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Notverordnung: Wann geht’s los?

Wann macht Österreich seine Grenzen für Flüchtlinge dicht? Mit Erreichen der Zahl von 37.500 Asylwerbern oder schon davor? Das Innenministerium plädiert für letzteres.

Seit Dienstag Abend liegt er vor: der vieldiskutierte Entwurf für eine österreichische Asyl-Notverordnung, der nun in die Begutachtungsphase geht. Notverordnung darf es zwar laut Innenministerium nicht heißen. Dort versucht man ziemlich vergeblich den Begriff „Sonderverordnung“ zu etablieren. Immerhin klingt aber auch vieles, mit dem die Regierung in Wien das vieldiskutierte Festsetzen einer Obergrenze für die Zahl an jährlichen Asylverfahren rechtfertigt, nach einer wahren Not.

Da wird von einer enormen Herausforderung für die allgemeine Sicherheitslage geschrieben, Statistiken zu von Asylwerbern begangenen Straftaten zitiert und von einer zunehmenden Radikalisierung unter den Gefängnisinsassen gesprochen. Da werden personelle Engpässe bei der Behandlung der Asylverfahren genauso ins Feld geführt wie Probleme bei der Versorgung und Unterbringung, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesundheitsversorgung. Ausdrücklich verwiesen wird auch auf die "außerordentlich hohe Belastung" des Staatshaushalts, für den für 2016 rund zwei Milliarden Euro an Kosten im Asylbereich prognostiziert werden.

"Ein Feuerwehrauto zu kaufen, wenn es brennt, macht wenig Sinn"

Vier Wochen lang dauert nun die Begutachtungsphase des Textes, während der noch Änderungswünsche eingebracht werden können. Einer der umstrittenen Punkte, der bis dahin noch zu klären ist: Ab wann sollen die Grenzen dicht gemacht werden?  Bundeskanzler Christian Kern sagt, dass die Notverordnung in Kraft tritt, wenn die Obergrenze von 37.500 Anträgen erreicht ist. Innenminister Wolfgang Sobotka pochte dagegen auf einen früheren Start. „Ein Feuerwehrauto zu kaufen, wenn es brennt, macht wenig Sinn", so sein griffiger Vergleich.

Aktuell wurden heuer in Österreich laut Medienberichten rund 25.000 Anträge zum Asylverfahren zugelassen. Wöchentlich kommen etwa 700 Personen dazu - die meisten über die Grenze zu Ungarn. Ende November oder Anfang Dezember dürfte dann in jedem Fall der Grenzbalken für Asylsuchende heruntergelassen werden.

„Diese Verordnung heißt nicht 'wir können nicht', sondern 'wir wollen nicht' “. 

Was das vor allem an der Grenze zu Ungarn bedeutet, wo jetzt schon klar ist, dass die Flüchtlinge auch nicht zurückgelassen werden, bleibt unbeantwortet. Mehr als „das werden wir dann sehen“ ist dazu von Österreichs Politikern bisher nicht zu hören. Auch für Südtirol und die Brenner-Grenze eine höchst prekäre Situation. Vor allen, nachdem keiner wirklich zu verstehen scheint, ob die Grenzen nur bis Jahresende geschlossen werden, oder die für 6 Monate gültige Verordnung ins neue Jahr weiterläuft. Völlig unklar ist auch, ob die Regierung mit ihrer umfangreichen Begründung der Verordnung eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof abwenden kann. Zahlreiche Experten sowie EU-Politiker wie Jean- Claude Juncker sind schließlich der Ansicht, dass Österreich damit gegen europäisches Recht verstößt.

Menschenrechts- und Hilfsorganisationen sind sich jedenfalls nach der Veröffentlichung des Textes weiterhin in ihrer Ablehnung der Maßnahme einig. „Ein Tabubruch“, urteilt das UN- Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Von einer  Abschaffung des Aslyrechts und der Verletzung grundsätzlicher Menschenrechtsstandards spricht der Generalsekretär von Amnesty International Österreich Heinz Patzelt. „Diese Verordnung heißt nicht 'wir können nicht', sondern 'wir wollen nicht'“.