Società | Kommunikation
„Entscheidungsbefugnis liegt beim Land“
Foto: Landesbeirat für das Kommunikationswesen
Salto.bz: Herr Turk, im vergangenen Jahr haben Sie vor allem auf die Schlichtungstätigkeit bei Beschwerden zu Handy- oder Internetverträgen Bezug genommen. Worauf liegt Ihr Hauptaugenmerk im diesjährigen Bericht?
Roland Turk: Derzeit legt der Beirat sein Hauptaugenmerk auf eine Sensibiliserungkampagne zur Eindämmung von Hass und Sexismus im Internet. Mit drei Videospots richten wir den Blick auf die Opfer von beleidigenden und erniedrigenden Messages.
Aber die nützlichste Tätigkeit des Beirates ist nach wie vor die kostenlose, außergerichtliche Lösung von Konflikten, die leider sehr häufig zwischen den Anbietern von Telefon- und Internetdiensten und ihren Kunden entstehen.
Wir haben in den letzten zwölf Monaten nicht weniger als 600 Streitfälle mit TIM, Wind3, Vodafone und anderen Anbietern gütlich beilegen können.
Zu den Aufgaben des Landesbeirats zählt unter anderem die Kontrolltätigkeit im Rahmen der Landesmedienförderung. Wie gehen Sie dabei vor?
Ja, wir werden in der Öffentlichkeit als Kontrollbehörde wahrgenommen. Dies hat auch Salto leider dazu verleitet, den Beirat für einen Betriebsunfall, der in einem Landesamt passiert ist, mitverantwortlich zu machen. In Wahrheit hat der Beirat den Auftrag, bei den Gesuchen um Medienförderung, die von kommerziellen, privaten Radios, TV-Sendern und Onlinemedien eingehen, nur formale Dinge wie Sendekonzession, Eintragung in einem Branchenverzeichnis oder im Presseregister zu kontrollieren. Wir kontrollieren also gewissermaßen nur „patente e libretto“. Ob der Lenker fahrtüchtig ist oder gar eine Leiche im Kofferraum hat, das kontrollierte bisher das Land. Im Nachhinein.
Ob der Lenker fahrtüchtig ist oder gar eine Leiche im Kofferraum hat, das kontrollierte bisher das Land. Im Nachhinein.
Der Landesbeirat für das Kommunikationswesen und Ihre eigene Person wurden im Zuge der Vergabe an Fördergeldern für den Sender „Radio Südtirol“ selbst Gegenstand verschiedener Berichte, unter anderem, wie Sie gerade erwähnt haben, auch auf Salto. Wie stellt sich die Situation aus Ihrer Sicht dar?
Ja, leider hat Salto in Artikeln vom letzten Dezember und letzthin erneut geschrieben, der Beirat habe sich einem etwas windigen Radiounternehmer gegenüber „wohlwollend“ verhalten, sei „fahrlässig“ gewesen, fasse ihn „mit Samthandschuhen“ an, habe „beide Augen zugedrückt“ weil er „Angst vor Rekursen“ habe. All dies stimmt nicht. Der Beirat hatte bereits sofort nach Inkrafttreten des Fördergesetzes, das war 2016, dem Land schriftlich mitgeteilt, es möge dieses Radio einer Kontrolle unterziehen, weil seine Angaben im Beitragsgesuch nicht stimmig sind. Doch ich habe nach und nach erkennen müssen, dass das Land diese Kontrollen nicht umgehend in Angriff nahm, sondern etwa fünf Jahre (!) ins Land ziehen ließ, bevor es tätig wurde und mit den ersten Kontrollen begann. Nach fünf Jahren ist es freilich schwer, einem Autolenker nachzuweisen, dass er damals besoffen war oder eine Leiche im Kofferraum hatte.
Die Betreiber des Senders erhielten Ende 2017 53.543,33 Euro an Fördergeldern. Vor Auszahlung der Fördersumme haben Sie im Oktober in zwei Sitzungen festgestellt, dass der Radiosender eine Falscherklärung abgegeben hat und das Land dazu angehalten, die daraus erfolgenden Konsequenzen zu ergreifen. Gab es Rückfragen oder Rückmeldungen seitens des zuständigen Landesamtes?
Ja, auch 2017 wiesen wir das Land auf Unregelmäßigkeiten im Gesuch dieses Radios hin. Wir schrieben dem zuständigen Landesamt: Achtung, das Beitragsgesuch enthält Falscherklärungen! Daraufhin schrieb dieses zurück mit der Bitte, diese unsere Einschätzung noch einmal zu überprüfen. Doch der Beirat blieb bei seiner Einschätzung, dass Falscherklärungen vorliegen, welche drastische Maßnahmen seitens des Landes nach sich ziehen müssten. Aber das Land zahlte den Beitrag trotzdem aus.
Aber das Land zahlte den Beitrag trotzdem aus.
Wie erklären Sie sich diesen Umstand?
Ich bemühe mich, die Förderpolitik des Landes in positivem Lichte zu sehen. Es will offenbar eine breite Vielfalt von Medien fördern, jedes zarte und vielleicht auch hässliche Pflänzchen gießen, niemanden ausschließen. Ganz im Gegensatz zum Nachbarland Trentino oder auch zur staatlichen Förderung der lokalen Medien. Diese achten darauf, nur Qualitätsmedien zu fördern.
Ist das Gutachten des Landesbeirates für das Land bindend hinsichtlich der Ausbezahlung der Fördergelder?
Nein. Der Beirat ist laut Gesetz lediglich ein beratendes Gremium, die Entscheidungsbefugnis liegt beim Land. Salto schrieb übrigens fälschlicherweise, das Land hätte den Beitrag 2017 nicht ausbezahlt. Er wurde sehr wohl ausbezahlt. Und das im Salto-Artikel von letzter Woche abgedruckte Dekret des Landes war – nebenbei angemerkt – ein völlig anderes, falsches Dokument.
Auch in den folgenden Jahren kassierten die Betreiber des Radiosenders Fördergelder, obwohl anscheinend auch in diesen Fällen die Voraussetzungen dafür gefehlt haben. Ist man nach den Erfahrungen aus dem Jahr 2017 nicht misstrauisch geworden?
Misstrauisch geworden bin auf jeden Fall ich. Vor drei Jahren etwa ersuchte ich das Land, das Ruder in die Hand zu nehmen, indem es die Gesuche selbst entgegennimmt und bearbeitet. Vorher nahmen die Gesuche den Umweg über den Beirat. Aufgrund einer Pensionierung beim Land ist jedoch inzwischen Know-how verloren gegangen und es kam Ende 2022 zum Eklat. Dem Radio wurde die völlig überzogene Summe von 93.000 Euro ausbezahlt. Der Beirat war gar nicht mehr gefragt worden. Wir mussten aus Salto entnehmen, wer wie viel Geld im Jahr 2022 erhalten hat.
Der Beirat ist laut Gesetz lediglich ein beratendes Gremium, die Entscheidungsbefugnis liegt beim Land.
Welche Folgen hat dieser Fall für den Landesbeirat für Kommunikationswesen? Wird zukünftig strenger kontrolliert?
Letztendlich hatten die Artikel von Salto etwas Gutes. Denn einem Radio dieser Art den zweithöchsten Beitrag von allen Radiosendern auszuzahlen, ist dann doch stark daneben. Das Land hat aufgrund der Salto-Artikel umgehend die Kriterien geändert und verlässt sich ab jetzt nicht mehr auf die Eigenerklärungen der Antragsteller. Die Erklärungen müssen ab nun belegt werden.
Für den Beirat, insbesondere aber für mich persönlich, für meine Reputation, hatte der Fall indes verheerende Folgen. Die Tageszeitung hat nämlich die Salto-Artikel übernommen, mit weiteren, haarsträubenden Unwahrheiten garniert und diese verleumderischen Unterstellungen zehnmal wiedergekäut. Mit der Folge, dass ich mich gezwungen sah, wegen dieser langen Reihe von ungeheuerlichen Erfindungen bei der Staatsanwaltschaft einen Strafantrag gegen die Tageszeitung zu stellen. Wegen schwerer Diffamierung durch ein Presseorgan.
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