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Vater der Tiroler Geschichtsschreibung

Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Landeshauptmann von Tirol ist Jakob Andrä von Brandis wegen seiner „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol" bekannt.
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Foto: zucco.inc
Jakob Andrä von Brandis (1569 – 1629) gilt als der Vater der Geschichtsschreibung Tirols. Er lebte an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert. Damals verbreitete sich vom Innsbrucker Hof die Kultur der Renaissance mit der Wiederentdeckung der Antike und dem humanistisch geprägten Bildungsprogramm über das ganze Land. Gleichzeitig streckte die Reformation ihre Fühler nach Tirol aus. Teile des Adels und der Bevölkerung liebäugelten mit dem Protestantismus. Erst die schrittweise Umsetzung der Beschlüsse des Trientner Konzil (1545 – 1563) führte das Land wieder in den Schoß der katholischen Kirche zurück.
Die Einführung des römischen Rechtes brachte tiefgreifende Veränderungen in der Verwaltung mit sich. Vornehme Herkunft garantierte zwar weiterhin den Zugang zu prestigeträchtigen Karrieren, im Unterschied von früher aber nur mehr in Kombination mit Bildung.
So absolvierte auch Jakob Andrä von Brandis seine Ausbildung in Innsbruck, bei den Jesuiten in München und in Bologna, worauf ihn die als Bildungsreise für junge Adelige angelegte Kavalierstour nach Prag und Wien führte. Die Eheschließung mit der Tochter des Landeshauptmannes Franz Hendl brachte ihm die Verwandtschaft mit einem der einflussreichsten Geschlechter des Landes ein.
1609 wird ihm das höchste Landesamt eines Landeshauptmannes von Tirol übertragen, das er bis 1628 ausübte. Die Amtszeit Jakob Andräs von Brandis als Landeshautmann von Tirol fällt größtenteils in die Regierungszeit Erzherzogs Maximilians. Dieser übernimmt 1602 die Regentschaft in Tirol. Der Hochmeister des Deutschen Ordens setzt ohne übertriebene Härte die Konsolidierung des Katholizismus fort, u.a. mit der Gründung von Kapuzinerklöstern, einer Niederlassung der Jesuiten in Innsbruck und durch den Aufbau von Priesterseminaren in Brixen und Trient.
 
 
 
Neben der Durchführung der Gegenreformation bildete das Bemühen, Tirol möglichst aus dem rundherum tobenden Kriegsgeschehen herauszuhalten, den zweiten Schwerpunkt der Regierungszeit des Landesfürsten und seines Landeshauptmannes. Tirol blieb zwar vom Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) verschont, bekam aber dessen Begleiterscheinungen wie Inflation, Nahrungsmittelknappheit und Seuchen zu spüren.
Maximilian ließ die Festungen an den Grenzen ausbauen, erließ 1605 eine neue Zuzugsordnung für die Landesverteidigung und sanierte durch eine konsequente Sparpolitik die Landesfinanzen. Durch maßvolle Verträge gelang es ihm drohende Kriege mit Venedig und den Engadinern zu vermeiden.
Seine Politik stimmte der Erzherzog mit dem Landtag ab, der ihm nach harten Verhandlungen entsprechende Steuermittel zur Verfügung stellte. Der wichtigste Partner Maximilians war dabei Landeshauptmann Jakob Andrä von Brandis. Dieser erwies sich als integrer Vermittler zwischen den Interessen seines Fürsten und der Stände. Ohne seinen großen Einfluss auf die Landstände und sein geschicktes Vorgehen wäre Tirol wohl nicht so gimpflich durch diese aus den Fugen geratene Zeit gekommen.
 
 
 
Neben seiner verdienstvollen Tätigkeit als Landeshauptmann von Tirol ist Jakob Andrä von Brandis wegen seiner 1623 abgeschlossenen „Geschichte der Landeshauptleute von Tirol“ bekannt. Der Rang dieser erst 1850 veröffentlichten, 573 Seiten umfassenden Arbeit beruht vor allem darin, dass Brandis im Unterschied zu anderen zeitgenössischen und auch späteren Autoren vorwiegend primäre Quellen, wie Urkunden, Briefe und amtliche Erlässe verwendet, die noch dazu kritisch rezipiert werden. Sein Werk gilt deshalb als das älteste ernstzunehmende Geschichtswerk Tirols. Mit ihm nimmt die Geschichtsschreibung des Landes ihren Anfang.
Möglicherweise diente der „Codex Brandis“, eine Sammlung von über 100 Federzeichnungen von Burgen und Ortschaften Tirols aus der Zeit um 1600, zur Illustration dieses Werkes.