Politica | Kommentar

Einmal Opfer einmal Täter, bitte!

Manchmal brauchen wir einfach Opfer. Um uns besser zu fühlen, um abzulenken, nicht genau hinschauen zu müssen. Um anzutreiben, zu jagen. Der Fall Rosa Thaler.

Menschen sind Jäger. Und im Zweifelsfall treten sie zu. Schonungslos, sich im Recht wissend sind sie überzeugt davon, handeln zu müssen. Sie hauen auf den Tisch, entdecken plötzlich was immer schon falsch lief. Lassen jahrzehntelang bezahlte Babypensionen, überzogene Managergehälter und pensionierte Ärzte im Beratungsdienst außer acht, und sezieren sie heraus: die Leibrenten der PolitikerInnen. Endlich hauen sie auf den Tisch, sagen, was schon immer falsch lief und besser hätte sein sollen, können, müssen.

Rosa Thaler war Regionalratspräsidentin. Sie hat Verantwortung übernommen - zu wenig, zu viel? Während ihrer Amtszeit um Unterstützung gesucht, sich beraten, konsultiert. Sie hat entschieden und gehandelt. Ist es nicht das, was Führungspersönlichkeiten machen?

Fehler passieren, jedes Tun hat Konsequenzen, sind wir uns dessen immer bewusst? Ein Fehler zieht den nächsten nach sich. War es ein Fehler, dass Rosa Thaler eine Reform der Leibrenten wollte? War es ein Fehler, dass sie sich beraten ließ, dass sie sich entschied, und etwas weiter bringen wollte? Ist es auch ein Fehler, dass sie schwach ist, nun, dass es ihr über den Kopf wächst, dass sie sagt, „ich wollte das alles nicht?“, dass sie weint.

Schonungslos werden Fehler zerpflückt, aus einem werden tausende. Und wir lehnen uns zurück, schütteln den Kopf über so viel Gier und Geld und Großspurigkeit. Über so viel Naivität und Verschleierungstaktik. Wir sind das Opfer, wir BürgerInnen wurden betrogen, wir Medien beschuldigt: des Aufstachelns, des blinden Zorns, des Bedrohens.

Wir sind die Opfer - dort sind die Täter. Rosa Thaler ist eine von ihnen, eine von uns, jeder von jedem? Wir wollen bürgernahe PolitikerInnen, die rechnen können, die zuhören und entscheiden, die im Team arbeiten, aber auch hart bleiben, ganze Kerle eben, die nicht verzagen, schon gar nicht weinen, wenn der Druck nicht mehr auszuhalten ist.

Wir wollen Opfer (sein) und Täter (jagen). So einfach ist das.