Der Pillen-Streit im Landtag

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Diese Woche erhitzt nicht nur die Autonomiereform die Gemüter im Landtag, sondern auch die Sexualität junger Mädchen. Dass mehrheitlich Männer in meist fortgeschrittenem Alter über ein so delikates Thema diskutieren, mache die Sache nicht besser, bemerkt die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa bei einem Pressegespräch im Landtag. Ihre Fraktion will bei der Neuauflage des Gesetzes für die Familienberatungsstellen Einiges ändern.
Unter anderem fordern die Grünen kostenlose Verhütungsmittel für Frauen unter 27 Jahren, die von den Familienberatungsstellen verteilt werden sollen. Damit nehmen sie eine der Forderungen des Frauenmarsches auf, der erst gestern Nachmittag mit einem Flashmob für Aufsehen gesorgt hat. „In einer aufgeheizten politischen Stimmung, in der durch rechtskonservative und rechtsextreme Kräfte Repression und Autoritarismus zunehmen, wollen wir mit einer demokratischen Blitzaktion vor dem Südtiroler Landtag darauf aufmerksam machen, dass die Freiheit von Frauen* die erste ist, die unter die Räder kommt“, teilt die Organisation in einer Aussendung an die Medien mit.
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Die Reform der FamilienberatungDer Flashmob: Gestern am späten Nachmittag haben sich 35 Frauen auf dem Bozner Magnago-Platz hingelegt und mit ihren Körpern ein Frauensymbol auf dem Boden gezeichnet. Foto: Seehauserfoto
Der vorliegende Gesetzentwurf sieht zwar eine Erhöhung der Familienberatungsstellen vor, doch bei genauerem Blick scheint die Anzahl der Einrichtungen nur schöngerechnet worden zu sein, indem die Außenstellen als eigene Beratungsstelle gezählt werden. „Damit erhöht sich die Anzahl von 13 auf 25, wobei nur eine zusätzliche Finanzierung von 500.000 Euro vorgesehen ist“, sagt der Grüne Landtagsabgeordnete Zeno Oberkofler.
Das hat zur Folge, dass die Beratungsstellen nicht immer vollbesetzt sind, also nicht immer Gynäkologin, Psychologe, Hebamme und Sozialarbeiter vor Ort zur Verfügung stehen. Die Grünen befürchten, dass damit lediglich formal der staatlichen Vorgabe nachgekommen werden soll, wonach es eine Beratungsstelle pro 20.000 Einwohnerinnnen und Einwohner braucht, um Gelder aus dem Wiederaufbaufonds PNRR zu erhalten.
Auch der Frauenmarsch kritisiert die Reorganisation: Die Forderung nach einem flächendeckenden Angebot von unabhängigen und laizistisch geführten Beratungsstellen, die Frauen in ihren Lebensphasen unterstützen, werde gerade vom Tisch gewischt, indem die Gesetzesreform „die Familienberatungsstellen in Südtirol darin zwar numerisch aufbläht, aber im Inhalt verwässert“.
Die zuständigen SVP-Regierungsmitglieder Hubert Messner und Rosmarie Pamer befinden sich hier zwischen zwei Seiten: Während die Süd-Tiroler Freiheit erst gestern im Landtag erfolglos gefordert hat, Gelder für die Sensibilisierung zu Adoption bei ungewollter Schwangerschaft bereitzustellen, fordern die Grünen das genaue Gegenteil, nämlich kostenlose Verhütungsmittel.
„In europäischen Ländern, in denen eine solche Regelung bereits eingeführt wurde, gehen ungewollte Schwangerschaften zurück, ebenso wie die Zahl freiwilliger Schwangerschaftsabbrüche, von 9,5 Prozent auf 6 Prozent“, so Foppa. Gleichzeitig steigt die Geburtenrate – ein Beweis dafür, dass ein offener Umgang mit freier und informierter Verhütung keine negativen Auswirkungen darauf habe, sondern im Gegenteil förderlich ist. Der Vorschlag soll heute oder morgen im Landtag behandelt werden.
Eine Forderung haben die Grünen bereits durchgebracht: Auf Drängen von Oberkofler sollen laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf auch Praktika von Psychologinnen und Psychologen in sozial-gesundheitlichen Einrichtungen wieder vergütet werden.
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Sind wir jetzt noch im…
Sind wir jetzt noch im tiefen Mittelalter oder sind wir jetzt schon wieder im tiefen Mittelalter???
Beratungsstellen sind…
Beratungsstellen sind wichtig, da würde ich nicht sparen. Allerdings ist wichtig, dass auch objektiv über alle Optionen aufgeklärt wird. Das beinhaltet explizit auch Möglichkeiten wie Adoption und die Aufklärung über die Unterstützung, die es aktuell für werdende Eltern oder auch alleinstehende Mütter gibt.
Was gratis Verhütungsmittel angeht: Wie komme ich dazu, jemandem seine Kondome zu zahlen? Gerade in Zeiten von Spending Review sollten wir nicht Geld für derart fragwürdige Dinge ausgeben, insbesondere wenn man bedenkt, dass wir die individuellen Kosten beim Kauf von Kondomen oder eines Thermometers mit zwei Nachkommastellen de facto für jeden Bürger stemmbar sind und dass die Logistik der Verteilung von gratis Verhütungsmitteln wohl unverhältnismäßig hohe Administrationskosten mit sich bringen würde.
Da wäre das Geld wesentlich besser in Beratungsstellen und Aufklärung investiert.