genossenschaft, die mit ihrem Kapital, aber auch mit vielen Stunden ehrenamtlicher Arbeit dazu beigetragen haben, dass aus einer Meraner Pizzeria ein afrikanisches Restaurant werden konnte. Über einer Art Hochzeitsliste über Facebook konnten aber auch andere Menschen dazu beitragen, die dafür notwendigen Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände zusammenbekommen - ob Kissen, Pölster und Poufs, Vasen, von afrikanischen Künstlern gestaltete Möbel oder Lampen. Aus afrikanischen Stoffen, die in verschiedensten pakistansichen Läden im Land zusammengesucht wurden, nähten die Spirit-Mitglieder Überzüge für Kissen und Stühle. Auch an den Wänden ist laut ersten Bildern auf der Facebook-Seite des Restaurants die afrikanische Seele nicht zu leugnen. Wie das neue Lokal tatsächlich geworden ist, kann ab Mittwoch nächster  Woche erkundet werden. Mit oder ohne Besteck.