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Politica | Protest
Unsere tägliche Demo gib uns heute
Den Anfang machten sieben römische Frauen, "ognuna con il suo lavoro e la propria famiglia." Die von ihnen am 21. Oktober vor dem Kapitol einberufene Kundgebung Roma dice basta wurde etwas überraschend zum grossen Erfolg. Tausende fanden sich vor dem Amtssitz der Bürgermeisterin Virginia Raggi ein und protestierten lautstark gegen die "ineffiziente Stadtregierung".
Auf teilweise phantasievollen Transparenten wandten sie sich gegen die Schlaglöcher, die Ineffizienz des Verkehrsverbundes und der Müllabfuhr, die permanenten Baustellen und weitere Unzulänglichkeiten in der ewigen Stadt. Nur drei Wochen später wiederholten sieben unabhängige, doch nicht ganz unbekannte Frauen das Ergolgsmodell in Turin. Fast 40.000 Bürger folgten ihrem Aufruf auf die Piazza Castello der piemontesischen Hauptstadt und plädierten für ein klares Ja zur Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris Lyon. Sie beschuldigten die Fünf-Sterne-Bürgermeisterin Chiara Appendino der Einseitigkeit. Eine Demonstration der Gegner ("Saremo 50.000") ist für 8. Dezember angekündigt. Vor wenigen Tagen war Turin bereits Schauplatz einer durchaus bemerkenswerten Kundgebung mit ungewöhnlichen Initiatoren.
2000 Unternehmer aus ganz Italien hatten sich in der malerischen Kulisse der grandi officine FS eingefunden, um gegen die Regierung und ihre "unternehmerfeindliche Politik" zu protestieren. Für die Lega, die in Norditalien von vielen Handwerkern und kleineren Unternehmern gewählt wird, ein Schlag in die Magengrube. Der Tonfall war kompromisslos. Confindustria-Präsident Vincenzo Boccia: "Se fossi in Conte chiamerei i due vicepremier e direi loro di togliere 2 miliardi l’uno e due l’altro. Se nessuno dei due volesse arretrare mi dimetterei e denuncerei all’opinione pubblica chi non vuole arretrare».
Die Geduld der Unternehmer mit der neuen Regierung ist aufgebraucht. Die ständigen Verzögerungen nach dem Einsturz der Brücke in Genua, das Nein der Fünf-Sterne-Bewegung zu allen grösseren Infrastrukturen, das tägliche politische Tauziehen sorgen bei den Unternehmern für Verärgerung und Frustration. Das gilt auch für die Handwerker der confartigianato, die am 13. Dezember in Mailand zur "mobilitazione generale" aufgerufen haben. Dass sein Parteikollege und Gouverneur des Veneto Luca Zaia diese Kundgebung für durchaus nützlich hält, ärgert Vizepremier Matteo Salvini besonders.
Schon seit etlichen Woche plant der Lega-Chef eine Grosskundgebung in Rom - offiziell zur Unterstützung der Regierung, in Wirklichkeit zu seiner eigenen als starker Mann im Kabinett, der mit Immigration und Kriminalität Schluss macht. Populistische Machtbeweise dieser Art ist man eigentlich eher von lateinamerikanischen caudillos gewohnt als von europäischen Regierungsmitgliedern. Salvini wünscht sich einen Aufmarsch in grossem Stil: er hoffe auf 100.000 Teilnehmer. Doch auf die Piazza del Popolo passen bestenfalls 75.000 . Weil die Römer nicht gerade als eingefleischte Lega-Fans bekannt sind, werden am Wochenende mit mehreren Hundert Bussen und Sonderzügen Salvini-Unterstützer aus dem Norden in die Hauptstadt gekarrt.
Zu allem Überfluss haben linke Bewegungen und centri sociale eine Gegendemonstration angekündigt. Die römische Stadtverwaltung ist verärgert. Tausende Polizisten müssen aufgeboten werden, Dutzende Autobuslinien umgeleitet.
Nicht nur das: am Tag der Immacolata, einem der beliebtesten Festtage der Römer, begibt sich der Papst in die Basilika San Giovanni und anschliessend auf die Piazza di Spagna, wo er an der Mariensäule einen Kranz niederlegt - für die Sicherheitsbehörden ein Alptraum.
Seit Wochen wirbt Salvini im Internet und verschiedenen Medien für seine Veranstaltung. Auf den Plakaten sind wirkliche und vermeintliche Gegner abgebildet - von Roberto Saviano bis zu Oliviero Toscani.
Als Antwort haben unbekannte römische Witzbolde die Wände und Plakatflächen der Hauptstadt mit einer Flut ironischer Plakate beklebt, auf denen historische Persönlichkeiten sich zur Kundgebung äussern. "La Lega a Roma? E' n'artra cortellata", klagt Julius Cäsar. Giordano Bruno droht: "Sta vorta me do foco da solo". Und zwei Möwen freuen sich schon auf die Demonstranten: "Cacamoje in testa."
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