wütende Frau
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Die Wut, die bleibt

Wutbürgerinnentum kann auch etwas Positives sein. Immer dann nämlich, wenn es zum Treibstoff wird: für den Kampf gegen männliche Gewalt an Frauen in all ihren Formen.
  • Manchmal mehr, manchmal weniger fühle ich mich überfordert von meiner Mutterrolle in einer patriarchalen Gesellschaft: von der Last der Erwartungen, von der Arbeit, die im Verborgenen funktioniert, von der mangelnden Vereinbarkeit von Betreuungsnotwendigkeit und Erwerbstätigkeit, von der Kollision zwischen Feminismus und Alltag der Frauen. Dann gilt es, diese Überforderung und die damit einhergehenden Gefühle von Machtlosigkeit und Frust zu verwandeln in Wut. Und diese Wut wiederum in Treibstoff für meinen Kampf gegen männliche Gewalt an Frauen in all ihren Formen.

     

    Aspekte der Selbstermächtigung, Liebe, des Zusammenhalts und der Schwesterlichkeit

     

    Vor ein paar Tagen hatte ich diesbezüglich ein wahres Aha-Erlebnis. Ich habe einen Roman gelesen, der mir von der ersten Seite an die Luft geraubt hat. Entdeckt habe ich ihn, wie treffend, aufgrund des Titels: „Die Wut, die bleibt“ (2022) von der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl. 

  • Der Roman „Die Wut, die bleibt“ der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl: „hat mir von der ersten Seite an die Luft geraubt“ Foto: Rowohlt-Verlag, Homepage, Screenshot, C. Stadler/ Bwag, wiki commons. Montage: SALTO
  • Im Klappentext wird ein harter, wütender und großartiger Roman versprochen. Gefunden habe ich aber so viel mehr in diesem scharfzüngig-intelligenten Text, der auch als Theaterstück adaptiert wurde: nämlich, Aspekte der Selbstermächtigung, Liebe, des Zusammenhalts und der Schwesterlichkeit.

     

    In der Wut dieser Frauen habe ich mich selbst wiedergefunden, aber auch meine Mutter, meine Tochter, meine Freundinnen. 

     

    Allein der Einstieg ist eine Erwähnung wert: Wir finden darin eine Alltagssituation, wie ich sie so oder ähnlich bereits hunderte Male erlebt habe. Es geht um Familie, um Salz und den einen alles entscheidenden und verändernden Schritt. Es geht um eine Frau, die sich ihrer Funktion als Mutter entzieht. Und dann auch um ihre pubertierende Tochter und um die beste Freundin. Beide Figuren, eine jugendlich und eine erwachsen, werfen Fragen auf nach den tausend Stolpersteinen, die einer Frau in den Weg gelegt werden und nach dem System dahinter. In der Wut dieser Frauen habe ich mich selbst wiedergefunden, aber auch meine Mutter, meine Tochter, meine Freundinnen. Der Roman ist brutal in seiner Ehrlichkeit und trifft die Realität auf jeder einzelnen Seite. Was einer von uns geschieht, geschieht uns allen.

    Diesen Roman und die Autorin Fallwickl, die neulich auch über Erschöpfung in Pflegeberufen geschrieben hat, empfehle ich allen, die tief drinnen diesen unzähmbaren Zorn fühlen. Und allen anderen natürlich auch!