Ambiente | Wolf & Bär

„Ohne sie wird es nicht gehen“

Die Möglichkeit zur Entnahme der Wölfe scheint nur mehr eine Frage der Zeit zu sein. Doch wenn dieses „Tabu“ gebrochen wird, wird dann auch die Jägerschaft miteinbezogen?
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Foto: provincia.bz.it
  • Andreas Colli, Landtagsabgeordneter der Fraktion „Wir Bürger“ und passionierter Jäger, hat nach seinem Beschlussantrag zu den Jagdwaffen erneut einen Antrag zum Thema Jagd eingebracht. Darin schlägt er vor zu prüfen, ob für eventuelle Entnahmen von Wölfen, neben der Forstbehörde, auch die Jägerschaft – auf freiwilliger Basis – im jeweiligen Jagdrevier beauftragt werden kann und falls die dafür notwendigen Voraussetzungen vorhanden sind, diese auch zu erteilen. Doch was sagt die Jägerschaft zu diesem Vorschlag? 

  • Benedikt Terzer, Geschäftsführer des Südtiroler Jagdverbandes: „Man kann sich ungefähr vorstellen, was in Italien los sein wird, wenn der erste Wolf auf legalem Weg geschossen wird.“ Foto: Südtiroler Jagdverband

    SALTO hat bei Benedikt Terzer, Geschäftsführer des Jagdverbandes, nachgefragt, wie es unter der Südtiroler Jägerschaft mit einer prinzipiellen Bereitschaft dafür aussieht. Wie Terzer berichtet, müsse man in Italien mit einer skurrilen Situation zurechtkommen. Auf der einen Seite gebe es mit mehr als 3.300 Tieren mehr Wölfe als in jedem anderen europäischen Land. Gleichzeitig sei Italien der einzige Mitgliedsstaat der EU, in dem bis heute kein Wolf legal erlegt worden ist. Die Betonung liegt auf legal, denn wie der Geschäftsführer des Jagdverbandes erklärt, sei es ein offenes Geheimnis, dass in manchen Gebieten Italiens die Leute das Problem mit den Wölfen unter sich lösten. Jeder drücke ein Auge zu – inklusive der Behörden. 

    „In meinen Augen und in den Augen all jener, die an einen Rechtsstaat glauben, kann das nicht die Lösung sein“, ist Terzer überzeugt. Wenn Probleme vorhanden sind, müssten diese auf legale Weise gelöst und nicht Situationen geschaffen werden, welche die Leute in die Illegalität abdriften lassen. Was das Wolfsmanagement selbst betrifft, so gebe es viele Möglichkeiten, wie eine Regulierung in die Praxis umgesetzt werden könnte. 

  • Wolfspopulation in Südtirol: Südtirolweit konnten im Jahr 2023 neununddreißig verschiedene Wölfe genetisch erhoben werden. Foto: Autonome Provinz Bozen
  • Als Beispiel nennt Terzer die Schweiz, die zwar nicht Mitglied der Europäischen Union ist, aber den Richtlinien der Berner Konvention unterliegt und wo das Jagdgesetz ähnlich streng gehandhabt wird wie in Italien. „Die Schweiz und auch Frankreich haben anfangs nur kleine Schritte unternommen, in dem Sinn, dass Berufsjäger wie beispielsweise Wildhüter für die Entnahme eingesetzt worden sind“, erklärt Terzer und verweist auf eine Gesetzesnovelle, welche der Schweizer Bundesrat im vergangenen Jahr erlassen hat und die eine stärkere Wolfsregulierung ermöglicht. Grund dafür war, dass sich in der Schweiz – so wie auch in anderen Ländern – der Wolf stark vermehrt hat, sprich die Reproduktionsraten bei über 33 Prozent lagen und sich die Population somit alle drei Jahre verdoppelt hat. Ab einem bestimmten Punkt gelang es auch den Wildhütern nicht mehr, die unkontrollierte Vermehrung aufzuhalten, weshalb entschieden wurde, auch die Jägerschaft miteinzubeziehen. „Es gibt keine Verpflichtung, aber ein Jäger kann sich freiwillig melden und erhält dann eine entsprechende Ausbildung“, so Terzer, der erklärt, dass die Schweiz Südtirol in dieser Hinsicht um einige Jahre voraus sei. Das Schwierigste sei der erste Schritt, sprich der erste Abschuss, mit dem der Tabu-Bruch einhergeht – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. 

     

    „Es gibt keine Verpflichtung, aber ein Jäger kann sich freiwillig melden und erhält dann eine entsprechende Ausbildung.“

     

    „Man kann sich ungefähr vorstellen, was in Italien los sein wird, wenn der erste Wolf auf legalem Weg geschossen wird“, betont der Geschäftsführer des Jagdverbandes, der damit die Extremisten unter den Tierschützern anspricht. Der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti wurde bereits wegen seines Vorgehens bei den Bären-Abschüssen mit dem Tode bedroht. „Das bedeutet, dass in Italien dieser Tabu-Bruch erst gewagt werden muss und sich die Frage stellt, wer ihn begeht“, so Terzer, der für eine ähnliche Vorgangsweise wie in der Schweiz plädiert, sprich in einem ersten Schritt die Forstbehörde und Jagdaufseher mit der Entnahme zu beauftragen und in einem zweiten Schritt auch die Jägerschaft miteinzubeziehen, „denn ohne sie wird es nicht gehen“

  • Wolf: Laut Benedikt Terzer vom Südtiroler Jagdverband wird der Zeitpunkt kommen, wo man die Jägerschaft miteinbeziehen wird. Foto: Flickr/_ Liquid

    Angewiesen sind die Behörden auf die Jägerschaft vor allem aufgrund deren exzellenter Ortskenntnisse und deren Wissen über den Aufenthaltsort des Wildes. Dabei reißt sich die Jägerschaft beileibe nicht darum, Wölfe zu erlegen, wie Terzer erklärt. Man müsse sich bereits heute mehr als genug Herausforderungen stellen und brauche nicht noch eine Aufgabe, dazu noch diese höchst undankbare. Die Sorge in Jägerkreisen sei sehr groß, dass Ähnliches wie in Tirol passiert, wo die Schwarz-Grüne Regierung seinerzeit zwar die Möglichkeit für erste Wolfsabschüsse geschaffen hat, gleichzeitig jedoch die Namen der dazu berechtigten Personen veröffentlicht hat und sie damit zum Ziel von „fanatischen Tierrechtlern“ gemacht  wurden. Die Folge war, dass sich die Jäger davor gehütet haben, in Aktion zu treten. Was Collis Antrag betrifft, so erklärt der Geschäftsführer des Jagdverbandes, sei es wichtig, die Diskussion zu diesem Thema anzustoßen. Letztendlich müsse jedoch die Politik entscheiden, wie sie vorzugehen gedenkt. „Wir gehen stark davon aus, dass der Zeitpunkt kommen wird, wo die Jägerschaft miteinbezogen wird – derzeit ist es allerdings noch zu früh dafür.“