Società | start.klar

“Südtirol ist migrantisch”

Die Dialogreihe start.klar des Jugend- und Kulturzentrums UFO in Bruneck widmet sich in ihrer nächsten Ausgabe dem Thema “Integration, Inklusion und Parallelgesellschaften”. Es diskutieren Melisa Erkurt und Leon Pergjoka.
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Foto: Zoe Opratko
  • Ein Beitrag von Valentina Gianera

     

    Südtirol ist digital. Und auch migrantisch. Aber während die Digitalisierung als Tatsache angenommen wird, die die Gesellschaft in Südtirol heute maßgeblich prägt, wird das Thema Migration noch immer als Randphänomen dargestellt. “Migration wird als etwas behandelt, das ‘die anderen’ betrifft, als etwas, das noch in die Gesellschaft inkludiert oder integriert werden muss”, so der Vorsitzende des Beirats für Integration und Migration der Gemeinde Bruneck, Leon Pergjoka. “Dabei ist Migration eine Realität, die Mitten in der Gesellschaft existiert.” Mit diesen Worten stimmt Leon Pergjoka auf den nächsten Diskussionsabend im Jugend- und Kulturzentrum UFO in Bruneck ein, bei dem er mit der österreichischen Journalistin und Autorin Melisa Erkurt zum Thema “Integration, Inklusion, Parallelgesellschaften” in Dialog treten wird.

    Leon Pergjoka kam mit zehn Jahren zusammen mit seiner Familie aus dem Kosovo nach Südtirol. Er sagt: “Ich hatte Glück.” Seine Eltern verfügten über die nötigen Ressourcen, um ihn in der Schule unterstützen und gesellschaftliche Barrieren abbauen zu können. Erinnert er sich an seine Schulzeit zurück, kann er sich zwar an kleinere rassistische Anfeindungen erinnern, größere Hindernisse habe es für ihn persönlich in dieser Hinsicht aber nicht gegeben. Heute sei das anders: “Rassismus ist plötzlich wieder ein Problem, das an die Oberfläche drängt”, so Pergjoka, “er wird von unten, von der Gesellschaft gefordert.” Vor allem seit der Corona Pandemie erlebt Pergjoka diesen neuaufflackernden Rassismus sehr deutlich: “Viele fühlen sich haltlos und suchen nach einem Punkt, der sie definiert, von dem sie sagen können: ‘Das sind wir, so sind wir. So muss die Tracht sein, damit sie südtirolerisch ist. Und so müssen die Knödel gemacht werden, damit sie südtirolerisch sind.’ Alles, was ‘anders’ ist, hat nichts mit uns zu tun. Dabei laufen die Menschen aber einer leeren Idee nach, die der Realität, mit der wir uns jeden Tag konfrontieren, widerspricht.”

    Melisa Erkurt, die ursprünglich aus Sarajevo stammt und die 1992 mit ihrer Familie nach Wien migrierte, ergänzt Pergjokas Wahrnehmung um den von Aladin El-Mafaalani entwickelten Begriff des “Integrationsparadox”: Einerseits werden Gesellschaften offener und liberaler, unterschiedliche Gruppen erhalten eine Stimme und rassistische Vorurteile werden abgebaut. Andererseits werden durch diese neue Offenheit die Differenzen, die zwischen den einzelnen Lebensrealitäten existieren, plötzlich lauter und Identitätskonflikte drängen an die Oberfläche. Denn: “Die Mehrheitsgesellschaft ist es nicht gewohnt, dass plötzlich auch andere Menschen mitreden und nicht nur die Klos putzen. Und dank Social Media kriegen wir diese Debatten jetzt auch sehr direkt mit”, so die Journalistin.

    Der Diskussionsabend, der Teil der Dialogreihe start.klar ist, findet am Mittwoch, den 13. Dezember um 20 Uhr im Jugend- und Kulturzentrum UFO statt. Es moderiert Markus Lobis.

  • Die Gäste

    Die Gäste

    Melisa Erkurt hat sich mit ihrem Buch "Generation haram" und ihrer journalistischen Arbeit für das "Magazin biber", den "Falter", die "taz" und den ORF mit Schülern mit Migrationshintergrund beschäftigt und kennt diese Integrationsschnittstelle aus eigener Erfahrung.

    Leon Pergjoka ist als Kind aus dem Kosovo ins Ahrntal gekommen, hat dann Soziologie studiert, arbeitet heute in der Schule und ist unter anderem Vorsitzender des Integrations- und Migrationsrates von Bruneck.

    Der Dialogabend mit Melisa Erkurt und Leon Pergjoka findet am Mittwoch, dem 13. Dezember um 20 Uhr im Jugend- und Kulturzentrum UFO statt und kann zudem via Live-Stream auf SALTO und Facebook www.facebook.com/UFObruneck mitverfolgt werden.

    Info & Links: www.ufobruneck.it